Am Donnerstag, 15. August, sah Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) endlich „Licht am Ende des Tunnels“. Die vielen Änderungen bei der Werbung um neue Lehrer/-innen für Sachsen tragen erste Früchte. Auch wenn es zum Schuljahresstart noch nicht reicht, um alle ausgeschriebenen Stellen zu besetzen.

Ende April lagen 1.223 Bewerbungen von grundständig ausgebildeten Lehrkräften vor, meldete das Kultusministerium am Donnerstag. Um möglichst viele der ausgebildeten Lehrkräfte binden zu können, hatte sich das Kultusministerium zum Ziel gesetzt, 1.100 Stellen zu besetzen. So erhielten alle ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer ein Stellenangebot. 958 Personen haben das Angebot bislang angenommen.

„Das ist eine erfreulich hohe Bindungsquote“, wertete Piwarz das Ergebnis.

Ausgedrückt in Stellen bedeutet das: Mit Stand 14. August waren 916 der ausgeschriebenen 1.100 Stellen besetzt. Die meisten Einstellungen gab es für Grundschulen (326) und Gymnasien (211), gefolgt von Oberschulen (175), Förderschulen (130) und Berufsbildenden Schulen (74). In manchen Regionen und Schularten sind mehr Lehrer eingestellt worden als geplant. Das gilt bei der Schulart Grundschule für die Regionen Dresden und Leipzig. Gymnasiallehrkräfte sind in allen Regionen Sachsens zum Teil deutlich zahlreicher eingestellt worden als geplant. Im vergangenen Jahr konnten vor Start des Schuljahres lediglich 870 der damals 1.100 ausgeschriebenen Lehrerstellen besetzt werden.

Zu den diesjährigen Neueinstellungen von grundständig ausgebildeten Lehrkräften kommen noch 198 Stellen hinzu, die mit Seiteneinsteigern besetzt wurden. Diese Seiteneinsteiger befanden sich seit dem 1. Mai in der Einstiegsqualifizierung und fangen nun an zu unterrichten. In der Summe wurden demnach rund 1.114 Stellen neu besetzt. Der Seiteneinsteigeranteil beträgt etwa 20 Prozent und ist damit so niedrig wie seit Jahren nicht mehr.

Trotzdem reagierten die sächsischen Parteien sehr unterschiedlich auf die Meldung.

Lothar Bienst (CDU): „Schuljahresstart stimmt zuversichtlich“

Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages, Lothar Bienst: „Die aktuellen Einstellungszahlen geben uns recht. Sachsen befindet sich bei der Bewältigung des Lehrermangels auf dem besten Weg. Mehr als 1.100 Neueinstellungen beweisen das. Der Anteil der Seiteneinsteiger ist gesunken und liegt teils deutlich unter dem anderer Bundesländer.

Mit dem 1,7 Milliarden schweren Maßnahmenpaket zur Absicherung des Lehrerbedarfs haben wir die Trendwende in den sächsischen Schulen geschafft! In den kommenden Jahren werden sich die Effekte noch deutlicher zeigen. Noch gibt es zwar Defizite in den ländlichen Räumen. Aber auch hier wird sich die Situation verbessern. 20 Prozent unserer Lehramtsanwärter nutzen bereits den Anwärtersonderzuschlag und entscheiden sich für einen Abschluss ihrer Ausbildung außerhalb der Ballungszentren.“

Holger Zastrow (FDP): Unterrichtsausfall bleibt ungelöste Dauerbaustelle in Sachsen

Holger Zastrow, Vorsitzender der Freien Demokraten Sachsen: „Der Unterrichtsausfall bleibt die ungelöste Dauerbaustelle an sächsischen Schulen. Bisher hat das Kultusministerium keine schlüssige Lösung, wie mehr qualifizierte Lehrer in die Klassenzimmer gelangen. Sachsen ist leider dabei, seinen Vorsprung in der Bildungsqualität zu verspielen.

Wir brauchen ein Sofortprogramm mit Honorarbudgets für Schulen, um Mehrarbeit der heutigen Lehrer finanziell zu belohnen. Darüber hinaus muss es einen stärkeren Anreiz für Lehrer vor dem Renteneintritt und für bereits im Ruhestand befindliche Lehrer geben, in Teilzeit zu unterrichten. Die Schulen sollten auch ein Honorarbudget erhalten, um Ausfälle mit geeigneten externen Lehrkräften zu kompensieren.

Mittelfristig hilft zur Lehrernachwuchsgewinnung nur eine deutliche Ausweitung der Ausbildungskapazitäten in Sachsen. Es reicht nicht aus, nur an den Universitäten in Leipzig und Chemnitz Berufsnachwuchs für mehrere Schularten auszubilden. Wir brauchen endlich eine Erweiterung der bisherigen Lehrerausbildung an der TU Chemnitz. Dort sollten nicht wie bisher nur Lehrkräfte für Grundschulen, sondern endlich auch für Oberschulen und Berufsschulen ausgebildet werden.“

Sabine Friedel (SPD): Die regionalen Unterschiede werden nach wie vor groß sein

Sabine Friedel, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, zum bevorstehenden Schuljahr: „Auch das neue Schuljahr wird für Sachsens Schulen eine Herausforderung – aber die gestiegenen Einstiegszahlen ermutigen. Wir kommen Schritt für Schritt voran. Gut ist auch, dass jetzt eine große Zahl Schulassistenten für zusätzliche Unterstützung sorgen wird. Wir als SPD haben lange dafür gekämpft, zusätzliches Personal in die Schulen zu bekommen, um die Lehrkräfte zu entlasten. Dass der Schulverwaltungsassistent für jede Schule inzwischen sogar Eingang in das CDU-Wahlprogramm gefunden hat, freut uns sehr.

Die regionalen Unterschiede werden nach wie vor groß sein. Während viele Schulen in Ostsachsen und Südwestsachsen kaum Ressourcen im Ergänzungsbereich erhalten, dürfte so manche Schule in Leipzig oder Dresden sogar mehr als 100 Prozent erreichen. Hier kann man jetzt klug agieren und die zusätzlichen Lehrkräfte vor allem an jene Schulen bringen, die besonders belastet sind: Schulen in wirtschaftlich schwachen Stadtteilen, mit einem hohen Migrationsanteil oder mit vielen Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollten diese zusätzlichen Ressourcen als erste erhalten. Und auch über Bedarf eingestellte Gymnasiallehrkräfte könnten helfen: Sie könnten stundenweise an Oberschulen Zusatzkurse für besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler anbieten oder Förderstunden in ihren Fächern übernehmen. Mit Teilabordnungen und unbürokratischen Fahrtkostenzuschüssen kann das Landesamt für Schule und Bildung solche Unterstützung organisieren.“

Petra Zais (Grüne): Probleme des Lehrermangels sind in den ländlichen Regionen und selbst in Chemnitz noch lange nicht gelöst

Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag: „Zum Feiern besteht kein Anlass. Zwar zeigen der Entschluss zur Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern sowie das Handlungsprogramm erste positive Wirkungen. Doch die Probleme des Lehrermangels sind in den ländlichen Regionen und selbst in Chemnitz noch lange nicht gelöst.

Auch in den Oberschulen und Förderschulen klaffen noch viel zu große Lücken in der Lehrerschaft. Es ist umso ärgerlicher, dass der Kultusminister den Bedarf in den einzelnen Fächern nicht öffentlich dargelegt hat.

Unverändert zu den Vorjahren bleibt der Befund: Für viele Schülerinnen und Schüler in Sachsen wird es keinen reibungslosen Schulstart geben. Stundenausfall gehört weiter zum Alltag an Sachsens Schulen.“

Um die Lücken jenseits von Leipzig und Dresden besser schließen zu können, plädiert Petra Zais dafür, die Lehramtsausbildung nach Chemnitz und an weitere Hochschulstandorte auszuweiten. Zudem müsse die Wertschätzung gegenüber Lehrerinnen und Lehrern sowie die Gesundheitsfürsorge erhöht werden. Mehr Familienfreundlichkeit und die Anerkennung zusätzlicher Aufgabenübername würden auch dazu führen, die Fluktuation aus dem Lehrerberuf zu verringern. In die Bildungspolitik und Kultusbürokratie Sachsens sollte endlich ein anderer Geist einziehen, so Zais.

„Die Arroganz gegenüber neuen Ideen wie etwa der Gemeinschaftsschule sowie den Lehramtsbewerberinnen und -bewerber muss der Vergangenheit angehören.“

Gebhardt/Falken (Die Linke): Kultusminister kann nicht mehr als Schadensbegrenzung

Der Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, und die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Cornelia Falken:

„Die Linke wünscht allen Schüler/-innen und Lehrer/-innen viel Glück im neuen Schuljahr. Denn das werden sie brauchen angesichts des andauernden Lehrkräftemangels. Was die CDU unter ihrem Generalsekretär Michael Kretschmer jahrelang verschleppt hat, für ausreichend Personal an den Schule zu sorgen, das wirkt lange nach. Den Schaden so gering wie möglich zu halten, darin besteht die vordringliche Aufgabe des Kultusministers. Der Kultusminister spricht von einer ,schwierigen Zeit‘, die seiner Behörde ,alle Anstrengungen abverlangt, um die Unterrichtsversorgung ganzjährig sicherzustellen‘.

Das bedeutet, Eltern und Schüler/-innen müssen einmal mehr um die nötigen Ressourcen für einen guten Unterricht im neuen Schuljahr bangen. ,Vollgestopfte Schulen und Klassenzimmer, die aus den Nähten platzen‘ wird es auch in diesem Schuljahr geben. Nicht jeden wird es treffen, wie es in Wettervorhersagen heißt, doch dort, wo der Personalmangel durchschlägt, kann es zu heftigen Reaktionen kommen. Besonders unter dem Lehrkräftemangel zu leiden haben die Schularten Förder- und Oberschule, und aus sozialräumlicher Sicht sind es Ostsachsen, speziell Bautzen, und Chemnitz. Und dennoch sind noch 80 Stellenangebote zu besetzen. Sich dennoch als Sieger im Bildungsmonitor der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft zu feiern, klingt wie Hohn.“

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