Am Mittwoch, 24. April, meldete sich der Student_innenRat der Universität Leipzig bestürzt zu Wort über die drohende Abschaffung der Studiengänge Wirtschaftspädagogik und Russisch Dolmetschen an der Universität Leipzig. Schon seit Anfang 2017 ist bekannt, dass im Masterstudiengang Russisch Dolmetschen die Lehre durch fehlendes Lehrpersonal nicht ausreichend abgedeckt werden kann. Auch die Probleme in der Wirtschaftspädagogik sind seit Mitte 2018 bekannt.

„Sämtliche bisherigen Lösungsversuche haben offensichtlich keine Früchte getragen. Wir brauchen also schnelle Lösungen, um den Studierenden der beiden Studiengänge endlich die notwendige Sicherheit geben zu können, sich wieder auf ihr Studium zu konzentrieren. Es ist mir unerklärlich wieso trotz mehrerer akademischer Gremiensitzungen, in denen diese Probleme auf der Tagesordnung standen und an Lösungen gearbeitet wurde, nichts geschehen ist“, erklärt Christopher Hermes, Referent für Lehre und Studium im StuRa.

„Wir brauchen schlicht und ergreifend neue Professuren, um die Studiengänge fortführen zu können. Der Versuch, die Lehre im Master Russisch Dolmetschen mittels Lehrbeauftragungen zu regeln, ist offensichtlich gescheitert.“

Die Verhinderung der Kürzungen im sächsischen Hochschulsystem sei ein zentraler Aspekt der Arbeit des StuRa in den letzten Jahren gewesen. „Wir werden nicht müde werden, auch in Zukunft dafür zu streiten, dass Studiengänge erhalten bleiben und keine Lehre mehr ausfällt. Das geht nur mit einer ausreichenden Grundfinanzierung“, so Hermes.

Dass gerade die Uni Leipzig damit kämpft, dass ihr die Finanzierung für einige Studiengänge fehlt, hat mit der völlig sinnfreien Hochschulreform der damaligen Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer im Jahr 2012 zu tun, quasi ihrem persönlichen Beitrag zum radikalen Personalabbau in Sachsen, der ja bekanntlich bei der Polizei, in der Justiz und in den Schulen zu verheerenden Folgen geführt hat.

Die Uni Leipzig bekam dabei ein besonders radikales Abbauprogramm verpasst unter der völlig falschen Voraussetzung, die Studierendenzahlen würden deutlich zurückgehen. Das Gegenteil ist der Fall, war auch schon zu Schorlemers Zeit der Fall.

Doch nun, sieben Jahren nach dem Kürzungswahn, werden die Folgen dieser falschen Politik immer noch sichtbar.

Die Dresdner Neuesten Nachrichten berichten am 24. April ebenfalls über das Thema.

Was René Jalaß, Sprecher der Linksfraktion für Wissenschafts- und Hochschulpolitik, zu dem Kommentar animierte: „Sachsens Hochschulen kämpfen noch immer mit den Folgen der CDU-FDP-Kürzungspolitik. Es bleibt dabei: Echte Hochschulautonomie gibt es nur mit einer sicheren öffentlichen Grundfinanzierung der Hochschulen, die immer noch gesichert ist. Als wir diese Forderung bei den Verhandlungen zum Landeshaushalt 2019/2020 erhoben haben – unter dem Stichwort Hochschulpolitische Wiedergutmachungsinitiative – hat die Regierungsseite uns dafür belächelt. Sie schuldet den betroffenen Lehrenden und Studierenden Antworten! – Ich finde auch: Vorgänge wie dieser sollten alle zum Nachdenken darüber anregen, ob es wirklich sinnvoll und notwendig ist, die FDP wieder in den Landtag zu wählen.“

Dass noch immer die Abschaffung von Studiengängen an der Universität Leipzig droht, findet auch Claudia Maicher, hochschulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, inakzeptabel.

„Der im Jahr 2012 von CDU/FDP-Koalition im Doppelhaushalt beschlossene Stellenabbau wirft einen sehr langen Schatten“, geht sie auf die Ursachen ein, die im politischen Tagesgeschäft immer so schnell vergessen werden. „Denn das Fach Russisch sollte nach Aussage der Studierenden aufgrund fehlender Personalmittel gestrichen werden. Und das ist kein Einzelfall. Auch der Studiengang Wirtschaftspädagogik ist aus dem gleichen Grund von der Schließung bedroht. Dies versuchen die Studierenden mit einer Petition zu verhindern. Es rächt sich immer wieder, dass die Universität Leipzig durch die CDU/FDP-Koalition gezwungen war, 101 Stellen abzubauen, bevor die jetzige CDU/SPD-Regierung diesen Aderlass viel zu spät gestoppt hat.“

Übrigens nicht nur ein sächsisches Phänomen. Und wer sich erinnert: Anfangs bedrohte es in Leipzig direkt die Archäologen und Pharmazeuten. Und mit dem sogenannten „Hochschulfreiheitsgesetz“ hat man auch noch die Verantwortlichkeiten verschleiert und über angedrohte Geldkürzungen die Hochschulleitungen selbst zu Vollstreckern der Kürzungsvorgaben gemacht. Mit einer wirklich klugen Steuerung der Hochschulangebote gemessen an der tatsächlichen Nachfrage junger Studierwilliger hatte das Ganze nichts zu tun.

„Das Fächersterben an Sachsens Hochschulen muss ein Ende haben“, geht Claudia Maicher auf die immer noch drohenden Verluste ein. „Für meine Fraktion steht fest, dass die Hochschulen auf eine solide finanzielle und personelle Grundlage gestellt werden müssen. Unsere Vorschläge dafür liegen seit fünf Jahren auf dem Tisch. Wir Grünen wollen weg von zeitlich befristeter Programmfinanzierung, hin zu einer deutlich besseren Grundfinanzierung der Hochschulen. In den letzten Haushaltsverhandlungen haben wir Anträge eingebracht, die die Grundbudgets der Hochschulen um 66 Millionen Euro gesteigert hätten. Es wird höchste Zeit, dass aus diesen Vorschlägen endlich Realität wird.“

Für die Leitung der Uni Leipzig ist es der nächste Tanz auf heißen Kohlen, denn hier muss – mit völlig unzureichenden finanziellen Mitteln – ein Weg gesucht werden, die unersetzlichen Fächer dennoch zu erhalten.

„Eine Kleine Anfrage von mir hat gezeigt, dass der Protest der Studierenden des IALT seine Wirkung nicht verfehlt hat. Rektorat und Fakultät wollen nun immerhin nach einer tragfähigen Lösung suchen. Eine Garantie für ein gutes Ende ist das allerdings noch lange nicht. Die Studierenden müssen bei der Lösungsfindung unbedingt mit ins Boot, sie brauchen endlich Planungssicherheit“, betont Claudia Maicher.

Nach Auskunft der Wissenschaftsministerin soll der Sprachschwerpunkt Russisch an der Uni Leipzig erhalten bleiben

Nach Auskunft der Wissenschaftsministerin soll der Sprachschwerpunkt Russisch an der Uni Leipzig erhalten bleiben

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