Als die sächsische Staatsregierung das Handlungsprogramm „Nachhaltige Sicherung der Bildungsqualität im Freistaat Sachsen“ am Freitag, 9. März, vorstellte, ging ein Seufzen durch den Landtag. Endlich wird ein Großteil von dem umgesetzt, was seit Jahren als Lösung für das sächsische Lehrerproblem genannt wird. Maßnahmen in Höhe von über 1,7 Milliarden Euro stehen für die nächsten fünf Jahre bereit.
Aus Sicht der Regierung könnte Sachsen damit beim Wettbewerb um Lehrer auf dem hart umkämpften deutschen Lehrerarbeitsmarkt bestehen. Dass das noch nicht alle Probleme löst – zum Beispiel die Entrümpelung der vollgepropften Lehrpläne – ist einigen Beteiligten klar. Dieser Teil des Pakets soll bis 2019 umgesetzt sein. Lehrpläne und Stundentafeln sollen bis zum 1. August 2019 fächerübergreifend überarbeitet werden, „da neue Lerninhalte wie Medienbildung, digitale und politische Bildung dies erfordern. Die Überarbeitung wird sich in den Stundentafeln niederschlagen. (…) Ziel ist eine Absenkung des Unterrichtsvolumens um 4 Prozent bei gleichzeitiger Einhaltung der KMK-Standards.“
Die Positionen der Politik:
Lothar Bienst (CDU): Lange und harte Verhandlungen
„Ich bin froh, dass wir jetzt ein gutes Ergebnis haben. Es war ein langer und harter Weg. Die CDU-Fraktion hat es sich nicht leicht gemacht. Wir wollten nicht die schnellste, sondern die beste Lösung und die liegt nun vor!“, sagt der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Lothar Bienst. „Wir haben in diesem neuen Bildungspaket zwei wichtige Punkte verankert: die Verbeamtung sowie die Anerkennung der Leistung. Mit der Verbeamtung können wir jungen Absolventen an unseren Hochschulen ein gutes Angebot machen, damit sie in Sachsen bleiben. Und abgewanderte sächsische Lehrer können wieder zurückkommen. Wir werden damit wettbewerbsfähig zu anderen Bundesländern! Außerdem würdigen wir die Leistung der bisherigen Lehrer durch eine Höhergruppierung auch finanziell – auch an den Grundschulen!
Jetzt muss dieses Paket zügig umgesetzt werden! Aber wir dürfen die Erwartungen nicht zu hoch hängen. Zur Ehrlichkeit in der Politik gehört auch, dass am kommenden Montag nicht sofort alle Probleme an den Schulen gelöst sind. Es braucht Zeit, bis dieses Paket sich in vollem Umfang entfaltet!“
Daniela Kolbe (SPD): Ein großer Befreiungsschlag für die Bildung in Sachsen
„Besondere Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Deshalb kann man das beschlossene Maßnahmenpaket der Koalition getrost als großen Wurf und mutigen Befreiungsschlag für die sächsische Bildungspolitik bezeichnen. Das ist ein notwendiger und wichtiger Schritt bei der Bewältigung des Lehrermangels. Die harten Verhandlungen mit der CDU haben sich gelohnt“, sagt Daniela Kolbe, Generalsekretärin der SPD Sachsen. „Ich begrüße ausdrücklich, dass es der SPD-Fraktion gelungen ist, Verbesserungen bei der Bildung in Sachsen zu verhandeln, von der möglichst alle Lehrerinnen und Lehrer im Freistaat profitieren.
Besonders freue ich mich über die erzielte Gleichstellung bei der Bezahlung für die Grundschullehrerinnen und -lehrer mit Oberschul- und Gymnasiallehrkräften. Das ist endlich die gebührende Anerkennung für die Arbeit dieser Lehrerinnen und Lehrer. Wir alle wissen, dass gerade der frühen Bildung eine immense Bedeutung zukommt. Mit diesem Schritt werden sächsische Grundschullehrkräfte im bundesweiten Vergleich zu den Bestbezahltesten.
Auch die Anerkennung der Lehrkräfte mit DDR-Abschluss ist ein längst überfälliger Schritt zu mehr Gerechtigkeit in der Schule und zeigt endlich die notwendige Anerkennung für die vielen sächsischen Lehrkräfte mit DDR-Biographie.
Bei allem was die SPD erreichen konnte, ist natürlich klar, dass es sich immer um Kompromisse handelt. Kompromisse mit einem Koalitionspartner, der gerade in der Bildungspolitik sehr oft komplett andere Vorstellungen hat. Deshalb und um zu Lösungen zu kommen, die tatsächlich etwas bewirken, haben wir intensiv und lange verhandelt.
Mit Blick auf das Gesamtpaket haben sich die harten und nervenaufreibenden Verhandlungen mit der CDU gelohnt. Dass wir jetzt ein umfangreiches Paket haben, das allen Lehrerinnen und Lehrern zugute kommt, war die Zeit der langen Verhandlungen wert. Die CDU musste erst der externe Schulleiter und Kurzzeitminister Haubitz in ihrer Position zur Lehrerverbeamtung umdrehen, um sie endlich in Bewegung zu bringen. In den Verhandlungen hat die CDU mit Vorschlägen zu Stundenstreichungen in Sport, Kunst und Musik tausende Eltern, Schüler und Lehrer verunsichert, das zeugt nicht gerade von bildungspolitischem Fingerspitzengefühl. Gut, dass die SPD an Bord ist und dieses Paket geprägt hat.“
Petra Zais (Grüne): Eine Einigung war überfällig
„Gut, dass die Koalition ihre Entscheidungsblockade endlich durchbrochen hat. Eine Einigung zum Lehrerpaket war überfällig“, sagt Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. „Es freut mich, dass es gelungen ist, die Pläne zur Verbeamtung an Ausgleichszahlungen für alle Lehrerinnen und Lehrer zu koppeln. Insbesondere die Höhergruppierung der Grundschullehrkräfte ohne Anhebung der Unterrichtsverpflichtung ist ein wichtiges Signal. Man hätte diese Gleichstellung sicher auch leichter haben können – wir fordern seit Jahren eine gute und gleiche Bezahlung aller angestellten Lehrerinnen und Lehrer und die Eingruppierung in der Entgeltgruppe 13.
Die Anerkennung von Lehramtsabschlüssen nach dem Recht der ehemaligen DDR über 25 Jahre nach der Wiedervereinigung ist aus meiner Sicht keine Frage von Kulanz, sondern ein Gebot der Fairness und Ausdruck von Wertschätzung gegenüber denen, die das Bildungssystem seit Jahren ‚am Laufen‘ halten.
Die Gesamtsumme des Lehrerpakets lässt erkennen, dass es dieses Mal nicht nur um kosmetische Korrekturen geht wie noch im letzten Paket unter Ex-Kultusministerin Brunhild Kurth. Ich habe die Hoffnung, dass die Einigung Maßnahmen umfasst, die wirklich greifen und helfen, den Lehrermangel zu lindern.
Dennoch gibt es Bedarf an Nachbesserungen. Die Leitung einer Schule etwa muss finanziell stärker honoriert werden. Schon jetzt gelingt es häufig nicht, alle Stellen zu besetzen. Die Übernahme von Verantwortung muss attraktiv gemacht und entsprechend gewürdigt werden.“
Holger Zastrow (FDP): Das Lehrerpaket muss zügig Verbesserungen schaffen
„Die vorgestellten Maßnahmen sind zwar ein guter Ansatz, gehen aber weitestgehend an der Realität vorbei. Eine Reduzierung der Unterrichtsstunden stellt keine Lösung dar, ebenso wenig wie die Verbeamtung. Seit Jahren überfällige Maßnahmen werden als Innovation verpackt, grobe Versäumnisse unter den Tisch gekehrt“, meint hingegen der Landesvorsitzende der FDP Sachsen, Holger Zastrow. „Die angedachten Maßnahmen zu Höhergruppierungen und höheren finanziellen Anreizen für Lehrer sind sinnvoll. Aber wann werden Taten folgen? Wie lange wollen wir warten bis sich die Situation verbessert? Wir brauchen jetzt mehr Freiheit für unsere Bildungsexperten, denn sie tragen die Verantwortung für die Zukunft unserer Kinder.
Eine attraktivere Bezahlung und damit verbundene Wertschätzung der Lehrer dürfe nicht länger auf sich warten lassen. Denn der Wettbewerb um Lehrer zwischen den Bundesländern wird sich weiter zuspitzen. Die Versprechungen des Bildungsministers sollten deshalb keine heiße Luft bleiben. Verbesserungen für den sächsischen Lehrerberuf müssen schnellstens folgen.
Zastrow abschließend: „Die weltbeste Bildung ist nur mit weltbesten und motivierten Lehrern möglich.“
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