Da sind sie also, die jungen, friedlichen Menschen, die ihren Protest auf der Leipziger Buchmesse frei in Meinung und Wort kundtaten. So frei und selbstbeherrscht, dass es einem ehemaligen "Blood and Honour"-Aktivisten aus Halle zu bunt wurde und er versuchte, ihnen den Ton abzudrehen. Unterdessen werden Fragen an die Buchmesse laut, wie es dazu kommen konnte, dass Securitymitarbeiter der rechten Verlage überhaupt auf der Messe auftreten und dabei offenbar mindestens einen Journalisten bedrohen konnten.
In seinem Fazit zur Buchmesse attestiert Messe-Geschäftsführer Martin Buhl-Wagner: „Es kam wie erwartet zu Protestaktionen und uns war es wichtig, diesen auch Raum zu geben. Bis auf vereinzelte, laute verbale Auseinandersetzungen sowie kleinere Rangeleien blieben die Aktionen friedlich. Dank der konsequenten Umsetzung unseres Sicherheitskonzeptes und der guten Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden gab es zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung, weder für unsere Besucher noch für unsere Aussteller.“ (hier findet sich das Videostatement auf L-IZ.de)
Zwei Dinge fehlen in diesem Statement, beides ein bisschen verstehbar. Man ist auf der Messe derart bemüht, irgendwie die Waage zu halten und froh, dass es keine Bilder wie aus Frankfurt gab, dass man ganz vergaß zu erwähnen, dass sich alle Protestformen gegen die rechten Verlage von sich aus friedlich abspielten.
Die Organisatoren hatten darauf geachtet, gar nicht erst zur „Bedrohung“ für die rechten Verleger Götz Kubitschek, Jürgen Elsässer und den NPD-Verlag, sowie bekannte Rechtsaktivisten aus der Identitären Bewegung bis hin zum politisch irrlichternden Ex-„Blood and Honour“-Mann Sven Liebich aus Halle zu werden.
Ein Video, welches das “Neue Deutschland” auf Facebook veröffentlicht hat. Ab ca. Minute 4:50 wird der Ton gekappt. Quelle facebook.com/neuesdeutschland
Sie hielten sich den eigentlichen Ständen fern und brachten einfach eine Verstärkeranlage mit, um ihre Meinung kundzutun. Was Liebich, welcher heute selbst gern verdrehte Demonstrationsrufe Linker skandiert, offenbar derart schmerzte, dass er versuchte, ihnen den Ton zu kappen, als sein Gebrüll mal nicht die lauteste Wortmeldung in der Halle 3 war (siehe Video Minute 4:50).
Denn so sah sich der bereits im vergangenen Jahr in Leipzig durch lautstarkes und selbstgefilmtes Geschrei in Erscheinung getretene Hallenser auf einmal seiner Provokations-Rolle beraubt und musste die Meinungsäußerung der Protestierenden über sich ergehen lassen. Bis er auch in diesem Jahr kurz darauf wieder begann, weitgehend sinnbefreit herumzubrüllen.
Wer ist auf der Messe für Sicherheit verantwortlich?
.@buchmesse-Security lauscht Gespräch mit, auf Frage nach Ausweis: »Wir können gern rausgehen, da zeig ich dir meinen Ausweis!« Auf erneute Nachfrage, drohend: »Wir können das gern draußen klären!«
Hier ist keine sichere Pressearbeit möglich. 3. Drohung heute.#lbm18 #buchmesse— Henrik Merker (@HRMRKR) March 18, 2018
Tweet von Fotojournalist Henrik Merker, im Verlauf folgt die Auskunft der Messe, dass es keine eigenen Securitys waren. Quelle: Twitter
Weiterhin tauchten mit Ablauf der Veranstaltung am Sonntagabend Fragen zum noch von Buhl-Wagner gelobten Sicherheitskonzept der Messe auf. Offenbar waren die rechten Verlage mit eigenen Sicherheitsleuten angereist, welche sich in mindestens einem Fall gegen einen Journalisten wandten. So zumindest stellt sich der Vorgang derzeit in ersten Twittermeldungen des Fotografen dar.
Ob dies so war und wie die Leipziger Messe also auch die Sicherheit von Journalisten durch eigene Securitymitarbeiter sicherstellte und ob tatsächlich rechte Stände eigene Securityleute von fragwürdiger Güte mitbringen dürfen, wird man nun am Montag, 19. März erfahren. Dann dürften die Antworten auf folgende Fragen der L-IZ.de vom heutigen Abend sicher in der Redaktion eintreffen.
Kann ja sein, es ist so nicht war. Dann darf man sich und die Messeleitung sicher öffentlich fragen, warum Securitymitarbeiter der Messe mal mit Journalisten „vor die Tür gehen“ wollen.
Die Fragen an die Buchmesse Leipzig
1. Wieso stellen einige Aussteller auf der Leipziger Buchmesse eigene Securitydienste und wie hoch war die Anzahl der Mitarbeiter?
2. Ist dies nicht – wie auf jedem Festival – alleinige Aufgabe des Veranstalters, hier der Messe Leipzig? Wenn ja, warum sind dann Securitys anderer Firmen zugelassen?
3. Wurden die von einigen Ausstellern in der Halle 3 mitgebrachten Securitymitarbeiter seitens der Messeleitung vorab überprüft (Führungszeugnisse, Vorstrafen, entsprechende Security-Bescheinigungen)? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, wieso nicht?
4. Wie hoch war die Anzahl der messeeigenen Security?
5. Musste die Zahl in diesem Jahr erhöht werden und wurde dies entsprechend auf die Verlage / Aussteller umgelegt?
Protest am Samstag, 17. März 2018 gegen Neonazis auf der Buchmesse 2018. Quelle: Leipziger Bündnis „Buchmesse gegen Rechts“
Rechte besprechen auf der Leipziger Buchmesse den Regimesturz + Video
Rechte besprechen auf der Leipziger Buchmesse den Regimesturz + Video
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