Wahrscheinlich geht es letztlich überhaupt nicht um Geld, auch wenn in Sachsen gern über die Bezahlung von Lehrern diskutiert wird. Auch das ist eine Diskussion, die immer wieder vom eigentlichen politischen Versagen ablenkt. Und das besteht nicht nur seit dem fernen Jahr 2011 darin, dass eine auf Irrwege geratene Regierung die Erstellung belastbarer Personalpläne immer wieder verweigert und verschoben hat. Klingt trocken, ist es aber nicht.

Denn Grundlage jeder Personalpolitik ist das Wissen darum, wie viele qualifizierte Fachkräfte man braucht, um ein klar definiertes Qualitätsprofil abzusichern. Mit Reserven für Krankheitsfälle, Weiterbildungen, Babyzeiten. Die Anfragen von Landtagsabgeordneten an die Sächsische Regierung dazu sind Legion. Die windelweichen und ausweichenden Antworten ebenfalls.

Denn 2009 ist die sächsische Regierung auf einen Kurs geschwenkt, der politisches Handwerk in etwas Substanzloses verwandelt hat – eine Personalkürzungsorgie, die sich vom tatsächlichen Bedarf völlig abgekoppelt hat und nur noch auf ein reines Zahlenziel hin berechnet war – jene 70.000 Staatsbediensteten, von denen Ministerpräsident Stanislaw Tillich damals redete.

Diese Kürzungsorgie hatte in Sachsens Schulen auch eine Folge, die meistens nicht thematisiert wird: Die konkreten Arbeitsbedingungen in den Schulen haben sich massiv verschlechtert. Die Klassen wurden voller, die Lehrer wurden zu Lückenbüßern, die irgendwie auch noch die aufklaffenden „regulären“ Stundenausfälle kaschieren sollten. Und die Stimmung in den Klassen – gerade in den Oberschulen – hat sich dramatisch verschlechtert.

Dass die Lehrer in Sachsen mittlerweile schlechter bezahlt werden als in den angrenzenden Bundesländern ist da ein möglicher Faktor, der die Entscheidung frisch ausgebildeter Pädagogen beeinflusst, sich doch lieber im Nachbarbundesland zu bewerben.

Aber das ist es nicht allein. Denn gerade da, wo die Lehrer inzwischen besonders häufig fehlen, sind die Arbeitsbedingungen meist besonders schlecht. Die Jahre, in denen man mit einer Stärkung des Personals genau hier hätte vorsorgen können, hat gerade Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) einfach verspielt. Jahrelang hat sie mehr als die Hälfte der in Sachsen ausgebildeten jungen Pädagogen nicht nur abwandern lassen – sie bekamen auch noch deftige Absagen vom sächsischen Kultusministerium, obwohl sie sich beworben hatten und die Lücken im Personal längst weit aufklafften.

Manche von ihnen nahmen dann dankbar die nicht ganz so gut bezahlen Angebote der Schulen in Freier Trägerschaft an. Umso peinlicher ist es, wenn das sächsische Kultsministerium nun versucht, diese Lehrerinnen und Lehrer mit Geld zu ködern.

„Der zunehmende Lehrermangel in Sachsen führt jetzt auch im Bildungsbereich zu Auswüchsen, wie sie bisher fast nur auf dem freien Arbeitsmarkt bekannt waren. So sollen Lehrerinnen und Lehrer von Schulen in freier Trägerschaft mit deutlichen Gehaltssteigerungen geködert werden, in den öffentlichen Schuldienst zu wechseln. Darüber haben uns Elternvertreter verschiedener Schulen informiert. Das macht deutlich, wie groß die Not im Sächsischen Kultusministerium ist, Lehrkräfte für die Absicherung des Unterrichts zu finden“, sagt Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landstag, zu dieser neuen, mehr als seltsamen Spirale im „zunehmenden Wettbewerb um Lehrkräfte in Sachsen“.

Die Ergebnisse von über sieben Jahren fehlender Personalpolitik, die auch mit all den Notstandspaketen der Kultusministerin nicht repariert werden konnte, will man jetzt auf Kosten der Freien Schulen irgendwie korrigieren.

„Gleichzeitig wird damit aber auch die verfassungsmäßig garantierte Gleichrangigkeit der Schulen in freier Trägerschaft mit Schulen in öffentlicher Trägerschaft stark infrage gestellt. Schulen in freier Trägerschaft sind durch den Absenkungsfaktor bei der Berechnung der Personalkostenzuschüsse im Wettbewerb um Lehrkräfte ohnehin schlechter gestellt. Mit unserem Antrag zur gleichen Finanzierung der Gehälter von Lehrkräften an sächsischen Schulen wollten wir vermeiden, dass es zu genau solchen Situationen im Wettbewerb um Lehrkräfte kommt. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt“, geht Zais auf dieses Thema ein. „Es wird wieder einmal deutlich, wie egal der Sächsischen Union die freien Schulen im Freistaat Sachsen sind. Wir als Grünen-Fraktion lehnen es entschieden ab, freie Schulen beim Wettbewerb um Lehrkräfte systematisch schlechter zu stellen als Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Damit die Gleichrangigkeit nicht nur auf dem Papier steht, ist die gleiche Finanzierung der Gehälter grundlegend.“

Tatsächlich aber scheint mit Geld jetzt noch herzlich wenig zu retten zu sein. Ein Wechsel in ein Schulsystem, in dem seit Jahren die Null-Bock-Stimmung regiert, ist nicht wirklich attraktiv, wenn die Lehrer dann doch wieder nur verheizt werden, ohne dass es ein großes, wirklich durchdachtes Konsolidierungsprogramm für das sächsische Bildungssystem gibt. Was wohl erst mit einer echten Schulreform zu bewerkstelligen ist – aber nicht mit dieser Ministerin und wohl auch nicht mit der sächsischen CDU, die krampfhaft an einem überholten Auslese-System festhält, in dem Sachsens junge Lehrer eigentlich nicht arbeiten möchten.

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