Neu ist das alles nicht. Aber die Caritas hat Recht: Man kann nicht genug warnen. Und immer wieder darauf hinweisen, dass Sachsens Schulsystem ein Problem hat. Auch wenn Caritasdirektor Matthias Mitzscherlich augenscheinlich ein sonniger Mensch ist, der tatsächlich glaubt, dass Sachsens Bildungspolitik auf einem guten Weg ist. Die reinen Zahlen suggerieren das.

Die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss sei in Sachsen weiter rückläufig, teilt der Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen e.V. mit. So gehe es aus der aktuellen Caritas-Studie „Bildungschancen vor Ort“ hervor, die seit 2009 erhoben wird. Die Studie hat nur ein Problem: Sie hinkt nach.

Die jetzigen Zahlen stammen aus dem Jahr 2015. Deswegen stimmt auch die Überschrift nicht (mehr), die die Caritas ihrer Mitteilung gab: „Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss in Sachsen sinkt weiter“.

2015 lag der Anteil der Schüler ohne Hauptschulabschluss im Freistaat bei 7,6 Prozent. 2014 waren es noch 7,8 Prozent. Auf Bundesebene stieg die Quote allerdings von 5,7 Prozent auf 5,9 Prozent an. Die wenigsten Schulabgänger ohne Abschluss gab es in Hessen mit 4,6 Prozent, die meisten in Sachsen-Anhalt mit 9,9 Prozent.

Ein kurzer Blick auf die Seiten des Statistischen Landesamtes genügt, um zu sehen, dass die sächsische Bildungspolitik auch bei den Schulabschlüssen wieder ihre negativen Folgen zeitigt. Oft genug beschrieben an dieser Stelle: Sachsens Bildungssystem ist ein Schönwetter-System, das nur dann akzeptable Ergebnisse zeitigt, wenn es keine Probleme gibt. Soziale Probleme zum Beispiel wie Familien mit finanziellen Problemen, einen hoher Ausländeranteil, viele Kinder aus bildungsfernen Familien, zu wenige Lehrer und fehlende Schulen, so dass die Klassen vollgestopft werden.

All das reicht schon aus, um zu ahnen, dass das Hauptproblem in Städten wie Leipzig sichtbar werden muss. Denn eine Regierung, die weiß, was sie tut, reagiert darauf mit erhöhten Schulinvestitionen und einer besseren Lehrerausstattung.

Das genau aber passiert in Sachsen nicht.

Ergebnis für 2016: Die Quote der Jugendlichen, die 2016 die sächsischen Schulen ohne Abschluss verließen, stieg wieder – von 7,6 auf 8,5 Prozent. Das ist mehr als ein Alarmsignal.

War es auch 2015 schon. Auch für diese Zahlen dürfe es keine Entwarnung geben, stellte die Caritas fest. „7,6 Prozent der jungen Menschen ohne Schulabschluss bedeutet keine Berufsausbildung für sie, keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt und somit keine Zukunftsperspektiven“, sagt Mitzscherlich. Vor allem lernschwache Schüler müssten gezielt gefördert und möglicherweise stärker sozialpädagogisch betreut werden. „Armutsbiographien werden sehr oft vererbt. Betroffene Jugendliche brauchen deshalb Unterstützung.“

Und dann kam man auf die sächsischen Problemzonen.

Die Caritas-Studie ergab, dass das Problem in Großstädten wie Chemnitz (11,4 Prozent) und Leipzig (10,8 Prozent) am größten ist. In Dresden lag die Quote der jungen Menschen ohne Schulabschluss noch bei 7,8 Prozent. Schwierigkeiten haben aber auch einige Landkreise. Der Landkreis Nordsachsen lag bei 9,5 Prozent, Mittelsachsen bei 8,8 Prozent, die Landkreise Zwickau und Görlitz bei 8,4 Prozent. Die niedrigsten Quoten hatten der Vogtlandkreis (5,3 Prozent) und der Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge (5,8 Prozent).

Was man so sagen könnte, wenn es die Kreise wären, die für das Dilemma verantwortlich wären. Sind sie aber nicht. Und das Beispiel Dresden zeigt, dass man durchaus gegensteuern kann – wenn man mehr Ressourcen zur Verfügung stellt. 2016 konnte Dresden die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss sogar auf 5,9 Prozent senken.

Nicht so Leipzig: Es musste wieder 10,8 Prozent von Schulabsolventen verkraften, die es nicht zu einem Abschluss gebracht hatten. Für eine Stadt, die derart nach Arbeitskräften hungert, ist das eine Katastrophe. Und im benachbarten Landkreis Nordsachsen war es mit 10,3 Prozent nicht viel besser. Das deutet beides darauf hin, dass die Ausstattung der Schulen im Bereich der Bildungsagentur Leipzig besonders schlecht ist und sich die Probleme hier regelrecht ballen.

Und da auch die gesamtsächsische Quote von 7,6 auf 8,5 Prozent stieg, darf man mit Fug und Recht auf die miserable Bildungspolitik verweisen, die mit ihrer verfehlten Personalpolitik die Probleme verschärft, wo sie gemildert werden könnten.

Die Caritas setze sich für eine gezielte Bildungspolitik ein, die sich vor allem auch an Schüler und Jugendliche richte, die aus schwierigen sozialen Verhältnissen kommen, betont der Caritasverband. Verstärkt werden müsse besonders die Schulsozialarbeit, um Probleme früh zu erkennen und abzustellen.

„Das ist eine Aufgabe aller Akteure in der Bildung“, so Caritasdirektor Mitzscherlich. „Jeder junge Mensch muss seine Chance bekommen.“

Aber die besten Sozialarbeiter nutzen nichts, wenn die Lehrer fehlen.

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