Die SPD in der sächsischen Regierung kämpft ja. Ihre Meldungen klingen oft so, als habe sie gerade mit dem großen Koalitionspartner CDU zusammen Heldentaten vollbracht. Aber tatsächlich haben sich die Sozialdemokraten oft genug blaue Flecken geholt und ihre Erfolge sind hart erkämpfte Kompromisse, die meist längst überfällige Korrekturen sind. Aber reichen sie auch aus? Über das Thema Lehrereinstellungen wurde im Landtag in der vergangenen Woche heftig diskutiert.

„Bis zum Jahr 2014 mussten sich alle Kultushaushalte zu Recht die Kritik gefallen lassen, dass zu wenig Lehrerstellen vorgesehen waren und auch die nur befristet besetzt werden durften. Die Zeiten sind vorbei“, erklärte SPD-Bildungsexpertin Sabine Friedel am Mittwoch, 14. Dezember, im Landtag, als über den Bildungshaushalt für 2017/2018 debattiert wurde. Sie verwies darauf, dass im Regierungsentwurf für 2017/18 knapp 1.000 zusätzliche Lehrerstellen eingestellt waren und mit dem Lehrermaßnahmenpaket noch mal 722 Stellen dazukommen. „Insgesamt haben wir es in unserer bisherigen Regierungszeit also geschafft, alle freiwerdenden Stellen zu erhalten und mehr als 2.000 zusätzliche unbefristete Stellen zu schaffen.“

Die kleine Kritik am schwerfälligen Koalitionspartner verpackte sie lieber: „Wir haben es mit diesem Haushalt geschafft, dafür zu sorgen, dass ein großer Fehler der Vergangenheit künftig nicht mehr passieren kann: Dass zu wenig Geld für die Einstellung von Lehrkräften da ist. Wir werden nach wie vor Schwierigkeiten haben, genügend Lehrkräfte zu finden –  aber Dank Lehrerpaket und Haushalt ist eine ganz wesentliche Hürde ausgeräumt: Am Geld scheitert es nicht, da steht genug zur Verfügung. Das ist unsere Aufgabe als Haushaltsgesetzgeber und die haben wir erfüllt.“

Da sprach auch Sabine Friedel aus, dass man in der Regierungskoalition echte Sorgen hat, ob man die Lehrerstellen überhaupt besetzen kann, wenn man nicht bessere Gehaltsbedingungen anbietet. Man hat schlicht ein paar Jahre sinnlos vergeudet, Lehrer, die in Sachsen beginnen wollten, verschreckt. Und nun steht man mitten in einem heftigen Wettbewerb mit allen anderen Bundesländern, die ebenso händeringend Lehrer suchen.

Eine Frage, die auch Petra Zais von den Grünen beschäftigt: „Es war notwendig, dass angesichts der schwierigen Situation auf dem Lehrermarkt mehr Geld in die Hand genommen wird. – Aber das kleine Pflaster auf der großen Wunde der auch strukturellen, im Wesentlichen selbst verschuldeten Versäumnissen der letzten Jahre kann nicht vertuschen, dass die Personalprobleme an den sächsischen Schulen auf der Basis des Paketes nicht lösbar sind. Nach unserer Auffassung ist der dringend gebotene Schritt, den Gesprächsfaden mit den Lehrergewerkschaften wieder aufzunehmen und den lange geforderten Tarifvertrag für die Eingruppierung der sächsischen Lehrkräfte zu verhandeln.“

Mit den Zahlen, die Sabine Friedel genannt hat, hadert vor allem die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Cornelia Falken: „Dieser Haushaltsentwurf deckt weder den aktuellen Bedarf ab noch weist er in die Zukunft. Die anstehenden Aufgaben im Bildungsbereich können nicht erfüllt werden. Das ist beunruhigend, denn die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wird immer größer – dies zeigen die Proteste von Erzieherinnen und Erziehern, Lehrkräften, Eltern und der Schülerschaft, aber auch der Unmut unter den Trägern der Weiterbildung.“

Fast hätte es ja nicht einmal das in allerletzter Not beschlossene 213-Millionen-Euro-Maßnahmenpaket der Koalition zur besseren Versorgung der Schulen mit Lehrerinnen und Lehrern gegeben. Es könnte zumindest ein Mittel sein, junge Lehrer für den Eintritt in den sächsischen Schuldienst zu gewinnen. Ob es funktioniert, wird sich erst im Lauf des Jahres zeigen. Die steigenden Schülerzahlen sind nämlich noch nicht wirklich berücksichtigt.

„Wir brauchen einen klaren Stellenplan, der steigende Schülerzahlen – in diesem Jahr zusätzlich 10.000 – berücksichtigt. Junge Lehrer fragen im Einstellungsverfahren für den 1. Februar nach den versprochenen Zulagen für eine Arbeitsaufnahme im ländlichen Raum. Doch niemand kann ihnen zurzeit sagen, ob und in welcher Höhe eine solche Zulage ihnen zuteil wird. Das ist genau das zentrale Problem der CDU/SPD-Koalition: Reden und Handeln klaffen weit auseinander“, kritisiert Cornelia Falken. „Der Ministerpräsident spricht von notwendiger Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs. Doch das Gegenteil geschieht. Es bleibt bei der tariflichen Benachteiligung der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer, es wird von Seiten der Staatsregierung nichts für die Motivation der großen Mehrheit der Lehrerschaft getan.“

Und auch der Landesschülerrat hat so seine Bedenken, dass die beschlossenen Stellen auch tatsächlich besetzt werden können.

Auch dort hat man registriert, dass zu Beginn des Schuljahres die Lehrerstellen in Sachsen nicht vollständig besetzt werden konnten. Der LandesSchülerRat fordert das Kultusministerium erneut dazu auf, mit der Zahl auch die Attraktivität der Lehrerstellen zu erhöhen.

„Die Töne, die noch vor kurzem aus dem Ministerium kamen, dass der Markt für Lehrer ‚leergefegt‘ sei, schreien nach besseren Bedingungen für Lehrer“, kommentiert der LSR die zaghafte Politik der Staatsregierung. „Das daraufhin beschlossene Maßnahmenpaket berücksichtigt die Lehrersituation, greift aber nicht essentielle Faktoren, wie zum Beispiel die Anpassung des Nettogehaltes nach Bundesmaßstab, auf.“ Erst dann werden sächsische Lehrerstellen wieder konkurrenzfähig.

Der Vorsitzende des LandesSchülerRats, Friedrich Roderfeld: „Wir begrüßen es, dass den steigenden Schülerzahlen nun allmählich Rechnung getragen wird. Doch es reicht nicht, nur neue Stellen zu schaffen, wenn diese unbesetzt bleiben. Wir müssen ebenso den Lehrerberuf attraktiver machen und junge Lehrer für Sachsen begeistern. Leere Lehrerstellen sind sonst nichts weiter als eine Scheinlösung, um Maßnahmen vorweisen zu können.“

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