Eigentlich hatten CDU und FDP einst mit breiter Brust verkündet, sie wollten die sächsischen Mittelschulen besser machen, aufwerten und den Kindern die Chance geben, auch noch nach der 6. Klasse ans Gymnasium zu wechseln. Der neue schmucke Titel Oberschule sollte dafür stehen. Aber man macht eine Schule nicht besser, wenn man spart, kürzt und nicht mal genügend Fremdsprachenlehrer hat.

Dem Thema hat jetzt Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag, eine Anfrage gewidmet. Und was 2012 – als Brunhild Kurth (CDU) gerade das Amt der Kultusministerin übernommen hatte – schon ein Problem war, hat sich zu einer manifesten Wirklichkeitsverweigerung ausgewachsen. Das Ministerium zeigt nicht einmal ansatzweise Bemühungen, auch nur eines der vielen Probleme in der Unterrichtsversorgung lösen zu wollen. Und dazu gehört der immer weiter um sich greifende Mangel von Lehrern für die wichtigsten Sprachen an den sächsischen Oberschulen.

„Die Entwicklung der Zahlen beim Zugang zur zweiten Fremdsprache im Schuljahr 2016/2017 ist vor allem an den Oberschulen besorgniserregend. Das Ziel, an den Oberschulen flächendeckend eine zweite Fremdsprache anzubieten, gerät immer stärker aus dem Blick“, beschreibt Petra Zais, was ihr nun die Antwort der Kultusministerin bestätigt hat.

In Zahlen erzählt die Lage eigentlich davon, dass man das Problem seit 2012 immer weiter hat einreißen lassen. Schon damals war die Auslosung der Plätze in den wichtigsten Sprachen eine Zumutung. Mittlerweile hat diese – den Schülern gegenüber tatsächlich verächtliche Praxis – immer weiter um sich gegriffen.

War es im Schuljahr 2015/2016 noch jede zehnte Oberschule, an der keine zweite Fremdsprache angeboten wird, so trifft es in diesem Schuljahr schon jede siebente Schule (49 von insgesamt 340 Oberschulen). In 48 Schulen wurde die Mindestschülerzahl für die zweite Fremdsprache nicht erreicht. Auch ohne die Schulen, die durch die Kooperation mit einer anderen Oberschule das Erlernen einer zweiten Fremdsprache möglich machen, sind es im Vergleich zum letzten Schuljahr deutlich mehr Schulen, die keine zweite Fremdsprache anbieten (41 Schulen zu 33 im Schuljahr 2015/2016).

„Sieht so die vielgepriesene Stärkung der Oberschule aus?“, fragt Petra Zais deshalb wohl zu Recht. „Das sind ernüchternde Zahlen. Verlierer sind vor allem die Schülerinnen und Schüler, die eine zweite Fremdsprache erlernen wollen. So wird ihnen unter anderem der Übergang auf ein Gymnasium erschwert. Wo bleibt hier die Chancengerechtigkeit?“

Denn auch an den Gymnasien sieht es nicht besser aus. Selbst entscheiden, welche Sprachen sie für ihren weiteren Bildungsweg wirklich brauchen, können viele Schüler gar nicht mehr.

An den sächsischen Gymnasien wurde wie im vergangenen Jahr fast an jeder fünften Schule der Zugang zur zweiten Fremdsprache ausgelost. Betroffen waren in diesem Jahr 29 Schulen mit 78 Klassen. 169 Schülerinnen und Schüler wurden in eine andere Sprache umgelenkt.

Am häufigsten gab es zum Schuljahr 2016/17 bei Französisch und Latein mehr Bewerberinnen und Bewerber als Plätze. Auch für Russisch, Spanisch und Italienisch wurde der Zugang an einzelnen Schulen verlost.

„Die Auslosung des Zugangs zur zweiten Fremdsprache führt nicht nur zu Frust bei den ‚Los-Verlierern‘, sondern auch bei Lehrkräften, die Schülerinnen und Schüler in ihre Kurse bekommen, die eigentlich eine andere Sprache lernen wollten. Wir Grüne fordern weiterhin die Schaffung eines Rechtsanspruchs bei der Wahl der zu erlernenden Fremdsprache“, erklärt Petra Zais dazu. „Dazu brauchen wir an allen weiterführenden Schulen mehr Lehrkräfte für die Fremdsprachen. Sprachkompetenzen werden in einer sich immer stärker vernetzenden Welt zunehmend wichtiger und sind ein wichtiges Qualifikationsmerkmal, auch mit Blick auf die berufliche Entwicklung.“

Antwort von Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Zais (Grüne) „Zugang zur 2. Fremdsprache an Gymnasien und Oberschulen im Schuljahr 2016/2017“. (Drs 6/6029)

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