Es ging ja drunter und drüber mit der Exzellenzinitiative des Bundesbildungsministeriums, bei der Eliteuniversitäten gekürt und Exzellenz-Cluster besonders gefördert wurden. Die Uni Leipzig scheiterte bei der Bewerbung um den Titel Elite-Universität, die TU Dresden hat ihn bekommen. Aber was lief da schief, fragt die aktuelle Ausgabe des Magazins des Deutschen Studentenwerks „DSW Journal“.

Besonders angetan war man von der Leitidee des Wissenschaftsrats von zu schaffenden „Wissenschaftsregionen“, die man augenscheinlich als dritte Kernaufgabe neben Forschung und Lehre entdeckt hat. Das hätte ja schon früher auffallen können, wie stark Hochschulen in ihre Region hineinwirken und wie sehr sie so Motor von Forschung und wirtschaftlicher Entwicklung sind.

Autor Klaus Heimann zeigt in einer Recherche im Journal, welche Wissenschaftsregionen in Deutschland warum funktionieren. Sein Paradebeispiel ist die Metropolregion Mittelfranken oder Interessengemeinschaft Hochschulen Region Nürnberg (IGH): Hier ging, nachdem die Region große Unternehmen wie Grundig oder Quelle verloren hatte, die Initiative von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nürnberg aus. Ihr gelang der Schulterschluss mit den acht mittelfränkischen Hochschulen. Inzwischen gehört die Region zu den wirtschaftsstärksten Deutschlands; es gibt mehr Arbeitsplätze als vor der Wirtschaftskrise.

„Im Silicon Valley ist die Stanford-Universität einer der Haupttreiber. Für die Wissenschaftsregion Mittelfranken ist das unsere Aufgabe“, wird Prof. Dr. Joachim Hornegger, der Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, zitiert. In der Typologie der Wissenschaftsregionen, wie sie das DSW-Journal 2/2016 entwickelt, gehört Mittelfranken zu den Erfolgreichen. Es gibt aber auch Exklusive, Mutige – oder Gescheiterte.

Grundsätzlich ist das Fazit der Recherche positiv, das betont auch DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde. Er schreibt in seinem Editorial: „Entgegen unserer anfänglichen Skepsis schreibt das Modell der Wissenschaftsregionen vielerorts Erfolgsgeschichte.“

Aber: „In einzelnen Ländern politisch verordnete Top-down-Modelle funktionieren nicht“, resümiert Heimann in seiner Recherche.

Und damit ist man in Sachsen, das Heimann unter die Gescheiterten einsortiert. Und er geht auch auf den Grund ein, der den Sachsen durchaus vertraut vorkommen dürfte: „In Niedersachsen und im Freistaat Sachsen sind Versuche, Wissenschaftsregionen zu etablieren, gescheitert. In beiden Fällen waren es Top-down-Modelle aus den Wissenschaftsministerien. So stampfte das Land Niedersachsen nach sechs Jahren Laufzeit den umstrittenen Hochschulverbund Niedersächsische Technische Hochschule (NTH) ein. Das war die Allianz der drei Hochschulen TU Braunschweig, TU Clausthal und Universität Hannover.“

Dort hat die niedersächsische Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic die Notbremse gezogen, weil der von oben verordnete Verbund einfach nicht funktionierte.

Und in Sachsen war es eigentlich genauso: „Der Freistaat verordnete schon im Jahr 2011 in seinem ‚Hochschul-Entwicklungsplan 2020‘ die Idee der Wissenschaftsregionen für Dresden, Leipzig, Chemnitz und Freiberg. Nicht nur für den regionalen Zuschnitt gab es verbindliche Vorgaben, ebenso für die Arbeitsgebiete: Internationalisierung, Synergien und Wissenstransfer. Im jetzt fortgeschriebenen Hochschulplan 2025 findet sich der Begriff Wissenschaftsregionen nicht mehr“, so Heimann. Der Andreas Friedrich, Pressesprecher des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, zitiert, der jetzt feststellt, dass die Vorgaben zu starr waren und in der Praxis scheiterten.

„Netzwerke soll es auch in Zukunft geben, die müssen aber auf den eigenen Antrieb der Hochschulen zurückgehen“, sagt Friedrich etwas Selbstverständliches. Doch wer sich an die Zeit von 2009 bis 2014 erinnert, weiß, dass damals massiv versucht wurde, Hochschulpolitik von oben her zu dirigieren. Das ist mehrfach schiefgegangen, stieß auf erbitterten Widerstand und tobt sich teilweise noch heute aus, wenn man auf die seltsame Politik des Hochschulrates der Universität Leipzig schaut.

Vor allem kam dieser hochkönigliche Wunsch, Dresden, Freiberg, Chemnitz und Leipzig möchten kooperieren, in einer Zeit, in der Leipzig schon intensiv Kooperationen mit anderen mitteldeutschen Hochschulen auslotete – in Halle und Jena zum Beispiel. Denn nicht immer passen die Forschungsschwerpunkte der Hochschulen zueinander. Synergien ergeben sich oft in völlig anderen Handlungsfeldern.

Und ein funktionierendes Netzwerk entsteht nun einmal logischerweise dort, wo es schon belastbare Kooperationsbeziehungen gibt. Wie so etwas aussehen könnte, zeige die TU Dresden, betont Heimann: „So wie in der Landeshauptstadt. Hier operiert ‚DRESDEN-concept‘ erfolgreich. Dieser Hochschul-Verbund von jetzt 20 Partnern setzt auf Synergien in den Bereichen Forschung, Ausbildung, Infrastruktur und Verwaltung. Um diesen Schatz zu heben, bedarf es eines Dreiklangs aus ‚förderlichen Strukturen, räumlicher Nähe und einer persönlichen Verbundenheit der treibenden Personen im Netzwerk‘“, zitiert er Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen, den Rektor der Universität Dresden.

Die Anlagen hat auch die Uni Leipzig. Und belastbare Kooperationen gibt es auch schon längst etwa mit dem Biotechnologisch-Biomedizinischen Zentrum, das Teil der Bio-City ist, oder mit dem Biodiversitäts-Forschungsverbund iDiV. Und es sieht auch nicht so aus, als ob das nicht funktionieren würde.

Was aber völlig in die Hose ging, war der Versuch von Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer, eine solche Hochschulkooperation für Sachsen von oben („top down“) zu verordnen.

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