Kommt jetzt endlich Ruhe in die sächsischen Hochschulen und Universitäten? Nach fünf Jahren hektischer Anpassungsmaßnahmen? So ähnlich jedenfalls klang es, als am Dienstag, 15. März, die Staatsregierung die Eckwerte zur Hochschulentwicklungsplanung für Sachsen vorstellte. Immerhin geht es um ein Ende des 2011 verkündeten Stellenabbaus und die Schaffung verlässlicher Strukturen über das Jahr 2020 hinaus.
Erstaunlich deutlich dazu sogar das Statement aus der CDU-Fraktion von Aline Fiedler, der wissenschaftspolitischen Sprecherin: „Das ist das wichtigste Thema der Wissenschaftspolitik in dieser Legislaturperiode. – Der künftige Hochschulentwicklungsplan ist elementar für die weitere Entwicklung des Wissenschaftslandes Sachsen. Damit ist auch der Stellenabbau vom Tisch!“
Für zehn Jahre gäbe es nun Planungssicherheit.
Geschoben hat dabei ja, wie man weiß, die SPD-Fraktion. Das Ende des Stellenabbaus ab 2017 hat der Junior in der Koalition in den Koalitionsvertrag geschrieben. Es sieht immer wie Kleine-Brötchen-Backen aus, was die SPD bewirkt. Aber manchmal fehlen eben die nötigen Prozente vom Wähler, der ja auch in Sachsen gern Protestparteien wählt und sich am Ende wundert, dass trotzdem nichts passiert.
„Ich freue mich, dass nach einigem Ringen heute die Eckpunkte zur künftigen Hochschulentwicklungsplanung das Kabinett passiert haben. Damit ist die erste Hürde genommen, um bis Ende des Jahres zu einer gemeinsamen Verständigung zu kommen. Wir legen somit das Fundament einer Entwicklungsperspektive bis 2025, die keinen Stellenabbau enthalten soll“, sagt denn auch Holger Mann, der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion.
Und er versucht auch noch mal zusammenzufassen, was man mit dem neuen Plan alles gleichzeitig bewirken will: „Mit dem Erhalt von 754 Stellen investieren wir nachhaltig in den Wissenschaftsstandort Sachsen und fördern so Qualität in Forschung und Lehre. Zudem wollen wir so die Betreuungssituation an den sächsischen Hochschulen verbessern. – Mit der Fortschreibung der Hochschulentwicklungsplanung werden die begonnene Profilbildung und die Abstimmung eines landesweiten Fächerangebotes fortgesetzt. Wichtig ist hierbei, dass alle 14 staatlichen Hochschulstandorte erhalten bleiben. Mit der Stärkung und Sicherung der Fachhochschulen wird der regionale Fachkräftebedarf gedeckt und Durchlässigkeit im Hochschulsystem befördert.“
Zur Hochschulentwicklungsplanung gehört eine langfristige Zuschussvereinbarung, die den Hochschulen finanzielle Planungssicherheit bis 2025 gewährleistet.
Holger Mann: „Bei den kommenden Beratungen werde ich insbesondere den Bereich der Daseinsvorsorge im Blick behalten. Die derzeitigen gesellschaftlichen Herausforderungen werden wir nur bewältigen können, wenn ausreichend akademisch gebildete Fachkräfte zur Verfügung stehen. Werden mehr Lehrer, Ärzte und Apotheker, Juristen oder Dolmetscher benötigt, müssen die Hochschulen auch entsprechende Ressourcen zur Ausbildung erhalten.“
Und was sagen die Studierenden dazu, die ja berechtigterweise in den vergangenen fünf Jahren Sturm gelaufen sind gegen die Rasenmäher-Methode beim Kürzen?
„Wir warten bereits seit Langem auf ein Lebenszeichen des HEP2025; nur so kann die Kürzungswelle der vorherigen schwarz-gelben Regierung eingedämmt werden“, so Paul Hösler, Sprecher der Konferenz der Sächsischen Studierendenschaften (KSS).
Und man sieht zumindest erst einmal, welche Flurschäden angerichtet wurden: Aufgrund des Abbaus mussten bereits ganze Institute schließen und andere wurden bis an den Rand ihrer Existenz geführt, so beispielsweise die Archäologie oder die Theaterwissenschaft an der Universität Leipzig.
„Wir kennen jetzt die Eckpunkte. Es bleibt zu hoffen, dass den schönen Worten auch konsequente Taten folgen und die Zielvereinbarung sowie die Zuschussvereinbarungen mit den Hochschulen fair gestaltet werden. Die Studierenden im Freistaat werden als ein hohes Gut gehandelt und wurden die letzten Jahre stets von den CDU-geführten Regierungen durch andauernde Kürzungswellen gescholten. Ein ‚Weiter so‘ kann es nicht geben!“, bringt Felix Ramberg, ebenfalls Sprecher der KSS, seine Erwartungen auf den Punkt.
In den Leitlinien bekenne sich der Freistaat zwar zu einer weitreichenden Hochschulautonomie sowie einer auskömmlichen, öffentlichen Finanzierung.
„Das klingt so weit schön und gut. Nur wenn dem keine grundlegenden, gesetzlichen Änderungen folgen, scheint dies nicht glaubwürdig. Die sächsischen Hochschulen sind auch weiterhin unterfinanziert und leider befürchtet die KSS, dass keine grundlegenden Änderungen durch den Doppelhaushaltsplan 2017/2018 des Freistaates folgen werden. Raubbau an Bildung stand bisher hoch im Kurs von sächsischen Regierungen“, zeigt sich Hösler besorgt.
Nur wenn die Studierenden an den Hochschulen auch weiterhin gute Lehr- und Lernbedingungen vorfänden, wird Sachsen von diesen profitieren können und einen Braindrain verhindern. Nicht nur die sächsische Wirtschaft sei auf gut ausgebildete, weltoffene und teamfähige Absolvent*innen angewiesen, auch benachbarte Bundesländer würden zeigen, dass die Gesellschaft diese benötigt.
„Wir werden alles daransetzen, dass die Zielvereinbarung und die Zuschussvereinbarungen fair gestaltet werden“, so Hösler und Ramberg abschließend.
Für Leipzig wichtig sind dabei einige Entscheidungen wie diese: Das Studienfach „Rechtswissenschaft“ soll an der Universität Leipzig konzentriert werden und wird nicht an der TU Dresden weitergeführt.
Das Studienfach „Biologie“ als Grundlagenfach wird neben der TU Dresden auch an der Universität Leipzig angeboten. Das Studienfach „Mathematik“ bleibt ebenso ein Grundlagenfach an der Universität Leipzig und der HTWK Leipzig. Und das Fach „Allgemeine Sprachwissenschaften/Indogermanistik“ soll weiterhin auch an der Universität Leipzig angeboten werden.
Dass die anvisierte Studierendenzahl von 105.000 auf 95.000 absinkt, begründet das Wissenschaftsministerium dabei so: „Die heutige Hochschulentwicklungsplanung muss berücksichtigen, dass zusätzliche Mittel für die Hochschulen aus dem Hochschulpakt im Jahr 2023 auslaufen. Darauf müssen sich die Hochschulen schon jetzt einstellen. Im Koalitionsvertrag wurde daher eine Planungsgröße von 95.000 Studierenden (Studienjahr 2024/2025) an den 14 sächsischen Hochschulen festgelegt. Durch ein günstigeres Betreuungsverhältnis soll die Qualität der Lehre steigen.“
Und dann sind da ja noch die so hart umkämpften Fächer Pädagogik, Medizin und Pharmazie.
Da lautet die Festlegung nun: „Für ausgewählte Staatsexamensstudiengänge mit besonderer Bedeutung sollen im Hochschulentwicklungsplan Planungsgrößen für das Jahr 2025 vorgegeben werden. Für Humanmedizin sind dies 540 Studienanfänger und für Zahnmedizin 120 Studienanfänger. Beim Lehramt werden die Kapazitäten auf 2.000 Plätze für Studienanfänger erhöht, um dem Bedarf gerecht zu werden. Die Ausbildung in der Pharmazie wird gesichert.“
Das alles betrifft auch die Uni Leipzig.
So langsam wird da so mancher wieder ein bisschen Wasser unterm Kiel verspüren. Jetzt geht’s noch darum, das alles mit Geld zu unterfüttern und mit neuen, belastbaren Strukturen.
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