So langsam dürfte es auch den Leipziger Stadtratsfraktionen Angst und Bange werden, in welchem Tempo die Stadt Leipzig wächst - und wie sehr der Schulneubau hinterherhinkt. Im Juni berichtete die L-IZ, mit welchem Kraftakt Leipzigs Verwaltung die Reaktivierung der alten Neruda-Schule noch nachträglich in die Schulbauplanung für 2017/2018 gehievt hat. Nun stellt eine Ratsvorlage fest: Selbst diese Schule kommt drei Jahre zu spät. Und nicht nur die.

Im Mai erst hatten das Planungsdezernat und das Sozialdezernat die Schulinvestitionsplanung bis 2019 vorgestellt – 164 Millionen Euro waren darin schon fest verplant. Eine ganze Reihe von Investitionsvorhaben waren noch nicht einmal mit Summen beziffert. Die Revitalisierung des ehemaligen Schulgebäudes der Pablo-Neruda-Schule wurde im Juni nachgeschoben. 5,4 Millionen Euro soll sie kosten, Fördermittel des Landes waren noch nicht einmal gesichert.

Doch aus den Nähten platzt die neue Pablo-Neruda-Schule im französischen Campus schon in diesem Schuljahr. Sie hätte durchaus größer gebaut werden können, das hatte der Sächsische Rechnungshof schon 2014 kritisiert. Denn gerade im Stadtbezirk Mitte und in Süd reicht die Schulkapazität schon jetzt nicht mehr aus. Auch die neu gebaute 3. Grundschule konnte die Lage nicht entspannen, denn jetzt kommen all die Jahrgänge der seit 2009 massiv gestiegenen Geburten in die Grundschulen.

Und im ersten Zug passiert jetzt auch in der Pablo-Neruda-Schule, was in einigen anderen Grundschulen schon im vergangenen Schuljahr die Regel war: Die vorhandenen Kapazitäten werden bis zum Anschlag ausgereizt. In der Vorlage des Dezernats Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule heißt es dazu: “Bis zur Schaffung von langfristig wirksamen Kapazitätserweiterungen in den Bereichen Zentrum-Süd, Zentrum-Südost bzw. Südvorstadt muss die Mitnutzung des alten Bestandsgebäudes durch die Grundschule erfolgen. Da die notwendige Sanierung des alten Bestansdgebäudes nicht bis zum Schuljahresbeginn 2015/16 erreichbar ist, bedarf es zu dieser Variante weiterer Maßnahmen. Für das Schuljahr 2015/16 ist vorgesehen, die Pablo-Neruda-Schule überzubelegen. Die bestehenden Raumkapazitäten lassen eine Überschreitung über die ausgewiesene Richtkapazität zu, indem bisher separat genutzte Gruppenräume des Hortes in eine Doppelnutzung überführt werden.”

Denn umgebaut und saniert werden soll der alte Plattenbau erst in den Jahren 2017 und 2018. Derzeit geht sowieso nichts, denn das Gebäude wird – genauso wie das ehemalige Gebäude der 3. Grundschule – als vorübergehende Asylunterkunft genutzt. Und wenn 2017/2018 erst gebaut wird, können auch keine Klassen in den Bau einziehen, der erst ab 2018 bezogen werden soll. Auch das eigentlich vorübergehend, denn der Bau soll nur genutzt werden, bis endlich irgendwo im Süden eine neue zusätzliche Grundschule gebaut worden ist. Nach dieser Nutzung als Grundschule soll ja die Georg-Schumann-Oberschule einziehen.

Aber wohin mit den überzähligen Klassen der Neruda-Schule? Immerhin sind es ab 2016 schon so viele, dass eine eigene neue Schule notwendig wird. “Langfristig ist die Überschreitung der heutigen Kapazität um 10-12 Klassen zu erwarten, was einer dreizügigen Grundschule entspricht”, schreibt das zuständige Dezernat.

Es geht nicht ohne ein Provisorium in Modulbauweise, das 2016 auf dem Gelände an der Neruda-Schule aufgestellt werden soll und “für zwei bis drei Jahre” den Bedarf an Klassenräumen aufnimmt. “Gegenstand dieser Vorlage ist der Kauf und die Errichtung eines frei stehenden Raumsystems, bestehend aus 8 Unterrichtsräumen, einer Ausgabeküche, eines Speiseraumes sowie der zugeghörigen Nebenräume in Systembauweise (Containerbau).”

Kostenpunkt: 1,38 Millionen Euro. Zur Kalkulation hat man die Kosten des 2011 für die Schule Wiederitzsch bestellten Modulsystems zugrunde gelegt.

Ganz ähnlich wird Leipzigs Verwaltung in der Entwicklung der Schülerzahlen im Leipziger Nordwesten zum Handeln gezwungen.

Darüber mehr morgen an dieser Stelle.

Die Vorlage zur Neruda-Schule.

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