Aussitzen, vertagen, wegducken, schweigen. So verhält sich sächsische Politik nicht nur, wenn es um Asylunterbringung in Sachsen geht. Zwei Jahre hat man sich Zeit gelassen, das Thema überhaupt ernstzunehmen. Doch in der Grundschule am Rabet im Leipziger Osten verdoppeln sich die Probleme. Denn in der sächsischen Bildungspolitik gelten dieselben Verhaltensweisen. Den Elternvertretern geht das jetzt über die Hutschnur.
In einem offenen Brief haben sie sich jetzt an Mitglieder des Deutschen Bundestages, Mitglieder des Sächsischen Landtages, Mitglieder des Leipziger Stadtrates und an die Presse gewandt, um die Missstände an der Schule öffentlich zu machen. Nicht zum ersten Mal. Welche Probleme es zwischen der Schulleitung, Lehrern und Eltern gibt, das war schon mehrfach Thema in der LVZ, wohin sich die Eltern schon im Vorjahr gewandt haben in der Hoffnung, damit die zuständigen Amtsverwalter zum Handeln zu zwingen.
Passiert ist tatsächlich etwas – aber leider nichts Gutes für die Schüler der Grundschule, denn eine Sportlehrerin, die durch ihr Engagement aufgefallen war, wurde einfach an eine andere Schule versetzt.
„Bereits im vergangenen Jahr gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen dem Elternrat und der Schulleitung. Damals sollte eine überaus engagierte Pädagogin an eine andere Schule abgeordnet werden. Nun hat diese offenbar den Kampf verloren und wurde versetzt”, kommentiert die Landtagsabgeordnete der Linken, Cornelia Falken, den Vorgang. Aber nicht nur sie ist zwischen die Räder einer Schulverwaltung geraten, die Konflikte am liebsten kleinredet oder lieber die Mahner düpiert, statt nach Lösungen zu suchen.
Wäre zwar neu fürs sächsische Bildungssystem. Aber mittlerweile kann man es auch vom zuständigen Kultusministerium erwarten, dass es die Mahnungen und Anfragen der Opposition ernster nimmt und auch nicht mehr so tut, als hätten der Lehrermangel und die Minderausstattung wichtiger Integrationsschulen keine Folgen für Schulklima und Konflikte im Haus. Und die Schule am Rabet ist eine Integrationsschule – auch wenn sie nicht so heißt. Mitten im Stadtteil mit dem höchsten Migrantenanteil gelegen, hat sie auch selbst den höchsten Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund in Leipzig.
Normalerweise müssen Länder darauf reagieren und die Schule mit entsprechendem Personal mit der entsprechenden Kompetenz und den nötigen Ressourcen ausstatten. Auch im Schulbegleitprogramm. Aber selbst das Ganztagsschulangebot wurde erst ausgebaut, als die Elternvertreter Druck machten.
Und mittlerweile ist genau jene Person zwischen die Mühlräder eines sturen “Weiter so” geraten, die von der Stadt Leipzig entsandt wurde, um den Kindern in der Schule als Ansprechpartnerin in Problemlagen zu dienen: die Sozialarbeiterin.
Cornelia Falken: “Aktuell ist die Schulsozialarbeiterin seit einigen Wochen krank. Es wird vermutet, dass eine Ursache das schlechte Klima an dieser Schule ist. `Wer an dieser Schule etwas auf die Beine stellen will, der wird ausgebremst – um jeden Preis`. Dieser Vorwurf ist immer wieder zu hören, von Eltern und Lehrern.”
Katarzyna Pawlitzki, die Elternratsvorsitzende, und Uwe Krüger, der Fördervereinsvorsitzende, werden in ihrem Brief noch deutlicher: “Veranlassen Sie, dass unsere Schule unverzüglich eine neue, fähige Schulleitung bekommt!”, fordern sie. “Wir möchten darüber hinaus anregen, dass sich der Arbeitskreis ‘Integration und Zuwanderung’ der CDU Sachsen mit unserer Schule befasst, weil die Problematik des Zusammenlebens von Migranten und Einheimischen nicht mit der Entscheidung über den Asylantrag und die Erstunterbringung beendet ist, sondern Integration in Bildungseinrichtungen wie unserer Schule erst beginnt. Wir Eltern, die hier im Leipziger Osten leben, leisten unseren Beitrag zur Integration gern. Aber wir erwarten dabei Ihre Unterstützung und kommen auf das Gesprächsangebot zurück, das Sie im Diskussionsprozess um Pegida/Legida den Bürgern Sachsens unterbreitet haben.”
Was ja peinlich genug ist. Denn andere Gesprächsanfragen von Initiativen und Verbänden hat ja die regierende CDU immer wieder ausgeschlagen, sich hinter einem potemkinschen Pappwerk der geschönten Zustände versteckt und auch lange gemauert, als es um die Finanzierung von Sozialarbeiterinnen und -arbeitern in sächsischen Schulen ging.
Dass Schulen wie die Grundschule am Rabet echte Integrationsfunktionen wahrnehmen müssen, kommt in den Stellenplanungen des sächsischen Kultusministeriums gar nicht vor.
Und auch von den Elternvertretern nicht thematisiert wurde die Tatsache, dass Sachsen gewaltige Probleme hat, überhaupt noch Lehrer zu finden, die eine Schulleiterstelle übernehmen. Dazu wird diese verantwortungsvolle Arbeit zu schlecht honoriert. Und Freiräume, die begabte Pädagogen reizen könnten, als Schulleiterin/Schulleiter auch moderne Schulkonzepte umzusetzen, gibt es keine. Da liegt eine Menge im Argen. Und das liegt nicht nur an einer Schulleiterin, die sichtlich überfordert reagiert.
Die Arbeitsverweigerer sitzen zwei und drei Etagen höher.
“Ich unterstütze die Forderungen des Elternrates dieser Schule und habe großen Respekt davor, dass sie weiter engagiert für ihre Kinder kämpfen. Die Regionalstelle der Bildungsagentur fordere ich auf, die Schulleiterin schnellstmöglich von dieser Schule abzuziehen. Alles andere wäre, nach den vielen Vermittlungsversuchen in den letzten Monaten und Jahren, pädagogisch unverantwortlich”, sagt Cornelia Falken dazu.
Und die Stadt Leipzig wäre vielleicht gut beraten, in Schulen wie der am Rabet – zumindest vorübergehend – zwei Sozialarbeiter zu etablieren, die sich gegenseitig unterstützen können, wenn sich die Probleme häufen.
Für die Elternvertreter aber geht es in ihrem Brief nicht nur um Personalprobleme. “Im Kern geht es um Kindswohlgefährdung durch Handlungen und Unterlassungen der Schulleitung und durch Untätigkeit der zuständigen Behörde, der Sächsischen Bildungsagentur”, betonen Katarzyna Pawlitzki und Uwe Krüger das Grundproblem.
Der Offene Brief als pdf zum Download.
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