Die steigenden Geburtenzahlen in Leipzig sorgen für immer neue Überraschungen. Da hat das Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule zwar 2006 schon fest damit gerechnet, dass die Geburtenzahlen im Leipziger Westen ebenfalls steigen werden und schon rechtzeitig die Erich-Zeigner-Schule saniert, die Schule am Auwald und die Schule am Adler vorbereitet auf den kommenden Ansturm. Aber das war nicht genug.
Das ist jetzt nachzulesen in einer Vorlage, die ab September die Ausschüsse des Stadtrates beschäftigen wird und am 15. Oktober in die Ratsversammlung kommt: Zum Schuljahresbeginn 2015/2016 muss zwingend eine neue zweizügige Grundschule eröffnet werden. Das Verschieben von Grundschuleinzugsbereichen hilft nicht mehr. Die Schule am Auwald ist voll, die am Adler auch. Und an der Erich-Zeigner-Schule müssen ab September 2014 schon mehr Kinder untergebracht werden, als eigentlich in die Schule passen.
Die Schule ist eigentlich schon seit dem letzten Schuljahr bis zur Schmerzgrenze belegt.
“Durch die Bildung von fünf ersten Klassen im Schuljahr 2013/14 in der Erich-Zeigner-Schule ist eine Überbelegung um zwei Klassen erreicht”, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. “In 2014/15 müssen voraussichtlich sieben Eingangsklassen in der Erich-Zeigner-Schule aufgenommen werden. Damit wird eine Belegung von 21 Klassen erreicht, was einer Fünfzügigkeit entspricht. Die Kapazität der Erich-Zeigner-Schule wird damit erheblich überschritten.”
Schon ab diesem Schuljahr. Die Entwicklung der Geburtenzahlen in Plagwitz hat Leipzigs Verwaltung völlig auf dem falschen Fuß erwischt. Man hatte die Schulkapazitäten auf der Grundlage von Prognosen von 2005 abgeschätzt und glaubte einfach fest daran, dass man auch noch genügend Zeit haben würde, den Schulcampus auf dem Jahrtausendfeld zu entwickeln, für den bis heute nicht mal eine Beschlussvorlage vorliegt.
Jetzt ist man geradezu überrollt von einer Entwicklung, die seit Jahren absehbar war. Die man sogar in der Vorlage sehr klar beschreibt: “Auf Grundlage der Bevölkerungsprognose 2009 erfolgte 2012 eine Überarbeitung der Fortschreibung der Schulnetzplanung. Aus der genannten Prognose heraus wird für das relevante Gebiet seit 2010 ein erheblich stärkerer Anstieg der Kinderzahlen ausgewiesen, als vormals angenommen.”
2010? Das war vor vier Jahren.”In den letzten Jahren hat in den Ortsteilen Plagwitz und Schleußig eine äußerst rasante Entwicklung stattgefunden. Hier sind durch Zwischenbebauungen und Sanierung alter Wohnbestände sowie einer gesamten Aufwertung des Gebietes lukrative Wohngebiete entstanden, die sehr stark von Eltern mit Kindern angenommen werden. Bedeutend ist, dass sich dieser starke Zuzug besonders gravierend im Schulbezirk der Erich-Zeigner-Schule auswirkt.”
Im Ergebnis platzt die Erich-Zeigner-Schule aus allen Nähten. Die Entscheidung, 2011 nicht den ganzen Schulkomplex zu sanieren, erweist sich als Bumerang.
Andererseits sind die Planungsvorläufe für Schulbauten sehr lang. Und ohne Fördergelder aus Dresden geht bekanntlich gar nichts. Erst seit diesem Jahr kommt Leipzig ja tatsächlich in den Genuss einer Schulbauförderung, wie sie für die anderen sächsischen Landesteile vorher schon die Norm war. Der gewaltige Rückstau von Bau- und Sanierungsvorhaben macht sich jetzt mitten im Ansturm der Kinder auf die Grundschulen bemerkbar.
2011 hätte man einfach weiterbauen müssen. “Die Erich-Zeigner-Schule im Gebäudeteil Erich-Zeigner-Allee wurde bis 2011 vierzügig (16 Klassen) saniert. Im Gebäudeteil Weißenfelser Straße 13, welcher direkt mit dem Gebäudeteil Erich-Zeigner-Allee verbunden ist, erfolgte keine Sanierung, da wie im Schulnetzplan 2006 beschrieben, diese Notwendigkeit nicht gesehen wurde”, heißt es ein bisschen verschämt in der Vorlage. “In diesem Gebäudeteil kann, unter Beachtung der Doppelnutzung aller Räume durch Schule und Hort, eine zweizügige Grundschule mit Hort eingerichtet werden. Da eine innere bauliche Abtrennung zwischen beiden Schulen nicht möglich ist, wird der Hort der neuen Schule in der räumlichen Nutzung grundsätzlich in Gemeinsamkeit mit dem Hort der Erich-Zeigner-Schule agieren.”
2013 hat dann der Stadtrat beschlossen, das Gebäude für 3,2 Millionen Euro zu sanieren. Das soll bis Dezember 2014 eigentlich passiert sein.
2015 wird in der Weißenfelser Straße 13 dann die neue Grundschule eingerichtet. Zweizügig. Mehr passt auch da nicht hinein. Und auch das ist nur eine Übergangsvariante, denn die Schülerzahlen im Schulbezirk werden weiter steigen. Mindestens bis 2019. Schon 2017 reicht auch diese neue Grundschule nicht mehr aus.
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“Für den im gesamten Gebiet prognostizierten Bedarf an Grundschulplätzen reichen auch die Kapazitäten der Erich-Zeigner-Schule sowie der neuen zweizügigen Grundschule nicht aus”, heißt es sehr deutlich in der Vorlage. “Alle Grundschulen sind bis an ihre Grenzen und darüber hinaus belegt. Eine weitere Verschärfung der Situation wird eintreten. Insofern ist der Neubau einer vierzügigen Grundschule am Jahrtausendfeld dringend notwendig. Die Bereitstellung dieser Kapazitäten muss zum Schuljahr 2016/17, spätestens jedoch zum Schuljahr 2017/18 erfolgen.”
Was einen neuen Druckpunkt setzt: Wann kommt die Vorlage zu dieser Schule auf dem Jahrtausendfeld endlich in den Stadtrat? Denn Planung, Fördergeldbeantragung und Bau dauern ja bekanntlich. Im Grunde müsste spätestens im Frühjahr 2015 losgebaut werden, damit die Schule rechtzeitig fertig wird.
Die Grundschule in der Weißenfelser Straße soll unter dem Arbeitstitel “Schule Weißenfelser Straße” gegründet werden und hat denselben Schulbezirk wie die Erich-Zeigner-Schule. Einen Namen soll sich dann die Schulkonferenz ausdenken. Es fehlt eigentlich nur noch die Zustimmung des Stadtrates. Und natürlich die des Kultusministeriums.
Nachtrag 7. August: Nach Auskunft des Amtes für Familie, Jugend, Bildung sollen die für 3,2 Millionen Euro beschlossenen Sanierungsarbeiten in der Weißenfelser Straße 13 im Dezember 2014 abgeschlossen sein.
Die Vorlage der Stadt: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/D61AAFC8BB0C930DC1257D20002D68F1/$FILE/V-ds-3996-text.pdf
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