Der Finanzminister hat die Vorgabe gemacht, die Wissenschaftsministerin hat die Anweisung gegeben. Umsetzen aber müssen die Streichung von 1.042 Dozentenstellen die Hochschulleitungen selbst. Und kommen dabei nicht nur in Handlungszwänge, sondern auch in Erklärungsnot: Wie erklärt man die Abschaffung von Studienfächern, die völlig überlaufen sind und die man selbst gar nicht abschaffen will? - Und dann gibt's noch empörte Briefe der Betroffenen.
Diesmal sind es Doktoranden des Instituts für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig, die sich in einem Offenem Brief an Uni-Rektorin Beate Schücking wenden. Fünf Monate nach der Bekanntgabe der Stellenkürzungen am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig rufen die Doktoranden des Instituts Rektorin Beate Schücking in einem Offenen Brief auf, sich vor ihre Universität und an die Seite ihrer Mitglieder und Angehörigen zu stellen.
Die Doktoranden machen in ihrem Schreiben darauf aufmerksam, dass die Umsetzung der Kürzungsforderungen der Sächsischen Landesregierung durch das Rektorat und das dabei in Kauf genommene Fächersterben von einem Rechtfertigungsprozess begleitet wird, welcher der Öffentlichkeit Scheinargumente für die Schließung des Instituts für Theaterwissenschaft anbietet. Nach dem Pensionsalter der betreffenden LehrstuhlinhaberInnen, den Drittmitteln, der Beteiligung an den Profillinien und einem Benchmarking dienen nun neuerdings die Anzahl der Promotionen als Rechtfertigung dafür, dass der einzige Standort des Faches in den neuen Bundesländern aufgegeben werden soll.
Die Argumentation des Rektorats verhindere eine öffentliche Auseinandersetzung über die Bedeutung geisteswissenschaftlicher Forschung an der Universität und verschleiere, dass innerhalb des Qualitätsmanagements zunehmend mehr Gewicht auf die Quantität statt auf die Qualität universitärer Forschung und Lehre gelegt werde, stellen sie in ihrem Brief fest. Während der Druck, wissenschaftlichen “Output” zu generieren, stetig steige, erlitten die Qualitätskriterien geisteswissenschaftlicher Forschung einen fortschreitenden Bedeutungsverlust.
Da der geplante Stellenabbau allein haushaltspolitischen Zielen folge, liege das Fächersterben nicht in wissenschaftlichen Qualitätskriterien oder der gesellschaftlichen Relevanz einzelner universitärer Disziplinen begründet, stellen die Doktoranden fest. Erst wenn dies offengelegt werde, könne eine konstruktive, sich nicht in Scheinargumenten erschöpfende Diskussion um die Zukunft der Universität Leipzig geführt werden.
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Aktuell ist eine Zukunftsdiskussion gar nicht möglich, denn die Universitätsleitung ist nur damit beschäftigt, die nächste Einsparmöglichkeit zu finden, die der Universität nicht ganz so sehr weh tut wie andere. Es ist die Landesregierung, die gern von Hochschulexzellenz schwadroniert – selbst aber den Mumm nicht hat zu bestimmen, welche Studienfächer amputiert werden sollen.
Die Doktoranden fordern Beate Schücking deshalb auf, hierzu beizutragen, indem sie die Entscheidungsprozesse transparent und die Verhandlungen der Hochschulöffentlichkeit zugänglich macht. Sie fordern die Rektorin auch ausdrücklich auf, ihren Entschluss zurückzunehmen, den Kürzungsforderungen der Landesregierung – auf Kosten ganzer Institute – Folge zu leisten.
Der Offene Brief, der zudem von Promovierten des Instituts für Theaterwissenschaft Leipzig unterzeichnet wurde, wird am 17. Juni anlässlich der 18. Leipziger Promotionsvorträge öffentlich verlesen. Die Promotionsvorträge sind in diesem Semester den von den Kürzungen betroffenen Instituten gewidmet.
Termin: 18. Leipziger Promotionsvorträge – Die langen Nächte des Untergangs, Dienstag, 17. Juni, 18:30 Uhr: Straßenperformance “GKOmmen, um zu bleiben” Studierende des Instituts für Theaterwissenschaft und der Archäologie, Institut für Theaterwissenschaft, Eingang Ritterstraße 16 19 Uhr: Der Tanz auf dem Vulkan, Promotionsvorträge im Hörsaal des Instituts für Klassische Archäologie (Ritterstraße 14).
Der Offene Brief der Doktoranden des Instituts für Theaterwissenschaft Leipzig als PDF zum download.
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