Am Dienstag, 6. Mai, vermeldete die Stadtverwaltung direkt aus der Dienstberatung des OBM: Die Schule Thonberg, Förderschule für geistig Behinderte, soll ein eigenes Gebäude in der Hainbuchenstraße 13 in Leipzig-Paunsdorf bekommen. Bislang befindet sich die Schule am Schulstandort Riebeckstraße 50, den sie gemeinsam mit der 77. Schule (Grundschule) nutzt.

Im Gebäude Hainbuchenstraße 13, das die Förderschule künftig beherbergen soll, befand sich früher die ehemalige Heinrich-Heine-Schule.

Der Planungsbeschluss, der am 6. Mai von Oberbürgermeister Burkhard Jung in seiner Dienstberatung auf Vorschlag von Bürgermeister Thomas Fabian bestätigt wurde, soll nun die notwendigen Voraussetzungen zur Reaktivierung des derzeit leer stehenden Gebäudes in der Hainbuchenstraße 13 schaffen. Über den Umzug der Schule Thonberg soll aber erst mit einer gesonderten Vorlage im Stadtrat entschieden werden. Man will also schon mal losbauen, ohne zu wissen, dass der Stadtrat dem Umzug überhaupt zustimmt.

“Mit dem Umzug der Schule Thonberg an einen neuen Schulstandort werden ihre räumlichen Bedingungen verbessert und die Grundlage für die inhaltliche Weiterentwicklung dieser Förderschule gelegt”, betont Bürgermeister Thomas Fabian (SPD) das Anliegen. Es sei geplant, einen Gebäudeteil für die zweizügige Förderschule mit einer perspektivischen Erweiterung herzurichten. Am neuen Schulstandort sei es dann auch möglich, in einem ersten Schritt das notwendige Fachraumangebot für die Förderschule zu verbessern. Das Gebäude soll außerdem barrierefrei umgebaut werden. Die Planungskosten belaufen sich auf rund 80.000 Euro. Auf Grundlage dieser Planung soll der Fördermittelantrag gestellt werden. Die Gesamtinvestition ist mit rund 2 Millionen Euro geplant. Der Zeitraum der Baumaßnahme ist für April 2015 bis Februar 2016 vorgesehen.

Aber postwendend gab’s am Mittwoch, 7. Mai, geharnischten Protest direkt aus der SPD.

“Der von der Verwaltung gefasste Planungsbeschluss, die Förderschule Thonberg nach Paunsdorf in den Leipziger Osten umziehen zu lassen, ist nicht sinnvoll und greift inhaltlich deutlich zu kurz”, erklärte Hassan Soilihi Mzé, Stadtratskandidat der SPD für den Wahlkreis Leipzig-Südost. “Sicher ist es richtig, wenn die Verwaltung davon ausgeht, dass sich mit dem Umzug an den neuen Standort die räumlichen Bedingungen für die Schule verbessern würden. Allerdings kann das nur für die baulichen, nicht die sozialräumlichen Bedingungen gelten.”

Die Förderschule sei seit 1991 in Reudnitz-Thonberg fest verankert und bereite ihre Schülerinnen und Schüler – junge Menschen mit geistiger Behinderung – auf ein eigenverantwortlich geführtes Leben vor.

“Verankert sein bedeutet in dem Zusammenhang auch, dass die Kinder und Jugendlichen vom Umfeld akzeptiert werden. Nach wie vor keine Selbstverständlichkeit, beim Umgang mit Menschen mit Behinderungen”, stellt Soilihi Mzé fest. “Mit dem nunmehr geplanten Umzug würde das in Reudnitz-Thonberg über 23 Jahre hinweg gewachsene Miteinander aufgebrochen und müsste anschließend in Paunsdorf völlig neu aufgebaut werden. Das ist weder gut für die Schülerinnen und Schüler noch für die Förderschule als etablierte, Inklusion ermöglichende Bildungseinrichtung. – Aus meiner Sicht ist es deshalb sinnvoll, nach Standortalternativen vor Ort – wie z. B. der leergezogenen Kinderklinik in der Oststraße – zu suchen und diese kritisch unter Einbezug von Eltern und Lehrkräften auf ihre Eignung hin zu prüfen. Ich spreche mich für einen Standorterhalt der Förderschule Thonberg im Südosten aus und werde entsprechende Bemühungen unterstützen.”Und Protest gab es auch direkt aus dem Stadtelternrat.

“Der von der Leipziger Verwaltung gefasste Beschluss, die Förderschule Thonberg nach Paunsdorf in den äußeren Leipziger Osten in ein eigenes Gebäude umziehen zu lassen, ist völlig zu kurz gedacht und wird den Nutzern dieser Schule nicht gerecht”, sagt Andreas Geisler, Sprecher des Stadtelternrates und auch Stadtratskandidat der SPD im Wahlkreis 8. “Möglicherweise könnten die räumlichen Bedingungen für die Schule nach dem Umzug besser werden, wobei man dazu auch ordentlich Geld in die Hand nehmen müsste, und sicher anerkennen auch wir die Probleme der Stadt bei der Versorgung mit Grundschulplätzen gerade in diesem Gebiet. – Aber eine Förderschule, welche die Kinder auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben vorbereiten soll, braucht besonders die Verankerung im Ortsteil, braucht Kontakte und gemeinsame Aktionen mit den Menschen und Einrichtungen im Umfeld. Das was in fast 24 Jahren dort an Miteinander und Verstehen aufgebaut wurde, würde mit dem Umzug unwiderbringlich zerstört bzw. müsste am neuen Standort wieder über Jahre mühsam entwickelt werden.”

So nebenbei also auch ein Aspekt der viel diskutierten Inklusion.

Jetzt aber soll es auf einmal holterdipolter gehen, ohne dass Verband und Stadtrat überhaupt zu Rate gezogen wurden. Das geht so nicht, findet auch Detlef Stieber, Vorsitzender des Arbeitskreises Förderschulen im Stadtelternrat. “Im letzten Schulnetzplan steht klar, die Schule verbleibt am Ort und seit Jahren verschleppt man die Suche nach durchaus möglichen Alternativen im Umfeld wie die Schulkonferenz in ihrer einstimmig gefassten Ablehnung, mit ausführlicher Begründung und dem Aufzeigen von anderen möglichen Lösungsansätzen vor Ort, beschrieben hat. Auch der Elternrat der Schule hat eine sehr ausführliche Ablehnung formuliert und Beides können wir Ihnen auf Nachfrage gerne zur Verfügung stellen lassen.”

Er betont: “Der SER Leipzig favorisiert einen Erhalt am Standort und spricht sich für eine sehr wohlwollende Prüfung der beschriebenen Lösungsansätze aus. Und die Stadtverwaltung möge bitte mal anfangen zu prüfen, was möglich ist, und nicht immer nur erzählen was nicht geht! – Die Schüler sollten nicht darunter leiden, dass die Stadt Leipzig in ihren Planungen für Grundschulen und vor allem in ihren Baumaßnahmen für Schulen immer zu spät kommt. Und auch Förderschulen gehören mitten in diese bunte Stadt gerade auch deshalb, weil in Sachsen die Inklusion sehr schleppend voran kommt und alle Schüler von einem besseren Miteinander profitieren könnten. Lassen Sie uns alle gemeinsam dafür sorgen, dass diese Stadt endlich gut ausgestattete moderne Schulen in ausreichendem Maße bereithalten kann und auf dem Weg dahin die späteren Nutzer und die Eltern in ihre Planungen frühzeitig mit einbezieht.”

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