Die Theaterwissenschaftler stehen aktuell bei der anstehenden Kürzungsrunde an der Universität Leipzig medial im Mittelpunkt. Das liegt auch ein wenig am Metier. Doch was auf dieses Institut zutrifft, stimmt so auch für die anderen betroffenen Institute wie etwa die Archäologie: Hier stehen wichtige Teile der Leipziger Universität zur Disposition, die auch in ihrer scheinbaren Marginalität zur Attraktivität der Universität beitragen.

Am 12. Dezember hatte das Rektorat der Universität Leipzig darüber beraten, welche Glieder der Alma Mater Lipsiensis nun dem Sächsischen Wissenschaftsministerium zur Amputation vorgeschlagen werden sollen. Denn eine Logik für die von Sabine von Schorlemer angewiesenen Stellenstreichungen gibt es nicht. Es gibt keinen Plan des Landes Sachsen, die Hochschullandschaft zu fokussieren. Die Studierendenzahlen sind seit Jahren hoch und liegen um 21 Prozent über den Prognosen, auf die das Wissenschaftsministerium seine Kürzungsanweisungen aufgebaut hat. Und auch die zur Streichung vorgeschlagenen Studiengänge verzeichnen Jahr für Jahr mehr Bewerbungen, als überhaupt Plätze angeboten werden können.

Das trifft auch auf die Klassische Archäologie an der Uni Leipzig zu.Am 30. Januar – einen Tag nach den Theaterwissenschaftlern – trafen sich auch die Archäologen zur Vollversammlung, um über die Streichungspläne zu beraten, die an der Universität Leipzig diesmal 24 Stellen betrifft.

In der Fakultät für Geschichte, Kunst und Orientwissenschaften trifft es diesmal acht Stellen, davon drei im Institut für Klassische Archäologie und fünf weitere im Institut für Theaterwissenschaft. Damit stehen diese renommierten und traditionsreichen Institute vor dem vollständigen Aus. Der irrationale und dennoch vom Rektorat konsequent durchgesetzte Stellenabbau führe zu einem inakzeptablen Verlust im geisteswissenschaftlichen Sektor der Universität Leipzig, stellt der Fachschaftsrat der Archäologie in einer Pressemitteilung dazu fest. “Dieser stellt die Studierenden der betroffenen Fächer, aber auch die der unmittelbaren Nachbardisziplinen vor einschneidende Probleme in der Durchführung ihres Studiums.”

Der Studiengang “Archäologie der Alten Welt” ist in Sachsen einzigartig und stellt damit ein Alleinstellungsmerkmal der Universität Leipzig dar. Er wird gebildet vom Institut für Klassische Archäologie und dem Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte des Historischen Seminars. Mit der vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst verordneten Maßnahme wird die einzige Möglichkeit, angehende Archäologinnen und Archäologen der verschiedenen Ausrichtungen in Sachsen auszubilden, eliminiert.Am Institut für Klassische Archäologie sind die Stellen von Prof. Dr. Hans-Ulrich Cain, Institutsleiter und Direktor des Antikenmuseum zum 30. September 2017, die des Assistenten Dr. Martin Tombrägel zum 30. September 2014, die des Wissenschaftlichen Mitarbeiters Dr. Jörn Lang zum 31. März 2014 und die der Betreuerin des Antikenmuseums Monika Schmidt zum 31. Mai 2015 zur Streichung angesetzt.

“Wie kann sich gleichzeitig der Freistaat Sachsen der Eröffnung eines 16 Millionen Euro schweren Archäologischen Landesmuseums rühmen, wenn die Ausbildung der WissenschaftlerInnen nicht einmal im eigenen Bundesland erfolgt, sondern der Nachwuchs nach Sachsen-Anhalt abgeschoben wird?!”, fragt der Fachschaftsrat. Es ist ganz ähnlich wie bei den Pharmazeuten, die als erste unter das Kürzungsdiktat der sächsischen Wissenschaftsministerin fielen: Mit Verweis auf die Ausbildung an der Hallenser Universität glaubt man, zumindest einen Komplettverlust des Studiengangs in der Region kompensieren zu können.

“Entgegen der Schätzungen, die dem aktuellen Spardiktat zugrunde liegen, sind der Freistaat Sachsen, die Universität Leipzig und ganz besonders unser Studiengang bei Studienanfängern beliebter denn je. Schon allein deswegen ist die Schließung des Institutes alarmierend und völlig widersinnig. Darum stellen wir der Landesregierung die Frage, warum sie stur an ihren auf falschen Prognosen basierenden Kürzungen festhält und nicht auf die tatsächlichen Entwicklungen reagiert?!”, fragt der Fachschaftsrat.

Auch die Universitätsleitung in Leipzig müsse zugeben, dass es keine nachvollziehbare Begründung für die Schließungen gebe. “Trotzdem nutzt sie diensteifrig das altersbedingte Ausscheiden von Lehrenden an der Fakultät für Geschichte, Kunst und Orientwissenschaften als Mittel für Kürzungen. So wird die geisteswissenschaftliche Vielfalt beseitigt, die die Universität Leipzig bislang ausgezeichnet hat, die aber anscheinend nicht mehr in das heutige Profil einer ‘Volluniversität’ passt”, benennen Julia Bartling, Julika Steglich, Henry Gärtner, Kristin Opitz und Gina Fuckner als Vertreterinnen des Fachschaftsrates der Archäologie ein Grundproblem der aktuellen Haltung der sächsischen Landesregierung, die praktisch nur noch wirtschaftsnahe Studiengänge für zukunftsfähig hält, die breite bürgerliche und humanistische Bildung aber zum Abschuss freigibt. Als könne eine Gesellschaft mit der reinen Fixierung auf Effizienz, Produktivität und Profit überleben.

Julia Bartling, Sprecherin des Fachschaftsrates der Archäologie: “Uns Studierenden ist es wichtig, dass der Studiengang erhalten bleibt. Warum wird an der Zukunft gespart und die Kultur und die Bildung auf ein unerträgliches Maß gekürzt? Wir haben jedenfalls nicht vor, die Schließung unseres Instituts kampflos hinzunehmen!”

Der Blog der Leipziger Archäologen: ausgraben.wordpress.com

Das Institut und das ihm angegliederte Antikenmuseum: www.uni-leipzig.de/antik/index.php

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