Wenn ein Thema sichtbar macht, wie dringend eine abgestimmte Hochschulpolitik zwischen den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist, dann sind es die wilden und unabgestimmten Kürzungsorgien, die derzeit alle drei Hochschullandschaften rasieren. Dabei riskieren die zuständigen Wissenschaftsminister sogar den Komplettverlust ganzer Studiengänge in Mitteldeutschland. Obwohl es - wie in der Pharmazie - einen Bewerberansturm gibt.
Verschiedene Fraktionen im Sächsischen Landtag haben das Thema der zur Streichung vorgesehenen Pharmazieausbildung an der Universität Leipzig nun schon thematisiert, auch die zuständige Wissenschaftsministerin genervt. Aber wer aus dem sächsischen Wissenschaftsministerium so etwas wie eine abgestimmte Strategie oder eine Schwerpunktsetzung erwartet, der irrt.
Auch der Linke-Abgeordnete Prof. Dr. Gerhard Besier biss wieder einmal auf Granit. Er hatte eine Kleine Anfrage (Drucksache 5/13153) zur geplanten Schließung des Pharmazie-Studiengangs an der Universität Leipzig gestellt. Und erfuhr nun aus der Antwort von Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer, dass noch immer keine Lösung dieses Problems in Sicht ist.
“Zum Wintersemester 2013/2014 gab es insgesamt 1.015 Bewerbungen um einen der 36 Pharmazie-Studienplätze in Leipzig. Selbst, wenn man die in dieser Zahl naturgemäß enthaltenen Mehrfachbewerbungen außer Acht lässt, zeigt sich ein erheblicher Nachfrageüberhang”, stellt der wissenschafts- und hochschulpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag fest. “Das steht im Widerspruch zum von der Staatsregierung sonst gern vorgebrachten Mantra, mangelhaft ausgelastete Angebote könnten prioritär eingespart werden. Stattdessen will man einen stark nachgefragten Studiengang offenbar systematisch austrocknen. Bereits zum laufenden Wintersemester war die Zahl der Studienplätze laut Sächsischer Zulassungszahlenverordnung um 20 Prozent reduziert worden. Die Staatsregierung verweist zur Begründung scheinheilig auf ‘verringerte Kapazitäten für die Ausbildung im Studiengang Pharmazie’, ganz so, als ob sie daran gänzlich unschuldig sei. De facto zwingt sie die Universität Leipzig jedoch, die Pharmazie dem allgemeinen Sparzwang zu opfern.”Und diesen Zwang bestimmt nicht das Wissenschaftsministerium, schon gar nicht inhaltlich, sondern der Finanzminister, der Jahr um Jahr die Haushalte so knapp rechnet, dass kaum ein Ministerium überhaupt noch Bewegungsfreiheit hat. Dass er dann ein halbes Jahr später schon dreistellige Millionen-Überschüsse “erwirtschaftet”, scheint im Kabinett nicht einmal leichte Unmutserscheinungen auszulösen. Von einem Wunsch nach einer zukunftsfähigen Gestaltung ihrer Ressorts scheinen die meisten Minister Lichtjahre weit entfernt zu sein.
Und was die Wissenschaftsministerin aus ihrer Elfenbeinturm-Perspektive als unverhandelbar betrachtet, findet auf Hochschulebene keinen Widerhall. Warum auch? Der Studiengang wird ja nicht gestrichen, weil Sachsen keine Pharmazeuten mehr braucht. Er wurde von der Universität nur vorgeschlagen, weil eventuell die benachbarte Universität in Halle/Saale zur Not einspringen könnte. Nur kann man das nicht von Leipzig aus anweisen – dazu müssen sich die zuständigen Wissenschaftsminister zusammensetzen.
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“Der zuständige Fakultätsrat der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie hat sich wiederholt einstimmig dagegen entschieden, die Pharmazie-Ausbildung seinem in § 88 Abs. 1 SächsHSFG festgeschriebenen Recht gemäß zur Schließung vorzuschlagen. Auch das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz bleibt bei seinem Veto”, benennt Gerhard Besier den tiefen Graben, der sich selbst durch die Dresdner Ministerriege zieht. Sozialministerin Christine Clauß (CDU) sieht sehr wohl, dass der Freistaat auch in den kommenden Jahren genug ausgebildete Pharmazeuten braucht.
Gerhard Besier: “Der Verhandlungsstand zur Zielvereinbarung zwischen Wissenschaftsministerium und Universität Leipzig sieht bislang vor, dass sich die Universität Leipzig dazu verpflichten soll, ‘eine verbindliche Abstimmung zur Pharmazie im Universitätsverbund mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Friedrich-Schiller-Universität Jena’ herbeizuführen. Die Hochschulen der benachbarten Bundesländer sollen offenbar die Löcher stopfen, die Schwarz-Gelb in die sächsische Hochschullandschaft reißt. Ob sie das können, darf bezweifelt werden: Allein an der Uni Jena sollen 125 Vollzeitstellen gestrichen werden. Die Regierung von Sachsen-Anhalt plant ebenfalls Einschnitte im Hochschulbereich. Die Staatsregierung jagt einer Schimäre nach, wenn sie darauf setzt, dass die Nachbarbundesländer Probleme der sächsischen Hochschullandschaft lösen werden – das kann sie nur selbst, und auch im Falle der Pharmazie in Leipzig sollte sie das schnell tun.”
Die Kleine Anfrage von Besier und die Antworten von Sabine von Schorlemer: http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=13153&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=202
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