Über die Kürzungspolitik des sächsischen Hochschulministeriums ist eigentlich alles gesagt. Sachsens Hochschulen vermeldeten auch 2013 einen neuen Bewerberrekord - doch die sächsische Regierung drückt ihre Kürzungen weiter durch. Studiengänge werden gestrichen. Professorenstellen werden nicht mehr besetzt. Und Universitäten wie die in Leipzig müssen unter dem finanziellen Druck die Anmeldezahlen deutlich reduzieren.

Am Dienstag, 26. November, veröffentlichte das Statistische Bundesamt nun die neuen Zahlen zu Studienanfängern in allen 156 Bundesländern. Danach sank die Studienanfängerzahl in Sachsen gegenüber dem Vorjahr von 20.792 auf 20.117 (minus 3,2 Prozent). Aber das ist immer noch haushoch über der Zahl, die selbst die Kultusministerkonferenz noch Anfang 2012 für Sachsen prognostizierte. 13.139 waren das (berechnet auf die Studierenden aus Deutschland). Doch selbst diese (gegenüber der vorherigen Prognose schon erneute Prognose) hat das Sächsische Kultusministerium bislang ignoriert.

“Auch im Wintersemester 2013/14 hält das Hoch an Studierenden an und manifestiert den Studierendenberg an deutschen Hochschulen weiter. Es wird also Zeit, dass die sächsische Landespolitik auf die anhaltende Nachfrage reagiert und ihren Stellenkürzungskurs korrigiert”, fordert Holger Mann, Sprecher für Hochschule und Wissenschaft der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag. “Langsam müsste auch der letzte Abgeordnete aus den Reihen von CDU und FDP erkennen, dass der angenommene Rückgang nicht in dem Maße einsetzt, wie er von der Staatsregierung prognostiziert wurde. Der leichte Rückgang in Sachsen um 650 Studienanfänger geht vor allem auf die Ausweitung von Zulassungsbeschränkungen zurück. Die Gesamtzahl der Studierenden ist dagegen nicht signifikant gesunken, sondern verbleibt bei 111.536 Studierenden. Zudem steigt die Studienanfängerquote weiter auf 57,5 Prozent im Bundesdurchschnitt.”

Doch was für eine Politik machen CDU und FDP in Sachsen überhaupt noch? Eine, die die Attraktivität des Bundeslandes auch für die nächsten Jahre bewahrt, jedenfalls nicht. Und Sachsen ist – anders als es die Regierung behauptet – nicht durch seine Wirtschaft attraktiv, sondern als Bildungsland. Die drei Großstädte vor allem profitieren vom Zuzug junger Leute in Ausbildung. Seit drei Jahren auch verstärkt aus den westlichen Bundesländern. Das wäre das Potenzial, mit dem man Sachsen modernisieren und wieder zu einem Wachstumsland machen könnte.Doch gerade beim Thema Bildung sind Sachsens Regierende wie von Blindheit geschlagen – nicht nur an den Hochschulen wird gekürzt, auch die allgemeinbildenden Schulen leiden unter der vom Finanzminister angewiesenen Sparwut, die wieder nichts mit der tatsächlichen Finanzlage des Freistaats zu tun hat – der produziert aus diesen Kürzungen jedes Jahr dreistellige Millionenüberschüsse.

“Die verfehlte Politik der sächsischen Hochschulentwicklungsplanungsplanung, die von deutlich niedrigeren Zahlen ausgeht und Stellenkürzungen vorsieht, muss daher endlich korrigiert werden, um Überlastsituationen abzubauen. Das Geld dafür steht zur Verfügung”, sagt Holger Mann. “Seit Jahren erfüllen die sächsischen Hochschulen die Kriterien des Hochschulpaktes. Und der Freistaat bekommt genau dafür erhebliche Finanzmittel vom Bund.”

Die SPD-Fraktion wolle sich weiter dafür einsetzen, dass der beschlossene Stellenabbau ausgesetzt wird, die Hochschulentwicklungsplanung angepasst wird und die Hochschulen endlich die umfänglichen Hochschulpaktmittel vom Bund erhalten, um gute Lehre abzusichern und weiterhin aktiv um Studierende zu werben, betont der SPD-Landtagsabgeordnete aus Leipzig. “Die schwarzgelbe Koalition hat im kommenden Wissenschaftsausschuss die Chance, unserem Antrag ?Hochschulpakt 2020 nutzen – Stellenkürzungen aussetzen – Hochschulentwicklungsplanung anpassen? (Drucksache 5/12290) zuzustimmen. Aufforderungen hierzu gab es bei der Anhörung zu diesem Antrag genügend.”

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Seit 2008 ist die Zahl der Studienanfänger in Deutschland um 28 Prozent angestiegen, von 397.000 auf nun erneut über 500.000 Studierende. Die am Dienstag bekannt gewordenen 507.000 Studienanfänger liegen zudem erneut deutlich über der gerade erst 2012 korrigierten Prognose der Kultusministerkonferenz. Die Ursache für die höheren Studierendenzahlen sind vor allem höhere Quoten an Abiturienten in allen Bundesländern. Auch in Sachsen. Doch statt dieser höheren Bewerberzahl auch ein adäquates Kontingent an Studienplätzen zur Verfügung zu stellen, greift Sachsen zur Schere. Und das, obwohl seit ungefähr 2005 jedes Jahr rund 20.000 Studienanfänger in Sachsen registriert werden, rund 6.000 mehr als prognostiziert. Und das wird sich auch bis 2020 nicht ändern.

Wobei auch die Kultusministerkonferenz ihren Teil Schuld am Dilemma trägt. In keiner einzigen Prognose hat sie die reale Zahl von 500.000 Studienanfängern auch nur tangiert. Selbst in ihren kühnsten Prognosen ging sie von maximal 400.000 aus, als würde die steigende Abiturientenquote nichts mit der Studierendenzahl zu tun haben.

Und noch etwas verschärft die Lage: Die völlig falsche Annahme der verantwortlichen Politiker, die meisten Studierenden würden nach sechs Semestern die Hochschulen mit dem Bachelor verlassen (mit dem sie in der Praxis wenig bis nichts anfangen können). Da die eigentlichen fachlichen Spezialisierungen erst im Masterstudium erworben werden, bleiben auch in Sachsen die jungen Leute im Schnitt fünf Jahre im Studium. Was für eine seit Jahren stabile Studierendenzahl von über 110.000 sorgt.

Die Prognosezahl der Kultusministerkonferenz: www.kmk.org/statistik/hochschule/statistische-veroeffentlichungen/vorausberechnung-der-studienanfaengerzahlen-2012-bis-2025.html

Oder direkt hier: www.kmk.org/fileadmin/pdf/Statistik/KomStat/Tabellenanhang.pdf

Die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes: www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2013/11/PD13_399_213.html

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