Zum Jahresende läuft die Förderung für Sozialarbeiterstellen aus dem so genannten Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung aus. In Sachsen hatte sich gerade dieses Projekt bewährt, denn es schafft für die Schüler genau dort wieder qualifizierte Unterstützung, wo das ausgedünnte Lehrpersonal nicht mehr zur Verfügung steht. Aber die Kommunen können den Verlust des Projekts nicht allein auffangen. Jetzt appellieren Stadtelternrat und Kreiselternräte an die politischen Instanzen.

Insbesondere appellieren sie an die sächsischen Landespolitiker, die das Volk nun seit einigen Jahren mit immer neuen schönen Notstandspaketen und Umtitulierungen beglücken, aber an der eigentlichen Misere des sächsischen Bildungssystems nichts ändern. Es fehlt überall an Lehrern. Und es fehlt an Ansprechpartnern für all jene Schülerinnen und Schüler, die auch noch ihre eigenen sozialen und persönlichen Probleme mit in die Schule bringen. Probleme, die für sie in der Regel nicht nur zu einem Lernhindernis werden, sondern den Bildungsweg grundsätzlich aufs Gleis ins Abseits bringen. Die hohen Schulabgängerquoten von Jugendlichen ohne Abschluss haben ihre Ursachen auch an dieser Stelle. Und dass die seit zwei Jahren eingesetzten Schulsozialarbeiter positive Resonanz erfuhren, zeigt auch, wie wichtig genau dieses Projekt war.

Doch die Kommunen können den Wegfall der Förderung nicht kompensieren. Leipzig zum Beispiel kann aus eigener Kraft nur noch Schulsozialarbeiterstellen an den Oberschulen finanzieren, die bis zur Umtitulierung in diesem Jahr noch Mittelschule hießen. Geändert hat sich am Inhalt dieser Schulen nicht wirklich viel. Wenn Leipzig aber selbst hier mit Schulsozialarbeiterstellen in Vorleistung geht, wird das wieder einem Kommunalhaushalt abgeknapst, der schon längst nicht mehr für die Gewährleistung des Notwendigsten reicht. Ob die Stadt 2014 überhaupt noch einen ausgeglichenen Haushalt zustande kriegt, ist noch völlig offen.

In dieser Woche nun verabschiedeten die Vorstände des Stadtelternrates Leipzig und der Kreiselternräte in der Region Leipzig eine Resolution an die Landespolitiker, die Schulsozialarbeit künftig fest im sächsischen Bildungssystem zu verankern.Hier ist sie:

“Schulsozialarbeit muss fester Bestandteil des sächsischen Bildungssystems werden!

Nach den zurzeit aufkommenden Diskussionen um Schulsozialarbeit möchten sich die SER-/KER-Vorstände der Region Leipzig wie folgt äußern. Der Freistaat Sachsen und damit die Staatsregierung hat in den letzten Jahren die Versorgung der Schulen mit Lehrern auf ein Minimum heruntergefahren, mit den allseits bekannten Auswüchsen von übergroßem Stundenausfall in Regionen oder einzelnen Schulen und durch den Abzug aller Lehrerstellen aus dem Ganztagesangebot (GTA). Wenn sich Sachsen rühmt deutschlandweit eine führende Rolle bei Ganztagesschulen einzunehmen, ist das einfach lächerlich. Einige Ganztagsangebote, durchgeführt durch bestimmt unglaublich bemühte Honorarkräfte, ersetzen nicht die Möglichkeit eine vollwertige Ganztagesschule zu besuchen. Festzustellen ist aber auch, dass immer mehr ‘besondere Kinder’ unsere Schulen besuchen. Dort ist ein anderer verbesserter Personalschlüssel und der Einsatz von planbarer, langfristig angelegter auf Vertrauen basierter Schulsozialarbeit ein Schlüssel im Kampf gegen die immer noch unsäglich hohe Quote von Schulabgängern ohne Abschluss.

Wir anerkennen die Bemühungen der Schulträger an, aus eigener Kraft Schulsozialarbeit zu ermöglichen. Wir wissen, dass der Freistaat Schulsozialarbeit in BSZs mit Berufsvorbereitungsjahren unterstützt und wir waren sehr positiv überrascht, als die Bundesregierung über das Bildungs- und Teilhabepaket mehr Schulsozialarbeit ermöglicht hat. Diese Schulsozialarbeiter haben einen tollen Beitrag zu guter Bildung an unseren Schulen geleistet.

Schulsozialarbeit muss nun dauerhafter Bestandteil des sächsischen Bildungssystems werden, dazu muss das Schulgesetz angepasst oder besser gleich komplett erneuert werden, was aus unserer Sicht schon längst überfällig ist. Politiker der verschiedenen Verantwortungsebenen sollten aufhören schöne Sonntagsreden zu halten oder gegenseitig mit dem Finger auf sich zu zeigen, sondern endlich Lösungen anbieten. Bund und Land können nicht immer mehr Aufgaben in die Kommunen verschieben, ohne die entsprechenden Mittel mitzuschicken. Das Leben findet in der Kommune statt und muss dort finanziell ermöglicht werden.

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Unsere Bildungspolitik muss von frühkindlicher Bildung bis zum Schulabschluss deutlich verbessert werden. Die Staatsregierung ist gefordert, inklusive Bildung für ALLE zu ermöglichen und einfache unterstützte Übergänge zu gestalten.

Solche Spielchen, wie die Kosten für ein Lernmittelurteil kleinzurechnen und nur 5 Mio. Euro im sächsischen Haushalt zur Verfügung zu stellen, obwohl es 30 Mio. Euro kostet, oder tolle Pressekonferenzen kurz vor Bundestagswahlen zur Rettung der Schulen im ländlichen Raum sollten der Vergangenheit angehören. Eltern wissen sehr wohl, ob Politiker wirklich Ahnung haben von den Problemen und an deren Veränderung arbeiten oder ob sich jemand mit platten Sprüchen profilieren will.

Und eins sollten unsere Politiker doch alle wissen, Schulsozialarbeit in Grundschule als Prävention eingesetzt ist immer noch viel billiger, als die Fehler dann viel später korrigieren zu müssen. Unsere Kinder haben es verdient, dass sie ein tolles Bildungssystem vorfinden, wo keiner auf der Strecke bleibt.

Mit freundlichen Grüßen im Auftrag der Vorstände der Kreiselternräte Nordsachsen und Landkreis Leipzig sowie des Stadtelternrates Leipzig.”

www.ser-leipzig.de

www.landkreis-nordsachsen.de/kreiselternrat.html

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