Darauf ein Alpenveilchen. Oder was bekommen Lehrer in Sachsen zum "Tag des Lehrers", der in diesem Jahr auf einen Samstag fällt? Nämlich den heutigen 5. Oktober. Vielleicht sind Sachsens Lehrerinnen und Lehrer auch ganz froh, dass sie heute keinen Schüler und keinen Vorgesetzten sehen müssen. Und Lehrer in anderen Bundesländern wohl auch. Das Image des Lehrers in Deutschland ist miserabel. Das belegte auch der "Teachers Status Index".

Über den berichtete “Spiegel Online” am 3. Oktober. 21 OECD-Länder wurden dazu untersucht. Es ging um Respekt, Vertrauen und Gehalt. Und die Bundesrepublik landete auf Rang 16 – weit hinter Ländern wie China, Griechenland oder Ägypten. Einige Ergebnisse seien nicht sehr objektiv, heißt es weiter.

Aber auch die Diskussion um die deutsche Bildungsmisere hat gezeigt, dass hinter den objektiven Fakten immer auch subjektive Einstellungen stecken. Denn es sind nicht nur die Schülerinnen und Schüler, die mit “Bauchgefühl” auf das reagieren, was ihnen in der Schule präsentiert wird. Und es sind wohl auch nicht die Lehrerinnen und Lehrer, die dafür sorgen, dass für ziemlich viele Schüler mit Handicaps dieses “Bauchgefühl” auch zum desaströsen Schulerlebnis wird.

Man kann Faktoren wie Respekt und Vertrauen vielleicht nicht objektiv messen (wobei man einigen Forschern durchaus zutrauen kann, dass sie es trotzdem mal schaffen). Aber diese Grundhaltungen beeinflussen nicht nur die Berufswahl Lehrer, sie beeinflussen auch die Einstellung von Eltern und Politikern. Sie beeinflussen auch die Haltung dazu, wieviele Ressourcen, wieviel Geld eine Gesellschaft der Bildung zur Verfügung stellt – oder ob das Bildungssystem behandelt wird wie ein Logistikunternehmen, bei dem es nur um das möglichst schnelle Durchschleusen von Päckchen geht.

Aber es ist ein Unterschied, ob ich die Arbeit eines fleißigen Päckchenzustellers bewerte oder die nun einmal hochkomplexe Arbeit von Lehrenden. Aber das Problem, da Unterschiede zu sehen (oder eben nicht sehen zu wollen), ist nicht neu.

“1994 rief der damals amtierende Generaldirektor der UNESCO, Federico Mayor, den Internationalen Tag des Lehrers auf der internationalen Bildungskonferenz in Genf ins Leben. Das hohe Engagement von Lehrerinnen und Lehrern soll damit honoriert und in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken”, schreibt das Statistische Landesamt zum Thema. Und geht flugs zu den Zahlen des sächsischen Bildungssystems über.”Für die rund 328.000 Schülerinnen und Schüler an den allgemeinbildenden Schulen im Freistaat Sachsen waren im Schuljahr 2012/13 insgesamt 28.076 voll- bzw. teilzeitbeschäftigte Lehrpersonen tätig. Dabei vermittelten 8.371 Lehrerinnen und Lehrer den Grundschülern die allgemeinen Grundkenntnisse. An den Mittelschulen unterrichteten 8.563 Lehrpersonen und an den Gymnasien 7.814. Die sächsischen Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinbildenden Förderschulen wurden von 3.202 voll- bzw. teilzeitbeschäftigten Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet und betreut. An den Freien Waldorfschulen waren es 126 voll- bzw. teilzeitbeschäftigte Lehrpersonen.”

Wie das Statistische Landesamt weiter mitteilt, waren 57 Prozent der Lehrpersonen im Schuljahr 2012/2013 in einer Vollzeitbeschäftigung. Von den 12.095 teilzeitbeschäftigten Lehrpersonen waren 87,7 Prozent Frauen. In einem Modell der Altersteilzeit befanden sich im vergangenen Schuljahr rund 1.300 Lehrpersonen, von denen knapp 83 Prozent die Freistellungsphase bereits erreicht hatten. Und: Das Durchschnittsalter der voll- bzw. teilzeitbeschäftigten Lehrpersonen lag
bei 49,6 Jahren.

Den kleinen Ausflug ins Vorjahr sparten sich die Statistiker lieber. Da wäre dann die Misere eines Landes sichtbar geworden, das sich dumm und dämlich spart. In diesem Fall: im wahrsten Sinn der Worte. Denn im Schuljahr davor waren noch 28.359 voll- bzw. teilzeitbeschäftigte Lehrerinnen und Lehrer beschäftigt gewesen. Und auch das waren schon “834 bzw. 3 Prozent weniger als ein Jahr zuvor und 3.325 bzw. 10 Prozent weniger als vor 5 Jahren.”

Und das, obwohl die Schülerzahl seit Jahren steigt. Die Kultusministerin braucht ja nur im Statistischen Landesamt anzurufen, wenn sie die Zahlen wissen will. Vielleicht tut sie es auch – wenn sie mit dem Finanzminister geredet hat, der ihr vorher gesagt hat, wieviel Lehrer er maximal bezahlen möchte. Auch das hat mit fehlendem Respekt zu tun: Bildung nicht nach den Notwendigkeiten zu bezahlen, sondern nach Kassenlage oder Spar-Ehrgeiz.

Und die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer, die die aufreißenden Löcher dann stopfen müssen (und es in immer mehr Fällen beim besten Willen nicht mehr können), spüren es. Und was fühlen dann eigentlich die Schüler dabei, wenn sie dieses demolierte System aus Ersatz, Notfallplänen und fliegender Vertretung erleben?

Und das Kunststück, das Kultusministerin und Finanzminister nun 2013 fertiggebracht haben, wird erst recht so Manchen zweifeln lassen: Obwohl mehr als genug Bewerbungen vorlagen, wurden wieder weniger eingestellt als gebraucht werden. Auch so kann man das Image eines Berufes, der zu den wichtigsten in einem Bildungsland gehört, zerstören.

Und parallel dazu überaltert die Lehrerschaft: Der Anteil der Pädagogen unter 40 Jahren, der 2003 noch bei 60 Prozent lag, ist auf 43 Prozent geschrumpft. Mehr als die Hälfte der Lehrerschaft – 52 Prozent – sind heute 50 Jahre und älter. Von den 28.000 Lehrerinnen und Lehrern geht also die Hälfte in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Oder muss gehen, weil die Gesundheit der Dauerbelastung nicht mehr standhält.

Das ist auch farblich schön dargestellt in der Meldung des Statistischen Landesamtes – in Grau und Warnrot: www.statistik.sachsen.de/download/200_Mi-2013/mi20013.pdf

Spiegel Online: “Weltweite Umfrage zu Status: Lehrer werden in Deutschland kaum respektiert”:
www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/weltweite-umfrage-deutsche-lehrer-werden-kaum-respektiert-a-925826.html

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