Werden "Freie Schulen immer beliebter", wie Dr. Eva-Maria Stange, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, meint? Leidet die "Attraktivität staatlicher Bildungseinrichtungen (...) unter verfehlter Bildungspolitik" in Sachsen? Oder verraten die Zahlen, die ihr die sächsische Kultusministerin Brunhild Kurth am 11. Juli gab, etwa anderes?
Seit 2007 steigt der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die eine freie, allgemeinbildende Schule in Sachsen besuchen, kontinuierlich an. Im Schuljahr 2012/13 lag dieser bereits bei 9 Prozent. Gegenüber 2007/08 (6,1 Prozent) stellt das einen 50-prozentigen Anstieg dar. Diese Zahlen gehen aus der Antwort von Brunhild Kurth auf die Kleine Anfrage (Drs. 5/12200) der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag hervor.
“Offensichtlich verlieren die staatlichen Schulen für Eltern und deren schulpflichtige Kinder zunehmend an Attraktivität”, interpretiert Eva-Maria Stange die Zahlen. “Eine Ursache liegt in der deutlichen Überfüllung der Klassen, die mit der Sorge nach unzureichender Förderung der Schüler verbunden ist. In den ländlichen Gebieten sind es vor allem die anhaltenden Schulschließungen, die in den vergangenen Jahren verstärkt zur Gründung von Schulen in freier Trägerschaft geführt haben. Schuld an dieser massiven Abwanderung aus den öffentlichen Schulen ist die rigide Schulpolitik der schwarz-gelben Landesregierung. CDU und FDP betreiben Bildungspolitik ohne Rücksicht auf die Belange der Eltern, Kinder und Schulträger zu nehmen. Besonders den Schulen werden kaum Möglichkeiten gelassen, auf veränderte Anforderungen wie z. B. die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern und den Einsatz von Schulsozialarbeitern eigenverantwortlich zu reagieren.”
Der Trend zur Abwanderung an Schulen in freier Trägerschaft sei ungebrochen und ereigne sich vor allem in den sächsischen Großstädten, stellt die SPD-Fraktion in ihrer Mitteilung zum Thema fest. Und ist damit eigentlich dem Kern des Problems wesentlich näher.
In Dresden besucht mittlerweile jeder fünfte Gymnasiast (21 %) eine freie Schule. Aufgeschlüsselt nach den Schularten ist in den Mittelschulen eine Verdoppelung der Schülerzahlen von knapp 3.700 (2007/08) auf mehr als 8.000 erkennbar. Auch an Grundschulen (von 5,7 auf 7,0 Prozent) und Gymnasien (7,2 auf 10,8 Prozent) lernen immer mehr Schülerinnen und Schüler an Bildungseinrichtungen, die sich in freier Trägerschaft befinden.
Aber der Blick auf Leipzig macht recht deutlich, dass es eher nicht um einen Wettlauf Freie gegen Öffentliche Träger geht. Denn der Geburtenzuwachs in Sachsen fokussiert sich im beschriebenen Zeitraum eben vor allem auf die drei Großstädte. Sie haben mit wachsenden Schülerzahlen zu kämpfen. Und da ist am Ende vielen Eltern sogar egal, in welcher Trägerschaft sich die Schule befindet – Hauptsache, das Kind wird an der Schule gut unterrichtet, sie ist nicht zu weit entfernt und die Atmosphäre stimmt. Es gibt auch in den Großstädten Schulen in öffentlicher Trägerschaft, die mit guter Arbeit bestechen.
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Das Problem der Großstädte und Leipzigs insbesondere ist: Es fehlt an verfügbaren Schulbauten. Das Leipziger Schulbauprogramm ist mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Jahre zu spät gestartet. Und waren viele öffentliche Schulen schon 2010 voll bis zum Kragenknopf, platzen einige – vor allem Grundschulen – mittlerweile aus den Nähten. Die Containerschule im Waldstraßenviertel ist ja mittlerweile schon ein “ganz alter Hut”.
Die Zahlen für die Jahrgänge 2009/2010, 2010/2011 und 2011/2012 zeigen es eigentlich recht deutlich.
Während vom Schuljahr 2009/2010 die Zahl der Schüler in Leipziger Schulen in freier Trägerschaft um 372 auf 4.503 wuchs, nahm die Zahl der Schüler in den öffentlichen Schulen um 1.134 auf 32.245 zu. Im nächsten Schuljahr war es praktisch dasselbe: Wuchs die Schülerzahl in den Freien Schulen um 286 auf 4.789, so wuchs sie an den staatlichen Schulen um 1.145 auf 33.390.
Man sieht regelrecht vor sich, wie sich in etlichen Klassen immer mehr Schüler drängen. Freilich stieg auch die Klassenzahl entsprechend an. Parallel dazu wurde die Sparpolitik bei den Lehrern fortgesetzt.
Viele Eltern werden einfach froh sein, dass es auch noch Freie Schulen gibt, die ihre Kinder aufnehmen können.
Die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage (Drs. 5/12200) als PDF zum download.
Die Statistik zur Anfrage als PDF zum download.
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