Eigentlich hat Dr. Eva-Maria Stange, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, nicht nur zum Programm zur "Unterrichtssicherung" in Sachsens Schulen gefragt. Das war erst der zweite Teil ihrer Anfrage an die sächsische Kultusministerin Brunhild Kurth. Im ersten ging es generell um Unterrichtsausfall im ersten Halbjahr 2012/2013. Auch dazu passt der Kommentar: "Die Zahlen sind erschreckend."
Aber den bezieht Eva-Maria Stange in diesem Fall auf die Ausfälle im Bereich der individuellen Förderung. Denn da die Lehrerinnen und Lehrer mittlerweile überall fehlen, werden die Pädagogen eben auch aus allen Bereichen abgezogen, wo es in Sachsen noch so etwas wie individuelle Förderung gibt.
“Die individuelle Förderung der Schüler und Schülerinnen kommt bereits mit dem Schulanfang deutlich zu kurz. Bereits in der 1. Klasse sind im ersten Halbjahr 2012/13 mehr als 16 Prozent des Anfangsunterrichts, der zur differenzierten Förderung in der Schuleingangsphase dient, ausgefallen”, stellt Stange nach Lesen des aktuellen Zahlenmaterials fest. “Jede 10. Stunde, die eigentlich für Förderunterricht in Klasse 5 und 6 an Mittelschulen und Gymnasien vorgesehen ist, fällt dem Lehrermangel zum Opfer. Ab dem Schuljahr 2013/14 sollen nach dem Willen von CDU und FDP in der ‘Oberschule’ (neuer Name für die Mittelschule) für ‘besonders leistungsbereite’ Schüler Leistungsgruppen mit je zwei Stunden eingeführt werden. Hier bleibt abzuwarten, ob dann mehr Förderung für die Schwachen oder mehr für die Starken ausfällt oder am Ende beides.”
9.000 Stunden von ca. 33.000 für die besondere Sprachförderung von Migrantenkinder (Deutsch als Zweitsprache) konnten nicht angeboten werden. liest sie aus dem Zahlenwerk heraus. “Diese Defizite verzögern die Bildungsprozesse oder machen sie teilweise unmöglich.”
Besonders dramatisch, so Stange, sei die fehlende, laut Stundentafel aber vorgesehene, individualisierte Förderung an den Förderschulen: Acht Prozent fallen planmäßig, also seit Beginn des Schuljahres und neun Prozent außerplanmäßig aus. “Damit werden die Schwächsten im Bildungssystem weiter abgehängt.”
Und der verwunderte Bürger erfährt, dass es in Sachsen sogar schon “planmäßigen Unterrichtsausfall” gibt.
Seit Beginn des Schuljahres wird verstärkt mit dem Einsatz von befristeten Beschäftigen – mit oder ohne pädagogische Qualifikation – versucht, die größten Lücken zu schließen. Monatlich sichern bis zu 100 Personen über Zeitverträge den Unterricht allein an den Grundschulen ab. Besonders in den Großstädten Dresden und Leipzig sei das ein besorgniserregendes Signal für die Unterversorgung der Schulen, so die Bildungsexpertin der SPD.
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“Die SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag fordert von der Landesregierung endlich zu erkennen, dass mehr Lehrereinstellungen bereits ab im kommenden Schuljahr erfolgen müssen. Die Förderung vor allem der schwächsten Schülerinnen und Schüler darf kein Opfer verfehlter Personalpolitik bleiben”, betont Eva-Maria Stange. “Jeder Schüler, der die Schule ohne anerkannten Schulabschluss verlässt, ist ein Verlust. Heute ist es bereits jeder 10. Schulabgänger. Da helfen auch keine Sondermaßnahmen ab Klasse 7 oder 8, wenn bereits der Anfangsunterricht und die Förderung der deutschen Sprache zu kurz kommen.”
Die Aufstellung zeigt auch, dass trotz aller Notpakete im ersten Halbjahr 318.160 Stunden ausgefallen sind – von 8 Millionen geplanten Schulstunden. Insgesamt also 4 Prozent. Darunter besonders viele Stunden in den zusätzlichen Angeboten.Oder in dem, was man so “Blütenfächer” nennt – wie Ethik (6,4 % Ausfall), Kunst (5 %), Musik (6,6 %) oder Sport (5,3 %). Sachsen ist tatsächlich auf den Weg zur Einheitsschule – einer einheitlich schlechten Schule für alle. Aber das scheint politisch ja gewollt zu sein.
Wenn man allein die gezählten Ausfallstunden nimmt, fehlten in Sachsen aktuell 300 Lehrerinnen und Lehrer. Da die geplanten Neueinstellungen 2013 nicht einmal den Abgang von Pädagogen in den Ruhestand und die wieder leicht gestiegene Schülerzahl ausgleichen, heißt das: Es geht 2014 munter so weiter.
Die Kleine Anfrage ?Unterrichtsausfall und Programm Unterrichtssicherung? (Drs.5/11768) ist unter folgendem Link abrufbar:
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=11768&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=2
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