Es klingt nach richtig viel Geld, wenn Torsten Bonew (CDU), Finanzbürgermeister der Stadt Leipzig, vom Schulinvestitionsprogramm Leipzigs spricht: 165 Millionen Euro für 95 Einzelprojekte hat der Stadtrat dafür im September 2012 bewilligt. Aber wirklich viel Geld ist das nicht: 24,6 Millionen Euro sind für das neue Gymnasium samt 3-Feld-Sporthalle an der Telemannstraße vorgesehen. Seit Montag, 25. Februar, sind die Wettbewerbsentwürfe ausgestellt.
Wer sie sehen will: Bis zum 8. März sind sie im 4. Obergeschoss des Neuen Rathauses im Ausstellungsbereich des Stadtplanungsamtes zu sehen. 23 Entwürfe aus einem Einladungswettbewerb, zu dem die Stadt 25 Büros angeschrieben hatte. Und die Ergebnisse haben alle Qualität, sagt Martin zur Nedden, der Planungsbürgermeister (SPD), der in den nächsten vier Jahren umsetzen muss, was sein Kollege vom Jugenddezernat, Thomas Fabian (SPD), braucht. Und fest steht auch: Das 1265-Millionen-Euro-Programm ist nur etwa ein Drittel dessen, was an Sanierungs- und Neubaustau aufgelaufen ist. Nach 2016 wird weitergebaut werden müssen. Denn dann kommen die wesentlich geburtenstärkeren Jahrgänge ab 2010 in die Schule.
Die unter dem Vorsitz von Prof. Frank Hausmann (Professur für Gebäudelehre und computergestütztes Entwerfen FH Aachen) tagende Jury, der als Vertreter der Stadt auch die Bürgermeister Martin zur Nedden, Thomas Fabian und Torsten Bonew angehörten, vergab nach intensiver Prüfung aller 23 eingereichten Arbeiten einen ersten, einen zweiten und einen dritten Preis sowie zwei Anerkennungen.
Den ersten Preis erkannte sie dem Berliner Büro Alten Architekten zu, der zweite Preis ging an das Stuttgarter Büro Drei Architekten, Haag Haffner Strohecker, und den dritten Preis erhielten Delia Bassin Architektin BDA u. h.e.i.z.Haus (Dresden). Die eine Anerkennung ging an die Arbeitsgemeinschaft R.B.Z., AG Zimmermann, AB Raum u. Bau GmbH (Dresden), die andere an Glück + Partner GmbH Freie Architekten BDA (Stuttgart).
Die Jury empfahl einstimmig den mit dem ersten Preis bedachten Entwurf des Büros Alten Architekten zur Weiterbearbeitung. Nach ihrem Urteil zeichnet er sich durch hohe funktionale Qualitäten aus. Er zeige in überzeugender Weise, dass es gelingen könne, ein zukunftsgerichtetes, anspruchsvolles pädagogisches Konzept in städtebaulich und architektonisch qualitätvoller Weise bei Einhaltung des herausfordernden Kostenrahmens umzusetzen.Der Siegerentwurf von Alten Architekten sieht einen relativ zentral auf dem Grundstück platzierten kompakten viergeschossigen Baukörper vor, der einen optischen Abschluss der Achse Schwägrichenstraße bildet. Die separat stehende Sporthalle nimmt die Straßenflucht der Telemannstraße auf.
Zur Nedden betonte auch die Schwierigkeit, bei diesem Neubau die städtebauliche Gestaltung des Umfeldes aufzunehmen. Eigentlich der Versuch, die Quadratur des Kreises zu finden. Denn als das Musikviertel hier vor über 100 Jahren bestand, war es in kompakter Bauweise geplant, die Traufhöhen waren klar definiert, die Schulen passten sich als echte Gründerzeitbauten ins Straßenbild ein. Doch dieser Teil des Musikviertels wurde in den Bombennächten 1944/1945 plattrasiert. In DDR-Zeiten wurden hier direkt an der Telemannstraße und der Grassistraße dominante Elfgeschosser in Plattenbauweise hingestellt.
Die Neubauten auf der Nordseite der Telemannstraße orientierten sich nach 1990 an der Villenbebaung der Ferdinand-Rhode-Straße. Wieder andere Raummaße nahmen die Neubauten auf der Ostseite des Pleißemühlgrabens auf – das Regierungspräsidium zum Beispiel. Das liegt dem neuen Schulgelände auf der Ostseite direkt gegenüber. Auf der Südseite liegt die Rennbahn im Scheibenholz.
Fast zwangsläufig ergab sich für die eingeladenen Architektenbüros die Aufgabe, einen relativ eigenständigen Schulcampus zu entwickeln, der gerade im Südbereich große Aufenthaltsflächen mit Baumbestand vorsieht. Denn man schaut von dort ja nicht nur Richtung Pleißemühlgraben. Dort fließt auch der Verkehr der B2 (in diesem Abschnitt Wundtstraße) vorbei, im Süden und Westen umfließt die Karl-Tauchnitz-Straße als Teil des Tangentenvierecks das Schulgelände. Die einzige ruhige Straße, an der die Schule geöffnet werden kann, ist die Telemannstraße. An der Ferdinand-Rhode-Straße liegen noch zwei Villen-Grundstücke zwischen Schule und Straße.Wer die Ausstellung besucht, wird einige wirklich faszinierende Entwürfe – mal in geschwungener Form, mal mit mehreren einzelnen Baugruppen auf dem Gelände, mal sogar als rundes UFO sehen. Aber die bestachen zwar durch ihre Ästhetik, konnten aber den wesentlichen Vorteil der drei am Ende preisgekürten Arbeiten nicht aufwiegen – ihre Kompaktheit. Ein Wort, das zur Ausstellungseröffnung auch Finanzbürgermeister Bonew genüsslich in den Mund nahm. “Da brauche ich mir um die Folgekosten keine Sorgen zu machen”, sagte er.
Denn die kompakten Baukörper ermöglichen nicht nur eine enge Verzahnung aller Lern-, Unterrichts- und Aufenthaltsbereiche für die 1.120 Schüler, sie gewährleisten auch eine multifunktionale Nutzung jener Bereiche, die man üblicherweise nur zum Passieren nutzt. Eins der Kriterien übrigens, die in dem Workshop erarbeitet wurden, der der eigentlichen Entwurfsphase vorausging. Und das Kompakte bietet natürlich die idealen Voraussetzungen zum Energiesparen.
Eine kleine Grüninsel schafft auch noch Distanz zur Telemannstraße. Die Sporthalle, die ihren Standort in Bezug auf die jetzt noch genutzte alte Sporthalle hin zur Ecke Telemannstraße / Karl-Tauchnitz-Straße verlagert, steht mit ihrer Front direkt an der Straße, ist aber von der Schule separiert. Denn hier war eine wesentliche Wettbewerbsbedingung, die Sporthalle auch für den Vereinsbetrieb nutzbar zu machen.
Auch das Stuttgarter Büro Drei Architekten, Haag Haffner Strohecker (2. Preis) wählte eine sehr kompakte Form von zwei ineinander verschränkten Baukörpern, die da stehen würden, wo beim 1. Preis die Sporthalle steht. Die Sporthalle würde dafür wieder an die Südecke des Areals rutschen. Aber man sieht auch hier, dass man sich in Stuttgart schon intensiv Gedanken gemacht hat über das, was moderne Lernorte sein müssten.Und der Entwurf von Delia Bassin Architektin BDA u. h.e.i.z.Haus (Dresden, 3. Preis) wirkt wie eine Verschmelzung der beiden anderen Entwürfe: ein kompakter Schulbau an der Telemannstraße – die Sporthalle im Süden.
Die Jury entschied sich auch recht einmütig, den 1. Preis auch zur Realisierung vorzuschlagen. Schulbürgermeister Thomas Fabian, der als Sachpreisrichter mitwirkte, hebt hervor: “Der für den ersten Platz ausgewählte Entwurf ist mit Blick auf die Gestaltung eines guten schulischen Alltags sehr vielversprechend. Besonders gilt das für die Idee, Lernen auch über den klassischen Unterricht hinaus zu ermöglichen. So sieht der Entwurf viele Lernorte außerhalb der Unterrichtsräume vor. Die räumliche Nähe von Speiseraum, Aula und Schulhof sowie die kompakte Gestaltung des Gebäudes werden zudem zu einem guten Gemeinschaftsgefühl am neuen Gymnasium Telemannstraße beitragen.”
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Der Neubau soll insgesamt 1.120 Schülerinnen und Schülern sowie rund 90 Lehrerinnen und Lehrern Platz bieten. Zu den Außenanlagen der neuen Schule werden ein Pausenhof sowie Stellplätze für PKW und Fahrräder gehören. Die neue Dreifeldhalle soll auch von Sportvereinen genutzt werden können. Die derzeit noch auf dem Grundstück befindliche alte Sporthalle wird abgerissen.
Jetzt kommen die üblichen Schritte, um den Architektenentwurf zur Baureife zu bringen. Erster Spatenstich, so Planungsbürgermeister Martin zur Nedden, könnte noch Ende 2013 sein, spätestens Anfang 2014. In Betrieb genommen werden soll die Schule zum Schuljahresbeginn 2016/2017. Am Geld soll’s nicht scheitern. “Das Geld ist in die mittelfristige Haushaltsplanung sowohl des Landes als auch der Stadt eingestellt”, sagt Bonew.
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