Wer regiert eigentlich in Sachsen? Nicht nur die Oppositionsparteien befürchten, dass es eigentlich der Finanzminister ist. Er gibt die Etats vor und die Kürzungspläne. Er verteilt, wenn am Jahresende auf einmal mehr Geld in der Kasse ist, in eigener Souveränität die Millionen. Und die anderen Ressortchefs sitzen die Probleme aus, die ihnen daraus erwachsen. Deswegen sehen auch Sachsens Studierende gar nicht mehr ein, warum sie jetzt eigentlich noch mit der Wissenschaftsministerin konferieren sollen.
Am Dienstag, 6. November, schickte die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften einen Brief direkt an Finanzminister Georg Unland. Der Grund ist simpel: Auch im Wintersemester stiegen sachsenweit wieder die Studierendenzahlen. Schon im Vorjahr hatte der Freistaat eine Rekordzahl von Studenten gezählt. Die Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer hatte es auch zur Kenntnis genommen.
Nur die von ihr angewiesene Kürzung der Professorenstellen, die sie im Herbst 2011 lancierte hatte, und die an der Uni Leipzig zum Beispiel die Streichung der Pharmazie zur Folge hatte, hat sie nicht zurückgenommen.
“Wir wenden uns an Sie, weil wir glauben, dass Ihnen als Finanzminister eine besondere Verantwortung zukommt, wenn es um die Ausgestaltung der Gegenwart und Zukunft dieses Landes geht. Zudem meinen wir, dass Sie als Professor und ehemaliger Rektor gerade für den Hochschulbereich und dessen Nöte eine besondere Sensibilität haben müssten”, schreiben die Vertreter der KSS an Finanzminister Georg Unland. “Aus diesem Grund wollen wir uns in den nächsten Tagen mit diesem und noch zwei weiteren offenen Briefen an Sie wenden, um Ihnen die drängenden Probleme in der Hochschulfinanzierung aus unserer Sicht zu erläutern. Wir hoffen, dass sie dadurch einsehen, weshalb viele Mitglieder der sächsischen Hochschulen sorgenvoll oder wütend in ihre Zukunft blicken. Denn leider sehen wir in der sächsischen Bildungspolitik der letzten Jahre recht wenig von dem, was wir uns wünschen würden. In diesem ersten Brief soll es um die geplanten Stellenkürzungen an den Hochschulen im Freistaat gehen.!”Schon 2013 soll das Kürzungsprogramm greifen: 200 Stellen sollen an den sächsischen Hochschulen wegfallen.
“Die Staatsregierung, der Sie als Finanzminister angehören, begründete diese Mittelkürzungen immer wieder mit dem Absinken der Studierendenzahlen. Doch wie sich über die letzten Jahre hinweg gezeigt hat, wird die Zahl der Studierenden in Sachsen einfach nicht geringer. Im Gegenteil, sie steigt sogar! Und dennoch hält die Staatsregierung weiter an ihren Plänen fest. – Herr Unland, wie soll das funktionieren: Mehr Studierende werden von weniger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelehrt, weniger Personal soll mehr Studierende in der Verwaltung und in den Bibliotheken betreuen?”
Die Studierenden schreiben von den steigenden Belastungen für Studierende und Lehrer, von prekären Beschäftigungsverhältnissen an den Hochschulen, die immer mehr zur Norm werden, von den sich immer mehr verschlechternden Studienbedingungen.
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“Ein erstes Einlenken zeigt die Staatsregierung nun mit dem sogenannten ‘Überlastpaket’. Mit diesem sollen bis zum Jahr 2016 210 befristete Stellen geschaffen und 90 Professuren vorgezogen werden, um an den dringendsten Engpässen für etwas Erleichterung zu sorgen. Sie scheinen also einzusehen, dass die geplanten Kürzungen sich nicht mit der Realität an den Hochschulen vertragen. Doch täten Sie gut daran, daraus tatsächlich Konsequenzen zu ziehen und die Stellenkürzungen mit dem nächsten Haushalt zurückzunehmen”, heißt es im Brief.
“Aus diesem Grund fordern wir Sie als Finanzminister auf, Mut zu zeigen und sich für ein Umlenken einzusetzen. Sachsens Hochschulen benötigen nicht weniger, sondern mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler!”
Der Brief in voller Länge als PDF zum download.
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