Über einen erfolgreichen Schulabschluss den gesellschaftlichen Anschluss schaffen. Das ist das ehrgeizige Ziel der Initiative "Schule mit Zukunft Leipzig Ost". Wie das gehen kann, soll ein Modellprojekt im Leipziger Osten zeigen. An zwei ausgewählten Mittelschulen soll bis zum Schuljahr 2015/16 jeder Schüler zum Abschluss geführt werden.

Deutschland sieht sich gern als Land der Dichter und Denker. Und neuerdings auch als Bildungsrepublik.

Auffallend dabei: Trotz seit über vielen Generationen bestehender allgemeiner Schulpflicht leitet man daraus keine zwingende staatliche Verpflichtung ab, jeden Schüler auch zu einem schulischen Abschluss zu führen. Es bestehe eben gerade in der Bildungspolitik eine “ziemliche Kluft” zwischen der politischen Erkenntnis und dem politischen Handeln, führt Dr. Georg Girardet am Donnerstag, 20. September, bei einem Pressegespräch in der 16. Mittelschule in der Konradstraße dazu an.

Diese Kluft soll nun eine gemeinschaftliche Kraftanstrengung schließen, die unter anderem von der Bürger Stiftung Leipzig unterstützt wird, in der sich Leipzigs vormaliger langjähriger Kulturdezernent heute engagiert.

“Jeder Absolvent mit Abschluss und Anschluss” lautet die Zielvorgabe. Bis zum Schuljahr 2015/16 soll es an der 16. Schule und an der Mittelschule Paunsdorf exemplarisch erreicht sein. Es sei leistbar, dass jedes Mädchen und jeder Junge die Schule in Deutschland mit einem Abschluss verlässt, versichert Wolfgang Gärthe. Als Geschäftsführer der gemeinnützigen Gesellschaft Pro Bildung Leipzig-Ost koordiniert er das lokale Netzwerk hinter der Aktion. Parallel zu dem Modellprojekt arbeiten die Partner an einer Gesamtkonzeption für den erfolgreichen Übergang von Schulabsolventen in Ausbildung und Studium.
Der Schwerpunkt Leipziger Osten ist nicht zufällig gewählt. Das ist einer der Orte in der Messestadt, an dem die Integration von Zuwanderern schwerpunktmäßig stattfindet. Und in der Gegend um die Eisenbahnstraße wohnen mehr Menschen, die Hartz IV-Leistungen beziehen, als im Stadtdurchschnitt. Bildung und Bildungserfolg sind in Deutschland eben immer noch ein Teil der mitunter ausgeblendeten sozialen Frage, die von gesellschaftlicher Ungleichheit handelt.

Dass Leipzig bei Schulabgängern ohne Abschluss sachsenweit eine Spitzenposition hat, korrespondiert mit einem vergleichsweise hohen Anteil von Migranten und Transferempfängern in der Messestadt, heißt es dazu von Karsten Ahnicke, in der Leipziger Regionalstelle der Sächsischen Bildungsagentur für Mittelschulen zuständig.

Um diesen Zusammenhang redet Arend Oetker gar nicht lange herum. Der Lenker des gleichnamigen Familienkonzerns plädiert dafür, dass jedes Kind unabhängig von der Herkunft Anrecht auf eine gleich gute Schulbildung haben müsse. “Durch bessere Bildung werde ich reicher”, lautet die Botschaft des Präsidenten des Stifterverbandes für die Deutsche Wirtschaft an die heutige Schülergeneration. Das gelte aber auch für das Land insgesamt, dessen Volkswirtschaft sich im globalen Wettbewerb befindet, fährt Oetker, in Leipzig auch als Kunstförderer aktiv, fort. Ein Land eben, das sei hier angefügt, das allein aus demografischen Gründen auf kein Talent verzichten kann.

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Erste Zwischenerfolge der Mitarbeit an dem seit einem Jahr laufenden Projekt kann die Schulleitung der 16. Schule schon vermelden. Während 2011 etwa 30 Prozent der Schüler ohne Abschluss abgingen, waren es 2012 gut 13 Prozent.

Die “aufsuchenden Elternarbeit” zeige also nach einjähriger Probephase einen nachweisbaren Erfolg bei der Aktivierung der Eltern-Lehrer-Kommunikation, sagt Aaron Büchel-Bernhardt vom Leipziger CVJM (Christlicher Verein Junger Menschen). Mittlerweile drei Sozialarbeiter seien an der Schule aktiv, überwiegend aus Drittmitteln finanziert. Sie arbeiten als “Klassencoaches”. Unterstützung, insbesondere in der Kommunikation mit Eltern, erfolgt durch Sprachmittler.

Anerkennung findet die Arbeit der Leute vom CVJM bei Elternsprecherin Ivonne Engel. “Dass die auch mit nach Hause gehen, ist richtig super”, betont sie. Insgesamt habe sich durch diese Impulse die Elternarbeit an der Schule sehr verselbstständigt, schätzt Engel ein.

Doch damit allein darf es kein Bewenden haben, meint Wolfgang Gärthe. Der Leipziger Osten brauche unbedingt ein Gymnasium. Auch als Symbol, dass die Schüler hier ebenso weiterführende Schulabschlüsse ablegen können wie in anderen Stadtteilen.

www.schulemitzukunftleipzigost.de

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