Wer es immer noch nicht glaubt, dass die so genannten digitalen Medien dazu verleiten, die Aufmerksamkeit zu zerstreuen und selbst die ernsthaftesten Anliegen in ein Trallala der bunten Einzelschicksale zu verwandeln, der kann es derzeit exemplarisch beim Kampf um die Finanzierung der Leipziger Universitätsbibliothek verfolgen. Mittlerweile sind allein auf openpetion zwei Aufrufe zum Protest zu finden.

Einer vom 6. August “Petition Sicherung der Finanzlage sowie Aufstockung und Mittelausstattung der Universitätsbibliothek”, eingestellt vom StuRa der Uni Leipzig, und einer vom 16. August “Rettet die Datenbanken der Universitätsbibliothek Leipzig” vom Promovierendenrat der Uni Leipzig.

400.000 Euro will das Wissenschaftsministerium bei der Universitätsbibliothek Leipzig sparen. Das betrifft große Teile des Erwerbsetats, das betrifft aber auch die 24-Stunden-Öffnung der Campus-Bibliothek, die ihrerseits wieder ein Behelf gewesen war, um der völligen Überlastung der Universität eine zeitliche Entlastung zu schaffen.

Dabei geht das Ministerium weiterhin nach Planzahlen vor, von denen selbst die Ministerin im Februar zugab, dass sie nicht stimmen.

Aber irgendwie fehlt in den meisten Studiengängen der Grundkurs: Wie korrigiere ich einmal gemachte Fehler?

In Leipzig betrifft das mittlerweile den Wissenszugang auch für die wichtige Gruppe der Promovenden. Übrigens eine Gruppe, die im “Bildungsmonitor” der INSM als Output-Größe auftaucht und wo Sachsen schon jetzt deutlich schlechter abschneidet als die anderen Bundesländer. Das Wissenschaftsministerium tut also alles, um die Bedingungen für diese Hochschulabschlüsse immer mehr zu verschlechtern.

“Daher fordern wir als die Vertretung der Promovierenden an der Universität Leipzig insbesondere das Rektorat auf, sich den Kürzungen des Landes Sachsens entschieden entgegenzustellen und die Kürzungen nicht auf dem Rücken von Forscher/innen, Lehrenden, Studierenden sowie Mitgliedern und Angehörigen der Universität Leipzig zu vollstrecken”, schreibt nun Sebastian Heinisch in seinem Begründungstext für die am 16. August eingestellte Petition der Promovenden. “Wir fordern zudem den Freistaat Sachsen auf, endlich zu einer verantwortungsvollen Hochschulpolitik zurückzukehren und die Kürzungen zurückzunehmen.”Daraus spricht zumindest der innige Glaube, die sächsische Staatsregierung ließe sich von einer Online-Petition auch nur beunruhigen.

Barbara Höll, OBM-Kandidatin der Leipziger Linken, findet die Petition des Promovierendenrates der Universität Leipzig trotzdem richtig.

“Die Kürzungen haben außerdem zur Folge, dass in einzelnen Fachbereichen, beispielsweise in den Sozialwissenschaften bereits seit Monaten keine Fachliteratur angeschafft werden kann. Das ist für den Forschungsstandort Leipzig eine einzigartige Blamage und unhaltbarer Zustand”, sagt die studierte Philosophin. “Auch wenn der Gegenstand der Petition zuvorderst von landespolitischer Relevanz ist, kann es der Stadt Leipzig nicht egal sein, unter welchen Bedingungen Leipziger Studierende hier lernen und forschen.”

Während gleich nebenan ein millionenschwerer Neubau entstehe, würden für einen Universitätsbetrieb essentielle Grundlagen strukturell eingeschränkt. “Hier ist die Landespolitik in der Pflicht umzusteuern”, appelliert sie an die Landesregierung. “Ansonsten bleibt ihr Credo, im bevorstehenden Doppelhaushalt eine Bildungsoffensive zu starten, reines Lippenbekenntnis. Dagegen gilt es, sich wirkungsvoll zur Wehr zu setzen. Den Leipziger Studierenden gebührt mein voller Respekt und die Hochachtung vor ihrem Engagement gegen die Kürzungen der Landespolitik. Gern unterstütze ich die Studierenden in ihrem Protest.”

Aber openpetition ist nicht wirklich ein Instrument, das in der deutschen Politik ernst genommen wird. “Nach Ablauf der Petitionsfrist kann die fertige Unterschriftenliste vom Autor der Petition von der Petitionsverwaltungsseite abgerufen werden”, heißt es auf dieser digitalen Mitmach-Plattform. “Die Liste kann Online beim Empfänger eingereicht werden oder in den Formaten HTML, PDF und CSV heruntergeladen und ausgedruckt werden.”

Und dann?

Petition der Promovierenden: www.openpetition.de

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