Wenn man Bildung schon wie ein Kraftwerk betrachtet, mit dem ordentlich Energie erzeugt werden soll, dann muss man bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auch konsequent sein. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die am Mittwoch, 15. August, ihren neuen "Bildungsmonitor 2012" vorgelegt hat, ist es nicht. Leider. Das sorgt in Sachsen wieder für ein paar Illusionen.

Denn Sachsen landet 2012 – wer ist da überrascht? – auf Nummer 1 in diesem Ranking, bei dem 110 verschiedene Parameter zur Bildungslandschaft bewertet werden. Kategorien wie Inputeffizienz oder Zeiteffizienz deuten darauf hin, dass man Bildung wirklich ernsthaft nach wirtschaftlichen Aspekten bewerten möchte. Das gelingt dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) nicht wirklich. Was verwundert. Dort sollten eigentlich genug Leute sitzen, die wissen, wie man Produktströme in einem Unternehmen darstellt. Was ist Input? Was ist Output? Was kostet die Produktionsstrecke?

Ist zwar sehr unsozial und gar nicht kuschelig gedacht. Aber das würde zumindest zeigen, ob das Bildungssystem mit optimalem Mitteleinsatz die bestmöglichen Ergebnisse bringt.
Deswegen ist es Unfug, nur eine der 13 bewerteten Kategorien mit Inputeffizienz zu betiteln. Und weil das sinnlos ist, sortieren wir hier einfach mal. Nach Input und Output, oder ganz klassisch für hanseatische Kaufleute: Aufwand und Ergebnis.

Was gehört hier also alles zum Input?
Ausgabenpriorisierung. Im Wesentlichen bei der Datensortierung des IW ist hier das Verhältnis von Bildungsausgaben pro Schüler und Student gemeint. Und zwar – und hier liegt der Hund eigentlich begraben: im Verhältnis zu den Gesamtausgaben der öffentlichen Haushalte. Sachsen landet hier auf einem 2. Platz. Was heißt das? – Nicht das, was es suggeriert. Denn bei den Pro-Kopf-Ausgaben pro Schüler und Studierende gehört Sachsen zu den Schlusslichtern der Nation. Das Verhältnis wird nur dadurch schöner, weil die Ausgaben der öffentlichen Haushalte in Sachsen ebenfalls weit unter dem Bundesdurchschnitt liegen. So sorgt die öffentliche Knauserigkeit in Sachsen dafür, dass das Verhältnis zu den Bildungsausgaben fast nobel aussieht. Bei den effektiven Bildungsausgaben wäre hier für Sachsen kein 2. Platz möglich.

Inputeffizienz. Das Wort ist irreführend. Tatsächlich wird hier Bilanz geführt über die Altersstruktur der Lehrerschaft und die Rate an Dienstunfähigkeiten. Sehr richtig schreibt die INSM: “Die bloße Erhöhung der Bildungsinvestitionen ist keine Garantie für ein besseres Bildungssystem …” Könnte fast wie ein Loblied für den sächsischen Finanzminister klingen. Ist aber keins. Der 9. Platz im Ranking ist schon so etwas wie ein öffentlicher Tadel durch die INSM. Denn die massive Überalterung der Lehrerschaft nach den nun über zehn Jahre anhaltenden Sparprogrammen sorgt dafür, dass in Sachsen jetzt schon massiv Lehrer fehlen. Die Lücke wird in den nächsten Jahren noch größer.

Betreuungsbedingungen. Kurz gefasst das Verhältnis von Lehrern zu Schülern, Dozenten zu Studierenden. Hier landet Sachsen auf Rang 2. Statistisch stimmt das. Doch siehe oben – Inputeffizienz – mit überalterter Lehrerschaft ist die Rate der Dienstunfähigkeit höher. Viele Lehrer arbeiten immer noch in Teilzeit. Teilzeitjobs haben auch an den Hochschulen massiv um sich gegriffen. Das heißt: Es gibt zwar zahlenmäßig viel Lehrpersonal – aber es steht nicht in Vollzeit zur Verfügung. Würden hier die tatsächlich gelebten Betreuungsverhältnisse gezählt, würde Sachsen ebenfalls auf einem der letzten Ränge landen.

Förderinfrastruktur. Die ist nur in Teilen dem Freistaat Sachsen zuzurechnen. Hier geht es um die Betreuungsquote in Krippen und Schulhorten, bei der alle ostdeutschen Länder historisch bedingt vorn liegen. Den Löwenanteil leisten hier aber die Kommunen, die mittlerweile – siehe Leipzig – eine panische Angst davor haben, dass immer mehr Kinder die Schulreife nicht erlangen und zeitlebens aussortiert bleiben. Keine Überraschung: Nur in der Kategorie Förderinfrastruktur kommt Sachsen tatsächlich auf Rang 1. Vielleicht gerade das der Grund, warum man in Dresden glaubt, man könne sich aus der Finanzierung der vorschulischen Kinderbetreuung immer mehr zurückziehen und die Kommunen an den Finanzlasten verrecken lassen.

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Man kann ja Vieles sagen über den “Bildungsmonitor” …

Das ist im Grunde schon alles zum Input. Und man sieht schon hier, dass Sachsen eigentlich miserabel dasteht beim Input. Dabei sind die materiellen Rahmenbedingungen noch gar nicht beleuchtet – der Zustand der Schulgebäude und die jährlichen Investitionen zum Beispiel.

Eine Kategorie ist eher dem (Produktions-)Prozess zuzuordnen: Internationalisierung. Hier geht es um ausländische Studierende, Hochschulkooperationen ins Ausland und Fremdsprachenunterricht an Berufsschulen. Letzteres ist im Osten ebenfalls traditionell stark verankert. Ein 3. Rang für Sachsen.

Trotzdem zeigt gerade diese Kategorie, wie zusammengewürfelt viele der Zahlen sind, die das IW hier zusammengetragen hat. Und wie viele Zahlen eigentlich zum Bildungsprozess fehlen. Vorschlagsweise: Ausbau des außerschulischen Angebots, Unterrichtsausfallraten, durchschnittliche Klassenstärken, Sitzenbleiber, Angebote von Förderkursen, Inklusionsquote usw.

Da würde nämlich sichtbar werden, wie ein Land wirklich mit seinen Schulen und Ressourcen arbeitet. Die Unterscheidung von “Bestand” und “Dynamik” ist Unfug, das weiß man wahrscheinlich auch in Köln und macht das nur der INSM zuliebe, die so gern was Dynamisches haben will.

Aber eine Auflistung nach Input, Prozess und Output würde so Einiges erhellen. Denn wie sagte denn der blühendste aller Kanzler einst? – “Wichtig ist, was hinten rauskommt.” Das Ergebnis oder zu neudeutsch: der Output.

Zum 3. Teil vom 15. August 2012 auf L-IZ.de
Neuer Bildungsmonitor der ISNM (3): Wenn es um den Output geht, ist Sachsen nur laues Mittelmaß

Zum Nachschauen

www.insm-bildungsmonitor.de

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