Am Dienstag, 8. Mai, beschloss die Sächsische Staatsregierung eine neue Förderrichtlinie zum Schulhausbau in Sachsen. Doch für die Region Leipzig könnte die neue Regelung bedeuten, dass es künftig noch weniger Geld gibt und die Kommunen erst recht keine Spielräume mehr haben, die Notstände zu beseitigen.

“Die von Kultusministerin Kurth gestern vorgestellte Richtlinie für Investitionsmaßnahmen in den Bau und die Sanierung von Schulgebäuden hinterlassen keinen guten Eindruck”, sagte Michael Clobes, Vorsitzender der SPD Leipzig, am Mittwoch dazu. “Die Kürzung der Fördersätze stellt gerade für die Stadt Leipzig eine nicht hinnehmbare Mehrbelastung dar. Die grundsätzlich begrüßenswerten Schritte zur Vereinfachung und Verkürzung von Förderverfahren und die Aufnahme von Schulhorten in den Förderrahmen sind nichts wert, wenn damit die generelle Absenkung der staatlichen Investitionsbeteiligung einhergeht. Die neue Förderrichtlinie schadet mehr als sie nützt.”

Bisher beteiligte sich das Land an den Werterhaltungsmaßnahmen schulartspezifisch und förderte unter anderem Grundschulen bis zu 50 Prozent, Mittelschulen und Gymnasien bis zu 60 Prozent, Berufsschulen und Förderschulen durften sogar auf eine Unterstützung bis zu 70 Prozent hoffen. Die neue Richtlinie sieht nun eine “Vereinheitlichung” der bisherigen Fördersätze auf 40 Prozent vor. Erklärt wird dieser Schritt vor allem mit der demographischen Entwicklung im Freistaat.

Hassan Soilihi Mzé, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) Leipzig, dazu: “Die Staatsregierung hat in der Vergangenheit demographischen Prognosen immer wieder blind vertraut. In der Folge wurden in Leipzig allein seit 2005 19 Schulen geschlossen, die jetzt dringend benötigt werden. Der momentan für Sachsen erwartete und vom Kultusministerium angeführte Geburtenrückgang erstreckt sich jedoch nicht auf Oberzentren wie Leipzig. Entgegen dem Trend wächst die Stadt nach wie vor – und mit ihr der Versorgungsbedarf an Schulen. Die Reaktivierung von zuvor umgenutzten Schulgebäuden wie auch der Neubau- und immense Sanierungsbedarf werden trotz aller kommunalen Anstrengungen durch die Kommune allein nicht zu bewältigen sein. Nunmehr die landesspezifische Förderung pauschal abzusenken, heißt ohne Rücksicht auf die reale Bevölkerungsentwicklung Leipzigs einzureißen, was vor Ort gerade mühevoll aufgebaut wird.”

Der Investitionsstau an Schulgebäuden in ganz Sachsen beläuft sich derzeit auf rund 1,5 Milliarden Euro. Es sei deshalb nicht nur wünschenswert, sondern zwingend erforderlich, im Zuge der Beratungen zum Doppelhaushalt 2012/13 gerade für diesen Bereich das bisherige Fördermittelvolumen deutlich zu erhöhen.

“Baulich wird gespart, personell wird permanent rückgefahren und eingefroren, inhaltlich nichts weiterentwickelt. Weder in Leipzig noch in Dresden noch sonst irgendwo in Sachsen sind Schülerinnen und Schüler, Eltern wie Lehrer länger bereit, den schulpolitischen Austrocknungskurs der Staatsregierung hinzunehmen”, meint Soilihi Mzé. “Die öffentlichen Proteste machen das deutlich. Wie lang braucht es noch, bis die Kritik am derzeitigen Kurs auch im Kabinett ankommt?”

Clobes: “Die am Dresdner Regierungstisch entwickelten Förderrichtlinien erschweren die Anstrengungen Leipzigs, das Investitionsproblem zu lösen, deutlich.”

Aber nicht nur in der Großstadt spitzen sich mittlerweile die Probleme zu. Auch im Landkreis Leipzig schaukeln sich die ungelösten Probleme auf, stellt die SPD-Landtagsabgeordnete Petra Köpping, fest. Der Ausfall von Schulunterricht im Landkreis Leipzig weiche zwar kaum von der landes- und bundesweiten Durchschnittsquote zwischen 2 und 4 Prozent ab. Diese Zahlen mögen zunächst beruhigend klingen.

“Sie beschreiben aber nur den Ist-Zustand”, sagt Petra Köpping und verweist auf die Lücke, die durch den Abgang von 918 Lehrerinnen und Lehrern im August 2012 und die Einstellung von lediglich 565 neuen Unterrichtskräften entstehen wird. Es sei ganz verständlich, dass hin und wieder eine Unterrichtsstunde ausfällt.

“Es ist aber unverständlich, dass die Regierung dem Lehrermangel nicht entschiedener entgegensteuere”, so die Abgeordnete. Dabei seien weitere Neueinstellungen ein Mittel. Ein anderes wäre aber die Einführung von Gemeinschaftsschulen. Mit ihnen könnte auch der nachvollziehbare Wunsch vieler Eltern nach wohnortnahen Schulen realisiert werden.

“Die unbewegliche, konservative Haltung der Regierung in der Schulpolitik trifft die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer, die Schuldirektorinnen und -direktoren, sowie die Eltern direkt in ihrem Alltag. Sie alle müssen mit Engagement und Ideenreichtum die Mängel wettmachen, die diese Schulpolitik weiter verfestigt”, erklärt Köpping. Eine weitere Verschlechterung innerhalb der sächsischen Schullandschaft sei außerdem die beschlossene neue Förderrichtlinie für den Schulhausbau. Die drastische Absenkung auf 40 Prozent Förderung für alle Schultypen werde für die Kommunen nicht ohne Folgen bleiben. Die Schulträger dürften nun auch zweckgebundene Spenden als Eigenmittel in die Fördermittelanträge schreiben. “Diese Entwicklung zeigt, dass sich der Freistaat von seinen Pflichtaufgaben zurückzieht und die Kommunen dahin lenkt, dass diese bei Unternehmen anklopfen müssen, wenn sie ihre Schulgebäude sanieren wollen”, erklärt Köpping.

Alles kein Problem, meint der CDU-Landtagsabgeordnete Wolf-Dietrich Rost. Als Mitglied im entsprechenden CDU-Arbeitskreis hatte das Vorhaben einer neuen Richtlinie unterstützt und zeigt sich nun mit dem Ergebnis zufrieden: “Es war wichtig, dass die Förderrichtlinie transparenter und der bürokratische Aufwand dahinter gestrafft wird”, sagt der Abgeordnete.

Gleichzeitig betont Wolf-Dietrich Rost aber auch, dass es nicht primär Aufgabe des Landes sei, nachhaltige Schulnetzplanung durchzuführen und Schulhäuser zu errichten: “Das ist eigentlich eine reine Pflichtaufgabe der Kommunen, der Leipzig in der Vergangenheit nur unzureichend nachgekommen ist. Der Freistaat hat das Problem der Kommunen jedoch erkannt und wird nun helfen”, sagt Wolf-Dietrich Rost.

Die Stadt Leipzig stehe außerdem, aufgrund erfreulich gestiegener Geburtenzahlen, vor der Herausforderung in den kommenden Jahren 20 Schulen in verschiedenen Schularten neu zu errichten – dafür werden die Mittel des Freistaats dringend gebraucht.

“Weiterhin”, betont Rost “sind zwei wesentliche Änderungen aufgenommen worden, die auch für Leipzig relevant sind: Erstens werden Schulhorte in die Förderung mit aufgenommen, denn sie sind im Hinblick auf ein möglichst ganzheitliches Betreuungsangebot von Bedeutung, und zweitens werden die Regionen, die deutlich steigende Schülerzahlen zu verzeichnen haben, besonders berücksichtigt. Zudem können auch Sporthallen gefördert werden, die überwiegend dem Schulsport dienen.”

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