Mit einer Interkulturellen Kulturolympiade setzen Kinder und Jugendliche am 10. März in der Leipziger Nachbarschaftsschule ein Zeichen für wechselseitiges Verstehen. Ausrichter der Premierenveranstaltung ist das Sächsische Bildungszentrum. Ein Besuch bei einem Verein, für den Bildung der Schlüssel zur Integration ist.

Es ist ein Besuch von mehrfacher Symbolik. An einem Donnerstag im Februar gedachten Bundestag und Bundesregierung der Opfer einer neonationalsozialistischen Mordserie. Diese Verbrechen an Selbstständigen mit nichtdeutschen Wurzeln und einer Polizistin blieben lange als so genannte “Döner-Morde” unaufgeklärt. Die Spitzenverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer hatten für die Mittagsstunde dieses Donnerstags zu einem gedenkenden Innehalten am Arbeitsplatz aufgerufen.

An jenem Donnerstag im Februar war ich verabredet in den Leipziger Räumen des Sächsischen Bildungszentrums. Dieser Verein wurde 2003 in Dresden gegründet, überwiegend von Selbstständigen mit oftmals türkischen Vorfahren.

Seit 2009 ist der Verein in Leipzig in der Hainstraße präsent. Auch heute sind etwa zwei Drittel der Vereinsmitglieder selbstständig, sagt Ali Yardim, in der Messestadt Pressesprecher des Vereins. Es sind Akademiker, Studenten und Nichtakademiker. Sie sind in den Branchen Bau, Ernährung, Großhandel, Gastronomie, aber auch in der Medizin tätig.

“Unsere Mitglieder sind in Bildung verliebt”, bringt Yardim das Anliegen des Vereins im Gespräch auf den Punkt. Den Mitgliedern sei es wichtig, in die Bildung ihrer Kinder zu investieren, fügt er an. Noch so etwas ungewollt Symbolbeladenes.Denn so lassen sich durch das Wirken des Vereins Vorurteile in Deutschland abschaffen, deren klammheimliche, auch gutbürgerliche Zustimmung sich unlängst an den Bestsellerlisten für vermeintliche Sachbücher ablesen ließ. Da hatte ein Ex-Bundesbanker namens Sarazzin über die ethnische Determiniertheit von Integrationswillen und Bildungseifer schwadroniert. Neben reichlich Autorenhonorar und öffentlicher Aufmerksamkeit bekam er dabei sogar noch bescheinigt, damit irgendwie implizit im Meinungsbogen einer an sich traditionsreichen Partei geblieben zu sein. Wer schreitet da eigentlich mit wem Seit an Seit?

Das Erlernen der deutschen Sprache und ordentliche Bildungsabschlüsse stehen für den Verein ganz oben auf der Agenda. Beides stellt für das Sächsische Bildungszentrum den Schlüssel zur Integration dar und kann bei der Identitätssuche helfen.

Mit Hausaufgabenhilfe hat alles angefangen. Später kamen weitere Bildungsangebote hinzu. Schrittwiese wurden die Aktivitäten des Vereins auf die Jugend-, Eltern-, Sozial- und Kulturarbeit ausgedehnt.Ein Unternehmernetzwerk ist in Vorbereitung, das die vorhandenen Kontakte zu den Industrie- und Handelskammern im mitteldeutschen Raum ausbauen will. Denn mittlerweile sind Mitglieder des Vereins in Dresden, Chemnitz, Leipzig, Halle (Saale), Magdeburg, Görlitz und Erfurt aktiv. Die bereits bestehende Frauen-Initiative des Sächsischen Bildungszentrums wird sich demnächst als Frauen-Verein etablieren. Für Leipzig und Magdeburg bestehen bereits Planungen für einen interkulturellen Kindergarten in eigener Trägerschaft.

“Wir wollen nicht nur Eigenheiten pflegen, sondern vor allem Gemeinsamkeiten betonen”, betont Ali Yardim die Vereinsphilosophie. In einem Verein, in dem Menschen mit ganz verschiedenen ethnischen Zugehörigkeiten mitarbeiten, kann es anders auch nicht funktionieren. Keiner frage beispielsweise danach, ob Menschen mit Wurzeln in der Türkei sich nun als Türken oder Kurden sehen. “Wir sind in dem Bereich farbenblind”, so Yardim.

Diesem Verständnis fühlt sich auch die Interkulturelle Kulturolympiade verpflichtet, die der Verein am 10. März 2012 erstmals in Leipzig veranstaltet. “Menschen Hand in Hand” lautet das Motto. Als Schirmherr fungiert mit Dr. Siegfried Haller der Leiter des Leipziger Amtes für Jugend, Familie und Bildung. Unterstützt wird die Aktion zudem von der Volkshochschule, dem Theater der Jungen Welt, dem Orientalischen Institut der Uni Leipzig, der hiesigen Deutsch-Japanischen Gesellschaft und dem Bund Bildender Künstler der Messestadt.

Ab 15 Uhr werden sich in der Nachbarschaftsschule in Lindenau Vereine präsentieren. Der Zugang erfolgt über die Demmeringstraße 31. Auf der Bühne der Schulaula zeigen Schüler verschiedener Leipziger Schulen Lieder, Gedichte und Tänze. Die Proben laufen bereits auf Hochtouren.

Wer mit seinem Beitrag die Jury am meisten überzeugt, kann an der Deutsch-Türkischen Kulturolympiade im April in Frankfurt am Main teilnehmen. Denn die Kulturolympiade begann vor einem guten Jahrzehnt in westdeutschen Städten als deutsch-türkisches Projekt. Die Leipziger Macher setzen hingegen auf einen breiten interkulturellen Austausch ohne Einengung.

So will der Verein seinen Beitrag zu wechselseitiger Akzeptanz, Toleranz und Integration leisten. Wer sich bewusst Sächsisches Bildungszentrum nennt, dem geht es um das Ankommen wollen und das Angekommen sein. Noch so ein Symbol gegen Vorurteile, die manche zwischen Buchdeckel packen.

www.sae-bil.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar