In der letzten Woche rang sich Sachsens Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer zu der Erkenntnis durch, dass die Mahnungen der sächsischen Hochschulen durchaus berechtigt sein könnten. Seit 2009 verzeichnet Sachsen Rekordstudierendenzahlen. Auf Jahre hinaus wird das Niveau nicht sinken. Jetzt versucht sie mit befristeten Stellen kurzfristig gegensteuern.

“Der vorgeschlagene Weg ist widersinnig und ohne jeglichen Mut”, kritisiert Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, der hochschulpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Pflasterpolitik der Ministerin. “Statt die vielen Studienanfänger als Chance zu begreifen und den für 2013 bis 2015 avisierten Stellenabbau zu stoppen, will Ministerin von Schorlemer mit
zusätzlichen befristeten Lehrkräften die schlimmsten Engpässe überwinden.”

Ein solcher Ausbau befristeter Arbeitsverhältnisse verschlimmere die Prekarisierung der Wissenschaft an den sächsischen Hochschulen, da den so Beschäftigten jede Perspektive und Sicherheit fehle, mahnt Gerstenberg. “Zugleich wird das Ziel der Qualitätssicherung in der Lehre verfehlt. Den Studierenden bringt es nichts, wenn zwar die Vorlesungen ohne Bezug zur aktuellen Forschung an der Hochschule abgesichert sind, der Lehrbeauftragte dann aber am Ende des Semesters wieder verschwindet und Hausarbeiten nicht betreut werden können.”

Für ihn zeigen die Zahlen, die Ende Januar auch durch die Prognose der Kultusministerkonferenz untermauert wurden, nur eines: “Alle Signale deuten darauf hin, dass das derzeitige Allzeithoch an Studienanfängern dauerhaft erhöhte Studierendenzahlen zur Folge haben wird. Deshalb wird sich die Grüne-Fraktion weiterhin dafür einsetzen, dass die jetzt vorhandenen Stellen erhalten bleiben und der von uns eingebrachte Vorschlag eines Stellenpools für besonders belastete
Hochschulen Gehör findet.”

Auch aus der Linksfraktion gibt es derbe Kritik für die Ministerin, die das Problem tatsächlich genauso ausgesessen hat wie ihr Kollege aus dem Kultusministerium, Roland Wöller, das Problem des längst grassierenden Lehrermangels.

“Dass die Ministerin öffentlich nachvollziehbar handelt, ist gut und unterscheidet sie positiv vom Kultusminister, der mit allerlei Tricks hinter den Kulissen dem Mangel an Lehrkräften in Sachsens Schulen abzuhelfen versuchte. Dennoch bleibt festzustellen: Dieser Feuerwehreinsatz lässt die erforderliche Nachhaltigkeit vermissen, weil trotz langfristig steigender Studierendenzahlen in Sachsen am Stellenabbau an den Hochschulen nicht gerüttelt werden soll”, kritisiert der hochschulpolitische Sprecher der Linksfraktion, Gerhard Besier. “Gravierender noch: Die seit Jahren zu beobachtende Fehlentwicklung an den Hochschulen, dass Existenz sichernde unbefristete Stellen durch prekäre Arbeitsverhältnisse ersetzt werden, wird jetzt noch verschärft. Die Ministerin setzt zur Lösung des dramatischen Personalengpasses ausschließlich auf befristete Verträge – das untergräbt die Attraktivität von Forschung und Lehre im universitären Bereich, der gegenüber den Angeboten aus der Industrie vollends ins Hintertreffen geraten wird.”

Das “Hochschulfreiheitsgesetz” hält er für eine reine Mogelpackung. Besier: “Schließlich ist die Ankündigung von Zielvereinbarungen mit den einzelnen Hochschulen ein Muster ohne Wert, solange die sächsischen Lehr- und Forschungsstätten hoffnungslos unterfinanziert sind; diese erhalten pro Studierendem im Bundesvergleich weit unterdurchschnittliche Mittel. Sollte die Ministerin ihre heutige Ankündigung vollends verwirklichen, wäre das nur ein allererster Schritt, aber noch längst nicht das hochschulpolitische Umsteuern, das dringend gebraucht wird.”

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