Das in Leipzig heimische Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) hat mit der Erschließung und Digitalisierung von Antarktisfotos aus seinem Archivbestand begonnen. Die Aufnahmen sind Teil einer umfangreichen Sammlung von Dokumenten der ersten deutschen Südpolarexpedition von 1901 bis 1903 unter der Leitung des Geografen und Geophysikers Erich von Drygalski. Die ersten Fotos der Expedition in das damals noch völlig unbekannte Südpolargebiet stehen der Forschung schon jetzt zur Verfügung.

Der gesamte Bestand von rund 1.400 Glasnegativen und Papierabzügen wird in digitaler Form voraussichtlich noch im Frühjahr frei im Internet zugänglich sein.

Die wissenschaftlichen Aufnahmen zeigen charakteristische Tier- und Pflanzenarten, Gesteine, Eis- und Landschaftsformen. Fotografisch festgehalten haben Expeditionsteilnehmer aber auch den Bau des Forschungsschiffs „Gauß“ in den Kieler Howaldtswerken, die An- und Abreise, den Bordalltag auf dem Schiff und die Forschungsarbeit und den Alltag in der Antarktis.

Die von einem Fesselballon aufgenommenen Fotos gehören zu den ältesten erhaltenen Luftbildaufnahmen aus der Antarktis.

Vorbereitungen zum Start eines Fesselballons (29.03.1902). Foto: Leibniz-Institut für Länderkunde
Vorbereitungen zum Start eines Fesselballons (29.03.1902). Foto: Leibniz-Institut für Länderkunde

„Die Bilder besitzen neben ihrer historischen Bedeutung auch eine hohe Relevanz für die heutige Klima- und Umweltforschung“, betont IfL-Archivleiter Bruno Schelhaas.

„Mit den historischen Forschungsdaten können aufschlussreiche Vergleiche durchgeführt werden, die für die Geowissenschaften sehr wertvoll sind.“

Neben den gletscherkundlichen Motiven zählen hierzu viele Fotos vom Gaußberg. Der 371 Meter hohe erloschene Vulkan wurde von der Expedition entdeckt und dient bis heute als Orientierungspunkt und geodätische Markierung.

Die Aufzeichnungen und Bilder seiner auch als Gauß-Expedition bekannten Forschungsreise überließ Drygalski noch zu Lebzeiten dem Leipziger Museum für Länderkunde, einem Vorläufer des heutigen IfL. Die originalen Schrift- und Bilddokumente erfahren international große Beachtung.

Das gewagte Vorhaben war Teil des wissenschaftlichen und zugleich imperialistisch befeuerten Wettlaufs zum Südpol, an dem sich auch weitere europäische und amerikanische Unternehmungen seit Mitte des 19. Jahrhunderts beteiligten. Der Norweger Roald Amundsen erreichte Ende 1911 schließlich als Erster das Ziel, nur wenige Tage vor seinem britischen Konkurrenten Robert Falcon Scott.

Die eingefrorene Gauß aus dem Fesselballon fotografiert. Foto: Leibniz-Institut für Länderkunde
Die eingefrorene Gauß aus dem Fesselballon fotografiert. Foto: Leibniz-Institut für Länderkunde

Neben den Bildern der ersten deutschen Südpolarexpedition besitzt das Archiv für Geographie noch einen zweiten Sammlungsteil mit Fotos von Drygalskis Grönlandexpeditionen aus den Jahren 1891 bis 1893. Auch diese Bilder will das IfL demnächst als freie Online-Ressource zugänglich machen.

Die Fotos der Gauß-Expedition findet man im Online-Katalog des IfL. Die Zahl der Fotios wird in den nächste Wochen noch steigen.

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Keine Kommentare bisher

Mich würde interessieren, woher die Deutung als “imperialistisch” kommt. Schaut man sich die Dokumente der Zeit an, von Amundsen, Scott, Skackleton u.a. – so wird immer ein nationales Ethos sichtbar, fast nie ein imperialistisches.

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