Die Mitglieder der Sächsischen Akademie der Wissenschaften erlagen am Freitag, dem 13. Dezember, nicht den Verlockungen des Weihnachtsmarkts, der sich bis zum Eingang der Alten Börse in Leipzig erstreckt. Sie strömten zur Herbsttagung der Akademie, was auch deren Präsident, Prof. Dr. Hans-Joachim Knölker, in seiner Eröffnungsansprache betonte.

Nach der musikalischen Eröffnung durch Studierende der Leipziger Hochschule für Musik und Theater ging der Präsident, geschmückt mit der Amtskette, auch auf die Weltlage und die Aufgaben der Akademie ein. Auch die Freiheit des Meinungsaustausches, nicht nur im universitären Dialog, ist ein Herzensanliegen der Akademie.

„Meine Damen und Herren, seit unserer Frühjahrssitzung im April ist die Welt leider keineswegs besser geworden. Die von mir seinerzeit angesprochenen Probleme bestehen leider alle weiterhin. Seit Februar 2022 tobt der durch den russischen Angriff verursachte Russland-Ukraine-Krieg und der durch den Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 begonnene Gaza-Krieg dauert inzwischen auch schon über ein Jahr. Besonders beunruhigend ist der Klimawandel, der sich in vielen Regionen weltweit immer stärker auswirkt, wie die jüngsten Unwetter im Osten Spaniens auf sehr tragische Weise gezeigt haben.“

Herr Prof. Dr. Hans-Joachim Knölker, Präsident der SWA. Foto: Thomas Köhler
Prof. Dr. Hans-Joachim Knölker, Präsident der SWA. Foto: Thomas Köhler

Professor Knölker führte weiter aus, dass Populisten, mit ihrem Angebot von vermeintlich einfachen Lösungen, weltweit Zulauf bekommen.

Auf die Akademie bezogen sieht er als Aufgabe: „Die SAW, wie auch die anderen sieben in der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften zusammengeschlossenen Länderakademien, sehen es als ihre Aufgabe an, wissenschaftliche Fakten möglichst allgemeinverständlich zu kommunizieren. In der Diskussion aktueller gesellschaftlicher Probleme sind wir bestrebt, Fake News bloßzustellen und Verschwörungstheorien als solche zu entlarven.

Vor allem aber versuchen wir, die Evolution wissenschaftlicher Erkenntnisse und der daraus abgeleiteten Position im gesellschaftlichen Diskurs sichtbar und auch nachvollziehbar zu machen. So leisten wir einen bescheidenen Beitrag, einer zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung entgegenzuwirken.

Die freie Meinungsäußerung wird zunehmend eingeschränkt, wenn im Vorfeld einer geplanten Veranstaltung durch Drohungen eine aufgeheizte Atmosphäre erzeugt wird. Geht das am Ende schließlich so weit, dass aus Sorge um die Sicherheit eines eingeladenen Gastes und auch der teilnehmenden Gäste diese Veranstaltung ganz abgesagt werden müssen, werden notwendige kontroverse Debatten ganz unterdrückt.“

Die Veranstaltungen des vergangenen Jahres zu diesen Themen, wie „Recht Haben“, „Vertrauen – naiv oder notwendig?“, und „Darf man das?“ führte Professor Knölker als Beispiele zur Beschäftigung mit diesen Themen auf. Auch die internationale Zusammenarbeit, besonders mit den tschechischen und polnischen Akademien, war ein wichtiges Thema.

Vier Neue für die Akademie

Anschließend kam ein Höhepunkt der Veranstaltung, die Aufnahme von vier neuen Mitgliedern in das Junge Forum der Akademie.

Was ist dieses Junge Forum, Herr Professor Knölker?

„Wir haben in der Sächsischen Akademie seit rund zehn Jahren unser junges Forum. 15 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die wir aufnehmen. Für diese ist das natürlich ein Sprungbrett in ihre akademische Karriere, um dann möglichst einen Lehrstuhl innezuhaben, einen Ruf zu bekommen auf einen Lehrstuhl.

Für uns als Akademie hat das den Vorteil, dass wir neue Wissenschaftsgebiete aufnehmen und dass diese jungen Mitglieder neue Ideen und neue Forschungsgebiete einbringen. Das bereichert natürlich unsere wissenschaftlichen Diskussionen, die wir im Hause haben und auch die Interaktion mit den jungen Kolleginnen und Kollegen.“

Die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler senken auch den Alterszuschnitt der Akademie, vermute ich?

„Ja, natürlich. Wir haben natürlich viele erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und wir wollen uns mit der Aufnahme der jungen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen verjüngen. Das ist auch ein wesentlicher Aspekt. Aber vor allen Dingen auch moderne Forschungsgebiete aufnehmen. Denn die aktivste Zeit, die hat man natürlich mit 20, 30 bis 40 Jahren. Und nur so kriegen wir auch neue Ideen und neue Projekte in unser Haus.“

Die neuen Mitglieder im Jungen Forum sind Jun.-Prof. Dr. Julia Westermayr und Jun.-Prof. Dr. Dennis Häckl, beide von der Universität Leipzig, Dr.-Ing. Habil. Judith Rosenow von der TU Dresden und Jun.-Prof. Dr. Ing Ingo Siegert von der Otto von Guericke Universität Magdeburg. Wir haben die vier nach ihren Forschungsgebieten gefragt.

Frau Jun.-Prof. Dr. Julia Westermayr. Foto: Thomas Köhler
Jun.-Prof. Dr. Julia Westermayr. Foto: Thomas Köhler

Woran forschen Sie, Frau Westermayr?

„In meiner Arbeitsgruppe befassen wir uns mit künstlicher Intelligenz, vor allem für die theoretische Chemie, aber auch für allgemein chemische Prozesse, Sport, Bewegungsanalyse unter anderem.“

Was ist Ihr Thema, Herr Häckl?

„Ich habe eine Juniorprofessur für Health Economics and Management an der Universität Leipzig und bin dort Direktor des Instituts für öffentliche Finanzen und Public Management. In meiner Forschung beschäftige ich mich mit dem Gesundheitswesen und der Fragestellung: Wie können wir das Gesundheitswesen nachhaltig finanzieren?

Ich beschäftige mich hier einerseits mit der Finanzierung von Krankenkassen, aber auch mit der Fragestellung, wie kommen Innovationen in das Gesundheitssystem, was bedeutet es, wenn Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Adipositas verstärkt auftreten und neue Therapieformen hierfür zur Verfügung stehen. Ein großer Themenbereich hierbei ist auch die Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Also welche Vorteile bietet das? In den Forschungsfragestellungen geht es auch darum, welche Nachteile bringt das eventuell für bestimmte Versichertengruppen mit sich? Beispielsweise für die Versorgung von älteren Patienten, die durch Digitalprodukte vielleicht abgehangen werden können.“

Herr Jun.-Prof. Dr. Dennis Häckl. Foto: Thomas Köhler
Jun.-Prof. Dr. Dennis Häckl. Foto: Thomas Köhler

Frau Rosenow, womit beschäftigen Sie sich?

„Ich arbeite am Institut für Luftfahrt und Logistik der TU Dresden. Mein Lieblingsthema sind die Kondensstreifen von Flugzeugen und ich versuche Trajektorien so zu optimieren, dass deren Kondensstreifen die Atmosphäre möglichst kühlen. Denn diese sind nicht immer schlecht, sie sind auch manchmal gut und das müssen wir ausnutzen. Das ist mein Lieblingsthema und nebenbei forsche ich allgemein zum Thema Trajektorienoptimierung und mache natürlich ganz viel Lehre.“

Frau Dr.-Ing. Habil. Judith Rosenow. Foto: Thomas Köhler
Dr.-Ing. Habil. Judith Rosenow. Foto: Thomas Köhler

Last, but not least Herr Siegert, was ist Ihr Forschungsgebiet?

„Ich forsche im Bereich der Dialogsysteme, vor allem wie man Sprachassistenz, vor allem für inklusivere Anwendungen und für mehr Personen, besser anwendbar machen kann. Nicht nur als Sprachfernbedienung, wenn man auf dem Sofa sitzt, sondern um Hilfe zu geben an den Stellen, wo ich mit der Tastatureingabe nicht mehr weiterkomme.

Noch ein spannendes Anwendungsgebiet ist Sprachanonymisierung, also dass ich auch mit Sprachassistenten reden kann, ohne meine Identität preiszugeben. Das kann auch in der Medizin angewendet werden, um Forschungsdaten nutzbarer zu machen, weil dort natürlich immer der Datenschutz eine große Herausforderung darstellt.“

Herr Jun.-Prof. Dr. Ing. Ingo Siegert. Foto: Thomas Köhler
Jun.-Prof. Dr. Ing. Ingo Siegert. Foto: Thomas Köhler

Das sind einige der neuen Wissenschaftsgebiete, von denen der Präsident sprach.

Was bedeutet die Mitgliedschaft in der Akademie für Sie, Herr Häckl?

„Die Aufnahme in das Junge Forum der Sächsischen Akademischen Wissenschaften ist für mich eine große Ehre für die bisherige Arbeit und ich freue mich darauf, hier in den interdisziplinären Dialog einzutreten, neue Forschungsaspekte zu sehen, mal aus den Wirtschaftswissenschaften heraus zu kommen und dann auch in die Akademie neue Impulse zu meinen Forschungsgebieten einbringen zu können.“

Der anschließende Festvortrag von Prof. Dr. Ing Christos G. Aneziris hatte den Titel „Keramik, Feuerfest und metallokeramische Verbundwerkstoffe: Ansätze für Nachhaltigkeit und strategische Souveränität“. So technisch sich das anhörte: Die Ausführungen machten den Anwesenden die Wichtigkeit von Keramiken und Verbundstoffen, von der Fliese im Bad bis hin zum Wärmeschild eines Raumschiffs, deutlich.

Mit einem Empfang endete die Veranstaltung.

Fazit: Die Herbstsitzung der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zeigte, dass die Akademie in keiner Weise eine „verstaubte“ Einrichtung ist. Die Akademie verjüngt sich und die Forschungsthemen der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bringen neue Impulse. Wir haben uns schon mit Jun.-Prof. Dr. Dennis Häckl verabredet und wollen über das Thema „Kosten des Gesundheitssystems“ und seine Forschung dazu sprechen.

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