Die Frage, wie sich das menschliche Gehirn im Laufe der Evolution entwickelt hat, kann womöglich nur durch Vergleiche mit unseren nächsten lebenden Verwandten, den Schimpansen, beantwortet werden, sind sich auch Leipziger Kognitions-Forscher/-innen sicher. Eine frei zugängliche Karte aus hochauflösenden MRT-Daten, die zum ersten Mal die umfassende Gehirnstruktur von Schimpansen zeigt, haben Forschende vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften nun in einer Studie in der Zeitschrift „Nature Methods“ vorgestellt.

Erstellt haben sie diese gemeinsam mit Kolleg/-innen vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie und dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung,

„Unser Forschungsansatz konzentriert sich vor allem auf das Verständnis der Verbindungen zwischen verschiedenen Regionen im Schimpansengehirn und wie diese Erkenntnisse dazu beitragen können, das menschliche Gehirn besser zu verstehen. Diese Vernetzung ermöglicht den Austausch von Informationen und ist von entscheidender Bedeutung für die Funktionsweise komplexer Prozesse im Gehirn, wie der menschlichen Sprache“, sagt Cornelius Eichner, Erstautor der Studie.

„Eine besondere Herausforderung ist dabei, Tierversuche durch eine ethisch nachhaltige Forschung zu ersetzen“, betont Alfred Anwander, Letztautor der Studie. „Dazu wurde eine neue Tomografie-Methode entwickelt, die es ermöglicht, das Gehirn von natürlich verstorbenen Schimpansen aus der Wildnis oder aus Zoos zu untersuchen.“

„Diese MRT-Daten bieten eine beeindruckende Detailtiefe, die weit über bisher mögliche Messungen hinausgeht. Sie ermöglichen uns nicht nur ein besseres Verständnis des Schimpansengehirns, sondern eröffnen auch die Möglichkeit, diese Erkenntnisse auf das menschliche Gehirn zu übertragen. Bezogen auf das Sprachnetzwerk und andere Nervenfaserverbindungen erlaubt uns dieser Datensatz einen Vergleich mit unseren evolutionär nächsten noch lebenden Verwandten, mit denen wir einen letzten gemeinsamen Vorfahren vor etwa sieben Millionen Jahren teilen.“, erklärt Eichner weiter.

Zusammen mit den Daten präsentieren die Forschenden eine innovative und validierte Methode zur 3D-Abbildung der komplexen Nervenfaserstrukturen. Auf diese Weise werden die komplizierten neuronalen Verbindungen und Netzwerke im Gehirn von Schimpansen sichtbar und mit den offen zugänglichen Daten auch für andere Wissenschaftler/-innen nutzbar. Damit kann diese Ressource wesentlich dazu beitragen, die Evolution des menschlichen Gehirns besser zu verstehen und die Forschung auf diesem Gebiet voranzubringen.

Den „Chimpanzee Brain Connectivity Atlas“ mit allen Daten findet man hier.

Originalpublikation: Cornelius Eichner, Michael Paquette, Christa Müller-Axt, Christian Bock, Eike Budinger, Tobias Gräßle, Carsten Jäger, Evgeniya Kirilina, Ilona Lipp, EBC Consortium, Markus Morawski, Henriette Rusch, Patricia Wenk, Nikolaus Weiskopf, Roman M. Wittig, Catherine Crockford, Angela D. Friederici, Alfred Anwander „Detailed mapping of the complex fiber structure and white matter pathways of the chimpanzee brain“, in: Nature Methods

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