Viele Senioren sind auf die Unterstützung von Pflegekräften angewiesen. Der Fachkräftemangel macht auch vor dieser Branche keinen Halt. Laut Koalitionsvertrag der Ampelregierung soll dem entgegengewirkt werden, indem die Gewinnung ausländischer Pflegekräfte erleichtert wird. Zudem soll der Beruf durch bessere Bezahlung und familienfreundlichere Arbeitszeiten attraktiver gemacht werden. Auch wenn dies geschafft wird, bleibt die hohe körperliche Belastung der Pflegenden. Einen vielversprechenden Ansatz bietet hier die Robotik.
Pflegepersonalnotstand
Die Zahl der Pflegebedürftigen hat sich in Deutschland seit dem Jahr 2013 nahezu verdoppelt und liegt mittlerweile bei knapp 5 Millionen Menschen. Die Tendenz ist steigend. In vier von fünf Fällen wird ein Pflegebedürftiger zu Hause versorgt. Oft wird dieses Modell durch die Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes ergänzt. Die stetig wachsende Zahl an Pflegebedürftigen führt wiederum zu einer wachsenden Zahl an benötigtem Pflegepersonal.
Abhilfe schafft hier schon seit einiger Zeit die Unterstützung aus Osteuropa, wie man bei der Deutschen Seniorenbetreuung nachlesen kann. Die Zahl der Beschäftigten in der ambulanten Pflege hat sich innerhalb der letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt, dennoch wird sich die Versorgungslücke von derzeit acht Prozent im Jahr 2035 auf 37,3 % erhöhen.
Laut einer Studie sind sich sowohl langjährige als auch potenzielle Pflegekräfte einig. Um ihren Beruf bis zur Rente auszuführen, sollten sich Bezahlung, Arbeitszeiten und Personalverfügbarkeit verbessern. Zudem muss eine Verringerung der seelischen und körperlichen Belastung stattfinden.
Einzig und allein die Frage, ob neue Technologien das Interesse an Pflegeberufen steigern können, spaltet die Befragten in zwei verschiedene Lager. Doch wie soll die Verringerung der körperlichen Belastung und Personalverfügbarkeit geändert werden, wenn nicht durch die Zuhilfenahme von Technik?
Pflege 4.0
Immer wieder taucht der Begriff „Pflege 4.0“ auf. Er umfasst verschiedene Technologien, die das Arbeiten erleichtern sollen, wie sogenannte AAL-Technologien (Ambient Assisted Living). Sie können u. a. genutzt werden, um die Tagesaktivität eines Patienten zu erfassen und bei Abweichungen dem Pflegepersonal Bescheid geben. Eine weitere Möglichkeit sind Monitoring-Systeme, welche z. B. die Körperwerte des Pflegebedürftigen auch über Distanz an das Betreuungspersonal weiterleiten. Zudem wird an verschiedenen Robotik-Systemen getüftelt.
Für die Verringerung der körperlichen Belastung können Serviceroboter als Hebe- und Tragehilfen dienen. Auch Reinigungsroboter wären in der Lage, dem Pflegepersonal bis zu einem bestimmten Grad Arbeit abzunehmen. Roboter, die Rehabilitationsübungen mit den zu pflegenden Personen durchführen, sowie emotionale Roboter, die mit den Menschen interagieren. All das und noch viel mehr wäre theoretisch in der deutschen Seniorenbetreuung möglich.
Experten sind sich im Jahr 2017 sicher, dass Softwarelösungen zum Planen, Dokumentieren und Evaluieren des Pflegeprozesses bis zum Jahr 2030 in der ambulanten und stationären Altenpflege sehr verbreitet sein werden. Was Robotik, AAL-Technologien und Monitoring-Systeme angeht, herrscht unter den Berufstätigen und Pflegewissenschaftlern eine große Unsicherheit oder gar Uneinigkeit.
Experten gehen davon aus, dass sich die Emotionsrobotik in Altenpflegeheimen kaum verbreiten wird. Die Wahrscheinlichkeit für den Einsatz von AAL und Monitoring steht hier sehr gut, während in der ambulanten Pflege nur von einer mittelmäßigen Verbreitung ausgegangen wird. Laut Schätzung werden sich Roboter bis zum Jahr 2030 in der stationären Pflege mäßig verbreiten und in der ambulanten Pflege kaum.
Jahre später beschränkt sich die Nutzung von Robotern in der Pflege zumeist auf die Testung von Prototypen. Selbst dann sind sie noch nicht in der Lage, das Personal so zu unterstützen, dass Zeit eingespart werden kann, wie das Praxisprojekt „Erweiterung sozialer Teilhabe durch Telerobotik in der Pflege“ bei den St. Gereon Seniorendiensten zeigte.
Das Thema Robotik in der Altenpflege ist stark diskutiert und wird es auch weiterhin bleiben. Roboter können keine Pflegekraft ersetzen, aber haben das Potenzial, z. B. die körperliche Belastung der Arbeitenden zu senken und somit den Job attraktiver für potenzielle Pflegekräfte zu gestalten. Vorausgesetzt, ein massentaugliches Modell erobert den Markt. Dies wäre schon ein Ansatz, dem bis zum Jahr 2035 entstehenden Engpass entgegenzuwirken.
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