Zwei Jahre wissenschaftliche Arbeit, in denen tausende Proben aus Kläranlagen in ganz Deutschland ausgewertet wurden, haben sich gelohnt: Aus dem Abwasser lässt sich das SARS-CoV-2-Infektionsgeschehen in der Bevölkerung frühzeitig ablesen. Ein Projekt, an dem auch das in Leipzig heimische Umweltforschungszentrum (UFZ) beteiligt war. So ist man auch gewappnet für künftige Pandemien.

Mit dem von UFZ und TU Dresden entwickelten Corona-Abwasser-Monitoring konnte ein Anstieg der Abwasserwerte schon einige Tage vor Anstieg der diagnostizierten Covid-19-Fallzahlen festgestellt werden.

Das sächsische Wissenschaftsministerium hat das Projekt von Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig (UFZ) und TU Dresden mit 1,22 Millionen Euro aus Landesmitteln gefördert. Das entwickelte Monitoring findet nun in einem Pilotprojekt unter Leitung des Robert Koch-Institutes zur systematischen Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser seine Anwendung, teilt das SMWK mit.

Ein effektives Frühwarnsystem

Das am UFZ und der TU Dresden entwickelte Monitoring kann für den Trendverlauf der SARS-CoV-2 Fallzahlen in der Bevölkerung, bei niedrigen Fallzahlen auch als ein Frühwarnsystem genutzt werden. Im umgekehrten Fall kann natürlich auch ein Absinken der Fallzahlen erkannt und das System somit zur Entwarnung genutzt werden.

Eine Besonderheit des sächsischen Projektes war der Ansatz, durch mehrere Beprobungsstandorte einen großen Teil des Freistaates abzudecken – und dies über einen Zeitraum von zwei Jahren mit mehreren Proben wöchentlich. Neben Coronaviren wurden weitere Erreger nachgewiesen, was die erweiterte Anwendbarkeit des Monitorings – zum Beispiel als Nachweis für Influenzaviren oder multiresistente Keime – zeigt.

Das Projekt hat sich zudem mit verschiedenen Aspekten der Probenahme, der Logistik eines zeitnahen Probeversandes und der Bereitstellung der Analyseergebnisse, sowie Ansätzen zur Modellierung, was beispielsweise die Prognose des Infektionsverlaufes ermöglicht, beschäftigt. Dieser umfassende Ansatz, alle relevanten Aspekte des Monitorings einzubeziehen, macht das Projekt außergewöhnlich.

Die Chance, Pandemien frühzeitig einzudämmen

„Das Projekt gehört zu den spannendsten wissenschaftlichen Vorhaben, die wir seit 2020 über den sächsischen Corona-Bewältigungsfonds unterstützt haben“, sagt Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU). „Die staatlichen Fördermittel dafür sind gut angelegtes Geld: Pandemien mithilfe des in Sachsen entwickelten Monitorings frühzeitig eindämmen zu können, wäre für Gesundheit, Wirtschaft und Gesellschaft ein unschätzbarer Vorteil. Dass Sachsen hier mit einer großartigen Innovation eine Vorreiterrolle einnimmt, freut mich besonders.“

Prof. Dr. Peter Krebs, Inhaber der Professur für Siedlungswasserwirtschaft an der Technischen Universität Dresden, betont: „Die abwasserbasierte Beschreibung des Verlaufs der Corona-Pandemie hat im Vergleich zur Erfassung von Drogen oder Pharmazeutika zusätzliche Herausforderungen mit sich gebracht. Wir können aber heute aussagen, dass die Methode von der Probenahme, über das gesamte Analyseverfahren bis hin zur datengetriebenen Modellierung für eine Implementation ins Pandemie- oder Epidemiemanagement bereitsteht. Die Abschlusstagung hat gezeigt, dass auch Gesundheitsämter daran großes Interesse haben. Wir möchten dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus einen großen Dank aussprechen für die Förderung unseres Projektes.“

Und Prof. Dr. Antonis Chatzinotas, Leiter AG Mikrobielle Interaktionsökologie am UFZ, ergänzt: „Eine Besonderheit dieser im Freistaat Sachsen konzertierten Forschungsanstrengung war, unterschiedliche Disziplinen und fachliche Expertisen des UFZ und der TU Dresden zusammenzubringen, um die gesamte Kette eines Abwassermonitorings zu validieren und zu verbessern. Hervorzuheben ist auch die Zusammenarbeit mit den Vertretern der Abwasserwirtschaft, sei es die Kläranlagenbetreiber oder die DWA, die zusammen mit uns die Herausforderungen in diesem Projekt sehr konstruktiv bewältigt haben.“

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Es gibt 2 Kommentare

Sowohl als auch. Probenahme ist automatisch, Zeit-Proportional (im Takt) oder Volumen-Proportional (also stetig). Aufbereitung und Analyse geschieht überwiegend von Hand im Labor. Sie können gerne auch einfach den Link zum Projekt im Artikel oben nutzen um Ihren Wissensdurst selbst zu befriedigen.

Interessant wäre ja mal zu erfahren, wie das funktioniert!
Wird da einmal am Tag ein Reagenzglas abgeschöpft oder wird da irgendwie eine stetige Analyse installiert?
Was für Daten werden gewonnen und wie aussagekräftig sind diese?
Immerhin werden über 1 Mio. Euro dafür aufgewendet.

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