Leipziger Forscher haben herausgefunden, dass weltweite Luftreinhalte-Maßnahmen nicht nur die Luft reinhalten, sondern auch für einen Anstieg der Erderwärmung sorgen. Kein Problem sagt Professor Johannes Quaas von der Universität Leipzig. Und schon gar kein Grund, jetzt wieder mehr CO₂ zu produzieren. Der Meteorologe erklärt, was das Ergebnis bedeutet und was er sich in der Energiepolitik wünscht.
Herr Quaas, zu Ihrer letzten Studie lautete die Überschrift: Bessere Luft beschleunigt globale Erwärmung. Eigentlich haben Sie aber mehr herausgefunden.
Das stimmt. Es sind zwei Teile. Zum einen, dass sich der Schadstoffausstoß in den letzten 20 Jahren verringert hat, wobei das nicht neu ist. Das hängt mit den politischen Maßnahmen zum Luftreinhalten zusammen. Gerade in Leipzig war die Luft vor 20 Jahren deutlicher dreckiger, erst recht natürlich vor 30, 40 Jahren. Das hatte natürlich dramatische Konsequenzen für Menschen und Umwelt.
Bevor wir im Detail über die Studie sprechen: Sehen Sie einen konkreten Punkt, an dem das Luftreinhalten weltweit Priorität bekommen hat?
In Europa passierte das schon in den 80er Jahren durch die Saure-Regen-Debatte. Hier in der Region begann es mit der politischen Wende, durch deren Veränderungen es zu deutlicher besserer Luftqualität gekommen ist. In China gab es dazu vor circa 10 Jahren einen Regierungsbeschluss.
Lassen Sie uns auf die Studie schauen. Was konkret haben Sie herausgefunden?
Dass sich die CO₂-Emission verringert, wissen wir schon aus Arbeiten anderer. Das war nicht neu. Satellitenbeobachtungen zur Aerosolkonzentration gab es auch. Unsere Leipziger Spezialität ist es gewesen, herauszufinden, welcher Zusammenhang zwischen Aerosolkonzentration und Wolkenwechsel existiert.
Jede Wolke besteht aus verschiedenen Tröpfchen. Diese Tröpfchen-Anzahl pro Wolke hat sich über die Jahre verringert. Dadurch sind diese weniger reflektiv. Aus je mehr Tröpfchen eine Wolke besteht, desto heller ist sie von oben und so dunkler von unten. In einer verschmutzten Atmosphäre sieht man mehr dunkle Wolken. Und dort, wo die Aerosolkonzentration zurückgegangen ist, gibt es wohl etwas weniger Wolken.
Das klingt ja grundsätzlich gut. Inwieweit hat das nun einen Effekt auf die globale Erwärmung?
Das hat Einfluss auf die Energiebilanz, konkret wie viel Strahlung aus der Atmosphäre austritt und in die Atmosphäre eintritt. Weniger CO₂-Emission bedeutet, es wird mehr Strahlung absorbiert und aus diesen Energieflüssen kann man den Klimaeffekt ableiten.
Ungefähr ein Viertel des gesamten kühlenden Effekts, der von CO₂-Emissionen auf die Erderwärmung ausgeht, ist verschwunden. Das heißt, die Erderwärmung steigt, weil die CO₂-Emissionen weniger werden.
Wie kann das Klima ähnlich effektiv abgekühlt werden, wenn die CO-Emissionen zurückgefahren werden?
Wir sollten einfach CO-Emissionen vermeiden, wie es 1992 von den Vereinten Nationen beschlossen wurde. Das hätte den größten Effekt. Sobald man diese auf null fährt, hat man keine zusätzliche Erwärmung mehr.
Eine andere Interpretation wäre, die CO₂-Emissionen hochzufahren …
So sollte man es nicht interpretieren. Es gibt jedoch den Bereich des GeoEngineering, in dem zur absichtlichen Emission von Schadstoffpartikeln geforscht wird. Nur ist dann vieles unabsehbar. Wir wissen sicher: Wird kein CO₂ mehr emittiert, endet die globale Erwärmung.
Das Ziel wird seit 1992 mehr oder weniger ernst verfolgt. Ein kompletter Erfolg wird so schnell nicht gelingen. Welche Maßnahmen präferieren Sie als Wissenschaftler auf dem Weg dorthin?
Die grundsätzlich wichtigste Maßnahme wäre für mich, CO₂ einen fairen Preis zu geben. Zurzeit bezahlt man dafür zu wenig, fast nichts. Man muss für die Emission von CO₂ das bezahlen, was gerecht ist. Da ist man auf einem guten Weg in Europa.
Momentan steigen die Preise für fossile Brennstoffe enorm. Aus Klimasicht ist das natürlich richtig. Sehr wichtig wird es nun sein, dass der Gaspreisdeckel so ausgestaltet wird, dass es nicht wieder verbilligt wird, sondern dass Anreize da sind, Energie zu sparen.
Ist das auch Ihre Sicht als Bürger?
Als Bürger sehe ich, dass wir sozialen Ausgleich brauchen, aber der muss so sein, dass es einen konkreten Betrag pro Bürger und Bürgerinnen gibt, die zur Energiewende beitragen. Dabei gehe ich davon aus, dass Energie ihren fairen Preis hat. Soziale Härten werden dadurch abgefedert, dass der Staat das so eingenommene Geld so an alle verteilt, dass der, der weniger CO₂ verbraucht, einen Vorteil hat. Wer SUV fahren will, wird zur Kasse gebeten.
Herr Quaas, woher stammt Ihr Interesse für die Meteorologie?
Ich bin Segelflieger und das war ein Grund, Meteorologie zu studieren. Segelfliegen ist unter den Kollegen übrigens weit verbreitet …
Woran arbeiten Sie aktuell?
Derzeit arbeite ich unter anderem im Klimaphysik-Bereich. Wir als Institut arbeiten eng mit dem Leibniz-Institut für Troposphären-Forschung und dem deutschen Institut für integrative Biodiversitätsforschung zusammen. Wir wollen dabei die Wechselwirkung zwischen Klimawandel und Biodiversitätswandel ergründen.
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