Wissenschaftler aus Leipzig haben eine riesige digitale Karte verรถffentlicht, welche die ganze Vielfalt des Lebens in tausenden Fotos zeigt. Das sogenannte LifeGate umfasst alle 2,6 Millionen bekannten Arten des Planeten und sortiert diese nach ihrer Verwandtschaft. Wer wissen will, welche Orte in der Nรคhe Quitos liegen, der sucht auf Google Maps. Wer hingegen sehen will, welche Tiere verwandtschaftlich in der Nรคhe des Erdmรคnnchens liegen, der kann jetzt auf LifeGate suchen.

LifeGate ist eine neue interaktive Karte; keine geografische, sondern eine taxonomische: Zoomt man rein, sieht man Fotos der nรคchsten Verwandten einer Art, sei es des Erdmรคnnchens oder irgendeiner anderen der 2,6 Millionen bekannten Arten. Zoomt man wieder raus, sieht man, welcher Gruppe (Taxon) die gesuchte Art angehรถrt und welchen anderen Gruppen sie nahesteht. Das Erdmรคnnchen zum Beispiel gehรถrt zur Familie der Mangusten, welche unter anderem den Schleichkatzen nahestehen.

Die Vielfalt des Lebens in einer Karte

Die Online-Plattform LifeGate zeigt die ganze Vielfalt des Lebens in einer einzigen interaktiven Karte. Diese bildet bereits 420.000 Fotos ab, die Datenbank dahinter umfasst 12 Millionen, vom Pantoffeltierchen bis zum Pandabรคren. Dabei gibt es von manchen Arten viele Fotos, von anderen noch keine. 6000 Bรผrgerinnen und Bรผrger weltweit haben dem nicht-kommerziellen Projekt ihre Fotos kostenlos zur Verfรผgung gestellt. Tรคglich kommen neue hinzu.

Erschaffer des LifeGates ist Dr. Martin Freiberg, Kustos des Botanischen Gartens der Universitรคt Leipzig und Mitglied des Deutschen Zentrums fรผr integrative Biodiversitรคtsforschung (iDiv).

โ€žIch wollte LifeGate so bauen, dass alle Arten gleichwertig sind, und dass die unglaubliche Vielfalt der Arten wirklich erleb- und begreifbar wirdโ€œ, sagt Freiberg.

Neuartige Darstellungsweise

Bei der Erstellung stรผtzte er sich auf die Stammbรคume der Natur: Biologinnen und Biologen beschreiben in sogenannten Phylogenien die stammesgeschichtliche Entwicklung und die Verwandtschaftsbeziehungen der Lebewesen. Eingang in LifeGate fanden nur moderne Phylogenien, die bereits auf Basis von DNA-Analysen entstanden sind.

LifeGate: Neue interaktive Karte zeigt die ganze Vielfalt des Lebens

Normalerweise sind solche Darstellungen auf einzelne Artengruppen beschrรคnkt und zeigen beispielsweise nur Vรถgel oder Frรถsche, nur Begonien, Orchideen oder nur Schmetterlinge. Freiberg fรผhrte die Phylogenien erstmals in einer Weise zusammen, dass die verwandtschaftliche Position aller Arten gleichzeitig erkennbar wird. โ€žDa LifeGate auf keine Gruppe beschrรคnkt ist, lassen sich so erstmals รผberhaupt Beziehungen zwischen Arten darstellenโ€œ, sagt er.

Nach elf Jahren endlich ins Licht der ร–ffentlichkeit

Seit 2008 hat Freiberg an der LifeGate-Karte gearbeitet โ€“ ein Kraftakt, zu dem auch die technische Programmierung der Plattform gehรถrte. Nun soll sie endlich ins Licht der ร–ffentlichkeit. โ€žLifeGate hat als wissenschaftliches Erklรคrprojekt fรผr meine Studierenden begonnenโ€œ, sagt Freiberg.

โ€žBilder sind einprรคgsamer als nackte Zahlen und erleichtern den Zugang zum Thema Artenvielfalt. Deshalb fasziniert die Karte auch Amateure und Laien. In den Zoo gehen ja auch nicht nur Biologen.โ€œ

LifeGate โ€“ Tutorial (deutsch)

Freiberg hat noch viel vor. Zum Beispiel soll man in Zukunft von jeder Art verschiedene Foto-Ansichten wรคhlen kรถnnen. Vom Erdmรคnnchen beispielsweise die Augen oder die Ohren, den Kopf von vorne, von der Seite, den Kot, FuรŸabdrรผcke und so weiter. Auch soll es virtuelle Reisen geben: Wer frisst wen? Wer bestรคubt wen?

Freibergs Vision ist ein โ€žGoogle Maps der Artenvielfaltโ€œ

Fรผr seine Plรคne brauchen Freiberg und sein Team jetzt Unterstรผtzerinnen und Unterstรผtzer, vor allem in den Bereichen Programmierung und Projektmanagement und in der weiteren Finanzierung. โ€žSo ist das nicht mehr zu stemmenโ€œ, sagt er. Die รถffentliche Bekanntmachung soll ein erster Schritt sein zum Erreichen von Freibergs Vision: โ€žIn Zukunft startet jede Online-Suche nach Tieren, Pflanzen oder Bakterien bei LifeGate. Es soll das Google Maps der Artenvielfalt werden.โ€œ

รœbrigens: Natรผrlich gibt auch den Homo sapiens im LifeGate. Wer ihn sucht, findet ein Foto von Martin Freiberg und seiner Tochter. Eines von 2,6 Millionen Feldern auf der riesigen Karte des Lebens โ€“ am oberen Rand, halblinks.

Lust bekommen? Erkunden kann man LifeGate hier.

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