Er gehört zu rund 230 internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die jetzt einen neuen Weltklimabericht vorgelegt haben: Johannes Quaas, Professor für Theoretische Meteorologie an der Universität Leipzig. Als Entscheidungsgrundlage für die zukünftige Klimapolitik beantwortet der Bericht des IPCC Fragen etwa zu Einflussfaktoren des Klimawandels. Und die Leipziger Meteorologen kennen sich aus mit Strahlungsphysik.

Herr Professor Quaas, im neuen Weltklimabericht der Vereinten Nationen geht es im ersten Teil unter anderem um die naturwissenschaftlichen Aspekte der Erderwärmung und um regionale Vorhersagen des Klimawandels. Welche Erkenntnisse können Sie hier beitragen?

Wir in Leipzig sind führend in der Frage, wie Wolken, Aerosolpartikel und Strahlung miteinander und mit dem Klima wechselwirken. Dies sind wichtige Fragen, um den Klimawandel besser zu verstehen, und wir haben hier in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht.

Zu dem neuen Bericht habe ich konkret die Einschätzung des Standes der Wissenschaft zu den beobachteten Klimaeinflüssen von Vulkanen und Sonne sowie eben Aerosolen beigetragen, und die Analyse, wie sich die verschiedenen menschlichen Einflüsse in den letzten 150 Jahren auf das Klima ausgewirkt haben.

Die Hochwasserbilder aus dem Westen der Bundesrepublik, aber auch aus China oder Belgien sowie die von den Feuersbrünsten in Südeuropa und Nordamerika rütteln die Menschen auf. Wie nahe sind uns denn die Auswirkungen des Klimawandels schon gekommen?

Viele Aspekte des Klimawandels sind auch bei uns eindeutig zu beobachten: die Erwärmung (2,6 °C letztes Jahr in Deutschland gegenüber der vorindustriellen Zeit), weniger Schnee und Eis (wenn auch der letzte Winter wieder mal Schnee gebracht hat!) und eben auch Anzeichen für vermehrten Starkniederschlag. Aber in anderen Regionen wirkt der Klimawandel noch wesentlich stärker. Wir in Leipzig erforschen ja im Schwerpunkt, wie und warum beispielsweise die Arktis sich so dramatisch ändert.

Noch immer gibt es Menschen – darunter auch Politiker –, die die Erkenntnisse der Wissenschaft zum Wandel des Klimas sehr skeptisch sehen oder diese sogar leugnen. Wie kann jeder von uns z. B. in persönlichen Gesprächen versuchen, diese Leute zu erreichen und davon zu überzeugen, dass der Klimawandel Realität ist?

Nach meiner Einschätzung ist das oft schwierig. Ich versuche immer, zu schauen, wo die gemeinsame Basis aufhört, bzw. ab welchem Punkt man anfangen kann. Wenn grundsätzlich Evidenz und wissenschaftliche Erkenntnis abgelehnt werden, wird es sehr schwierig. Viele der sogenannten Argumente drehen sich im Kreis, sie reichen von „es gibt keinen Klimawandel“ über „es gibt ihn, er ist aber nicht vom Menschen verursacht“ bis „es ist eh zu spät, etwas zu tun“.

Eine schöne Übersicht über gern vorgebrachte vermeintliche Argumente und wie man ihnen begegnen kann, findet sich unter skepticalscience.com, einem englischsprachigen Portal. Auf klimafakten.de gibt es Argumentationshilfen in deutscher Sprache.

Noch einmal zurück zum Weltklimabericht. Der Weltklimarat (IPCC/ Intergovernmental Panel on Climate Change) forscht nicht selbst, sondern beauftragt namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Studien zu allen Aspekten des Klimawandels zu sichten und zu bewerten. An dem neuen Bericht sind mehr als 230 Experten beteiligt. Wie wird man Teil dieser doch sehr einflussreichen Forschergruppe?

Wie der Name schon sagt, ist das IPCC intergouvernemental, also zwischenstaatlich. Die Staaten nominieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. In Deutschland kann man sich einfach bewerben und die Bundesregierung trifft keine Vorauswahl. In anderen der beteiligten Staaten trifft die jeweilige Regierung die Auswahl. Unter allen Nominierten wählt dann das IPCC-Büro (derzeit für die Arbeitsgruppe 1 in Paris) unter Berücksichtigung von ausgewiesener Expertise, aber auch Geschlechter- und geografische Diversität, die federführenden Autorinnen und Autoren aus.

Das Interview führte die Medienredaktion der Universität Leipzig.

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