Die biologische Vielfalt ist in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren stark zurückgegangen. Die Arbeitsgruppe „Biodiversität in der Agrarlandschaft“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften empfiehlt deswegen, unverzüglich zu handeln. Auf allen Ebenen, auch der kommunalen.
Bei einer gemeinsamen Tagung am Mittwoch, 24. Oktober, in Berlin hat die Arbeitsgruppe ihre Kurz-Stellungnahme „Artenrückgang in der Agrarlandschaft: Was wissen wir und was können wir tun?“ vorgestellt.
Darin schlägt sie auch vor, die anstehende Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik zu nutzen, um Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt zu finanzieren. Zudem sollten Kreise und Kommunen stärker angeregt werden, den Artenreichtum auf ihren Flächen zu fördern. Nicht zuletzt könne auch der Handel beitragen, etwa indem Produkte aus biodiversitätsfreundlicher Produktion gekennzeichnet werden.
Diese Handlungsoptionen sind alle Teil der Kurz-Stellungnahme „Artenrückgang in der Agrarlandschaft: Was wissen wir und was können wir tun?”, die heute Abend bei einer Veranstaltung in Berlin vorgestellt und diskutiert wird.
Denn gerade in den landwirtschaftlich genutzten Gebieten ist der Artenrückgang bei allen Lebewesen – bei Vögeln und Insekten genauso wie bei Säugetieren – europaweit nachweisbar.
Die Ursachen des Artenrückgangs sind vielfältig: Unter anderem schaden die Zunahme bewirtschafteter Ackerbauflächen, die vorbeugende und flächendeckende Nutzung von Pflanzenschutzmitteln, Überdüngung und die sinkende Strukturvielfalt der Landschaft der Biodiversität. In Deutschland gibt es – anders als in anderen europäischen Ländern – kein offizielles und landesweit einheitliches Monitoring der biologischen Vielfalt.
Entsprechend setzt sich das Bild vom Zustand der Biodiversität in Deutschland aus sehr vielen Quellen mit verschiedenen Standards und Methoden zusammen. Dies führt zu Kontroversen über Umfang und Ursachen des Phänomens Artenrückgang. Trotzdem lässt sich laut der Kurz-Stellungnahme ein starker Artenrückgang in Deutschland in den letzten 25 Jahren deutlich belegen.
Dies gilt auch für ausgewiesene Schutzgebiete. Um die Datenlage zu verbessern, empfehlen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein bundesweites und standardisiertes Monitoring der biologischen Vielfalt.
Natürlich betrifft das auch Sachsen, das bis heute ebenfalls keine Landwirtschaftspolitik auf die Beine gestellt hat, die alte Schutzstreifen und wichtige Biotope wieder herstellt und den Lebensraum gerade der so wichtigen Insekten sichert.
Aber es betrifft auch den eher zaghaften Umgang mit Schutzgebieten – wie etwa dem FFH-Gebiet Leipziger Auenwald.
„Bestehende Schutzgebiete müssen vergrößert, biodiversitätsfreundlicher bewirtschaftet und besser vernetzt werden“, schreiben die Forscher. „Die Ziele des Natura-2000-Netzwerkes sollten stärker in der Förderung der GAP und im Rahmen des Planungsrechts berücksichtigt werden. FFH-Managementpläne können den Schutz der biologischen Vielfalt verbessern und gleichzeitig zur Teilhabe, Mitwirkung und Umsetzung von Naturschutz durch Landwirtinnen und Landwirte beitragen.
Der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sollte in Schutzgebieten grundsätzlich untersagt sein. Um die Schutzgebiete sollten Pufferzonen eingerichtet werden, um sie vor unerwünschtem Stoffeintrag abzuschirmen.“
Da hat auch Sachsen noch gewaltig etwas nachzuholen.
Bei der Veranstaltung am Mittwoch in Berlin diskutieren Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Politik, Forschung und Praxis die ersten Empfehlungen der Kurz-Stellungnahme. Die Ergebnisse fließen in die weitere Arbeit der Akademien-Arbeitsgruppe ein. Diese arbeitet an einer umfangreicheren Stellungnahme über den Zustand der Agrarökosysteme, und wird Empfehlungen geben, wie Agrarlandschaften einen Lebensraum für eine große Artenvielfalt bieten können.
Geleitet wird die Akademien-Arbeitsgruppe „Biodiversität in der Agrarlandschaft“ von Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Mitglied des Direktoriums der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein, Professorin für Naturschutz und Landschaftsökologie an der Universität Freiburg, sowie Prof. Dr. Wolfgang Wägele, Direktor des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig in Bonn, die auch bei der Veranstaltung mitdiskutieren.
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