Niemand wird nachher sagen können, er habe es nicht gewusst. Kein Politiker, kein Autofahrer, kein Energieunternehmen. Wir wissen längst, welche Folgen der Klimawandel auch für Deutschland und Sachsen haben wird. Und dass wir eigentlich keine Spielräume mehr haben – der Dürresommer 2018, der so sehr an den Dürresommer 2003 erinnert, wird nicht die Ausnahme bleiben, sondern zur Regel werden. Was Forscher des Umweltforschungsinstituts jetzt in ihrem Newsletter sehr anschaulich zeigen.
Sie mussten nicht einmal ein neues Forschungsprojekt dafür auflegen. Die Daten liegen längst vor.
„Eine realistischere Kulisse als den Sommer 2018 hätte sich für unser Titelthema nicht bieten können – fast 90 Prozent der Fläche Deutschlands leiden Mitte August unter extremer Dürre, Flüsse und Bäche trocknen aus und die Landwirtschaft beklagt Einbußen in mehrstelliger Millionenhöhe“, betont das Umweltforschungszentrum.
„Bereits Anfang des Jahres hatte ein Wissenschaftlerteam des UFZ in renommierten wissenschaftlichen Journalen veröffentlicht, wie sich ein globaler Temperaturanstieg von ein bis drei Grad Celsius auf die Ausbreitung und die Dauer von Dürren, Niedrigwasser und Hochwasser in Europa auswirken kann. Ihr Fazit verheißt vor allem im Drei-Grad-Fall nichts Gutes und macht deutlich, wie wichtig eine Begrenzung der globalen Erderwärmung ist.“
Dabei gingen die Forscher anders vor als in den üblichen Klimamodellen.
„Gemeinsam mit dem Mathematiker Dr. Stephan Thober führte Samaniego ein internationales Forscherkonsortium an, dem es gelang, ein sogenanntes KlimaHydrologieModellensemble in bislang nie dagewesener Präzision für ganz Europa aufzubauen. Es ist in der Lage, verlässlich zu beschreiben, wie sich die globale Erderwärmung auf die Dauer und die Ausdehnung von Dürren im Boden sowie Niedrigwasser und Hochwasser in Flüssen auswirkt.
Samaniego und sein Team beziehen sich dabei auf konkrete Erwärmungsgrade der Erde von einem bis drei Grad Celsius. Dieser Denkansatz ist neu und unterscheidet sich von dem anderer Wissenschaftler, die eher die Veränderungen unter verschiedenen CO2-Emissionsszenarien im Blick haben“, schreibt Benjamin Haerdle in seinem Beitrag im UFZ-Newsletter.
Und recht hat er, wenn er betont: „In Deutschland fand das Thema Dürre lange Zeit nur wenig Beachtung. Durch die Dürre 2015 und die seit diesem April anhaltende Trockenheit sowie die damit verbundenen Schäden in Land und Forstwirtschaft ist die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit größer geworden, das zeigen auch die Klicks auf den UFZ-Dürremonitor. Allein im Juli 2018 wurde mehr als 23.000 Mal auf die Webplattform zugegriffen.“
Augenscheinlich müssen erst Bauern nach Milliarden-Hilfen rufen, Kraftwerke abgeschaltet werden, die Wasserentnahme aus Flüssen verboten werden, damit Politiker und Medien überhaupt bereit sind, auf das Thema zu reagieren. Dann aber meist in einem alarmistischen Ton.
Aber das Modell des UFZ, das ja nun auch von den realen Niederschlagsmengen in Europa ausgeht, aus denen sich ja dann Bäche, Flüsse, Seen und Grundwasserspeicher speisen, zeigt auch etwas, was gern verdrängt wird: Schon 1,5 Grad Temperaturerhöhung sorgen dafür, dass solche Phänomene, wie wir sie jetzt beobachten, nicht mehr außergewöhnlich bleiben, sondern „normal“ werden. Und besonders heftig betroffen sind dabei die Mittelmeerländer, die heute schon unter massivem Niederschlagsmangel leiden – etwa in Spanien, wo die Niederschlagsmenge schon um 20 Prozent zurückgegangen ist.
Denn eigentlich ist ja kein Jahrhundert mehr hin bis zu den 1,5 Grad Klimaerwärmung.
Und die Modelle zeigen noch etwas: Bis 2 Grad Celsius könnte Deutschland die Klimaerwärmung vielleicht noch abpuffern, dann gäbe es auch noch genug Niederschläge, um auch längere Dürrezeiten wieder auszugleichen, sodass sich die Böden wieder erholen können. Bei 3 Grad Erwärmung aber wird auch Deutschland unter massiver Wasserknappheit leiden.
„Auch in Deutschland macht es einen Unterschied, ob sich die Erde um mehr oder weniger als zwei Grad erwärmt“, sagt Andreas Marx.
„So würden sich sommerliche Niedrigwassersituationen in deutschen Flüssen bei 1,5 Grad Celsius Erderwärmung noch leicht entspannen. Bei einer Erwärmung von drei Grad Celsius dagegen wäre flächendeckend für ganz Deutschland eine Abnahme der Wasserstände zu erwarten“, schreibt Haerdle.
„Im Einzugsgebiet des Rheins oder an Elbezuflüssen wie der Saale fällt sie mit mehr als zehn Prozent am stärksten aus. Auch Dürren nehmen mit dem globalen Temperaturanstieg in Deutschland zu. Während die durchschnittliche Anzahl der Dürremonate im historischen Zeitraum 1971-2000 bei ungefähr zwei Monaten pro Jahr lag, verdoppelt sich diese Zahl bei einer Erwärmung um drei Grad in Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Teilen von Baden-Württemberg.“
In Sachsen würden die Dürrezeiten um 59 Prozent zunehmen.
Höchste Zeit also, das Land auf zunehmende Dürreperioden vorzubereiten – und gleichzeitig die Ursachen für den weltweiten Temperaturanstieg zu minimieren. Was eben auch das baldige Abschalten der Kohlekraftwerke bedeutet.
Denn wenn die Dürren zuschlagen, wird es teuer. Die Dürre von 2003 soll Schäden von 15 Milliarden Euro verursacht haben.
„Der sicherste Weg ist, es erst gar nicht zu einer Drei-Grad-Erwärmung kommen zu lassen“, zitiert Haerdle deswegen die Forscher Luis Samaniego, Andreas Marx und Stephan Thober.
Auch Sachsen hat die letzten zwei Jahrzehnte bei der Klimaanpassung grundlos vertrödelt
Auch Sachsen hat die letzten zwei Jahrzehnte bei der Klimaanpassung grundlos vertrödelt
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