Das war dann also so ungefähr der BER des fränkischen Reiches: das größte Infrastrukturprojekt der Zeit, genial geplant. Es sollte den Handel zwischen Rhein und Donau heftig beschleunigen. Selbst Karl der Große kam, um die gewaltige Baustelle zu besichten. Und dann wurde die fossa carolina doch nie fertig. Selbst die letzen 700 Meter bis zur Altmühl wurden nicht gebaut.
Doch der berühmte Karlsgraben beschäftigt bis heute die Forscher. Seit 2012 versuchen sie, das Rätsel dieses Grabens, der die zwei großen Flusssysteme Ostfrankens miteinander verbinden sollte, zu ergründen.
Vor über 1.000 Jahren wollte Kaiser Karl der Große einen durchgehenden Schifffahrtsweg vom Rhein zur Donau schaffen. In den Jahren 792/793 n. Chr. wurde das Verkehrsprojekt, das als eines der bedeutsamsten des Frühmittelalters in Zentraleuropa gilt, in Angriff genommen. Der sogenannte Karlsgraben liegt am Fuß der Südlichen Frankenalb in Mittelfranken. Das ambitionierte Projekt ist in seinen Dimensionen mit modernen Großprojekten wie dem Panama-Kanal oder dem Berliner Flughafen vergleichbar, stellt auch die Universität Leipzig fest, die jetzt zumindest das Ende einer Hoffnung verkünden kann.
Wie bei diesen Projekten gab es auch damals Verzögerungen und technische Probleme. Aktuelle Forschungen eines Teams aus Leipzig, Hildesheim, Jena, Kiel, Berlin und München belegen nun, dass das Vorhaben Karls des Großen gescheitert ist und verschiedene Teile des Kanals nicht vollendet wurden.
Seit Jahrzehnten wurde die Frage kontrovers diskutiert, ob der südliche Anschluss des KarlsÂgrabens an die Altmühl und damit an das Donaueinzugsgebiet fertiggestellt war. Nur mit diesem Anschluss wäre eine Befahrung des Kanals möglich gewesen. Durch modernste geophysikalische, archäologische und physisch-geographische Untersuchungen ist es dem Forscherteam gelungen, mit neuen Erkenntnissen diese und weitere Fragen zu beantworten.
Die im renommierten Fachmagazin „Quaternary International“ publizierten Forschungen belegen, dass sich der Flussverlauf der Altmühl seit der Karolingerzeit nur geringfügig verändert hat. Auf einer Strecke von mindestens 700 Metern zwischen den nachweisbaren Resten des Kanals im Ort Graben und der Altmühl gibt es jedoch keinerlei Spuren eines schiffbaren Kanals. Das Autorenteam um Prof. Dr. André Kirchner (Universität Hildesheim), Prof. Dr. Christoph Zielhofer (Universität Leipzig) und Dr. Lukas Werther (Friedrich-Schiller-Universität Jena) kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Bau in diesem Bereich unvollendet blieb.
Trotzdem ist der Karlsgraben eine der bemerkenswertesten Ingenieursleistungen des Frühmittelalters. Die seit 2012 laufenden Forschungen im Rahmen eines Schwerpunktprogramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) haben gezeigt, dass Teile des Bauwerks weitgehend fertiggestellt und vermutlich funktionsfähig waren. Der Kanal hätte im Wassertransport des Mittelalters also durchaus eine entscheidende Rolle spielen können.
Doch einige Abschnitte, wie der Kanalanschluss an die Altmühl, wurden nicht zu Ende gebaut, so dass der Kanal nie als Ganzes befahrbar war. Möglich, dass der Streit mit dem bayerischen Herzog Tassilo dazu führte, dass die Bauarbeiten nicht fortgesetzt wurden. Gerade in den Jahren 791 bis 793 setzte Karl der Große alle Kraft daran, das Herzogtum Bayern in sein Frankenreich einzugliedern. Vielleicht verlor der Kanalbau auch deshalb seine Bedeutung, weil die Einverleibung glückte.
Erst mehr als 1.000 Jahre später gelang es im 19. Jahrhundert mit dem Ludwig-Donau-Main-Kanal, die Idee Karls des Großen erfolgreich umzusetzen.
Die Forschungen am Karlsgraben werden auch 2018 fortgesetzt, teilt das Institut für Geografie der Uni Leipzig mit, um noch offene Fragen an das außergewöhnliche Bauwerk zu beantworten.
Originaltitel der Veröffentlichung in „Quaternary International“: „A multidisciplinary approach in wetland geoarchaeology: Survey of the missing southern canal connection of the Fossa Carolina (SW Germany)“
Leipziger Geoarchäologe vermeldet kleinen Sensationsfund am berühmten Karlsgraben
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