Sie liegen oft stundenlang wach im Bett, wälzen sich von einer Seite auf die andere und fühlen sich am nächsten Tag wie gerädert: 25 Prozent der Deutschen leiden laut Robert-Koch-Institut unter Schlafstörungen, für weitere elf Prozent ist der Schlaf häufig nicht erholsam. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt nun auch ein Leipziger Forscherteam.
Für ihre Untersuchung werteten die Forscher der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig Angaben zur Schlafqualität von 9.284 Probanden aus. Die Daten stammen aus der Studie des Leipziger Forschungszentrums für Zivilisationserkrankungen (LIFE), einem Untersuchungsprogramm zu Ursachen und Früherkennung von Zivilisationserkrankungen am Beispiel der Leipziger Bevölkerung.
Die Ergebnisse aus der Studie zur Schlafqualität definieren nun erstmals solide Ergebnisse für guten und schlechten Schlaf für unseren westlichen Kulturkreis.
„Wenn wir in Zukunft den Schlaf von bestimmten Patientengruppen untersuchen, wissen wir nun, welches Schlafverhalten wir zugrunde legen können“, erläutert Studienleiter Prof. Dr. Andreas Hinz vom Lehrstuhl für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig unter Leitung von Prof. Dr. Anja Mehnert.
In einem Fragebogen gaben die Versuchsteilnehmer Auskunft über ihren Schlaf: Neben der subjektiven Einschätzung machten sie Angaben zur Schlafdauer, der Zeit bis zum Einschlafen, der Schlafeffizienz, möglichen Schlafstörungen und Schlafmittelkonsum sowie zur Tagesschläfrigkeit. Aus den Punkten für die einzelnen Antworten wird ein Gesamtwert errechnet: Über einem Wert von fünf leidet der Patient an Schlafproblemen, Werte darunter versprechen eine bessere Schlafqualität.
„Diesen Grenzwert von fünf haben die Autoren, die den Fragebogen entwickelt haben, bestimmt. In Studien wird dieser Wert beibehalten, um die Ergebnisse vergleichen zu können“, so Prof. Dr. Andreas Hinz.
Legt man diesen Grenzwert auch der Leipziger Studie zugrunde, so haben 36 Prozent der Untersuchten mit Schlafproblemen zu kämpfen. Frauen (42 Prozent) leiden häufiger unter einer minderen Schlafqualität als Männer (29 Prozent). Auch Übergewichtige schlafen schlechter.
Der Nikotinkonsum hingegen macht keinen Unterschied. Doch dafür registrieren die Forscher eine deutliche Bildungsabhängigkeit der Schlafqualität: So schliefen die Probanden mit Abitur besser als Teilnehmer ohne Abitur. Darüber hinaus hatten Arbeitslose mit einer deutlich schlechteren Schlafqualität zu kämpfen als Berufstätige.
„Das ist ganz interessant. Die Arbeitstätigkeit hält zwar Belastungen bereit, aber keiner Arbeitstätigkeit nachzugehen ist noch belastender für den Menschen. Das zeigen auch Studienergebnisse aus anderen Bereichen – etwa Untersuchungen zu Depressivität“, ordnet Prof. Dr. Andreas Hinz die Befunde ein.
Die aktuelle Leipziger Untersuchung ist im Bereich der Grundlagenforschung angesiedelt und besonders fruchtbar als Referenzstudie für zukünftige Projekte. Sie kann Zusammenhänge zwischen Schlafqualität und anderen Variablen beschreiben, jedoch keine Aussage zu Ursache und Wirkung treffen.
Etwa was Fragen betrifft, die insbesondere Krankenkassen beschäftigen: Welche Auswirkungen hat später Fernsehkonsum auf den Schlaf? Welche Rolle spielt Computernutzung? Wie beeinflusst tägliche (sportliche) Bewegung den Schlaf? Wie wirken sich familiäre Beziehungen aus, Zukunftsängste, Geldprobleme oder andere Erkrankungen? Oder gar die Nutzung von aufputschenden oder beruhigenden Getränken oder medizinischen Produkten? Oder Lage und Lärmbelastung der Wohnung? Und so fort.
So können Probleme auf der Arbeit schlechten Schlaf verursachen, oder umgekehrt der schlechte Schlaf Probleme im Arbeitsalltag schaffen.
Dass (erholsamer) Schlaf für viele Zeitgenossen so ein Problem geworden ist, hat ja auch damit zu tun, dass wir zu einer immerwachen Kultur geworden sind, einer Zivilisation, die natürliche (Schlaf-)Rhythmen fast ausgemerzt hat, obwohl unsere Körper nach wie vor auf die natürlichen Abläufe von Tag und Nacht und Jahreszeiten programmiert sind.
Was freilich auch noch nicht erklärt, warum Frauen häufiger unter schlechtem Schlaf leiden als Männer. Es sei denn, sie haben es mit deutlich mehr Stressoren zu tun als der männliche Teil des Problems.
So ist das Schlafproblem auch wieder ein Teil der um sich greifenden Zivilisationskrankheiten, mit denen sich die Forscher in Leipzig beschäftigen.
Das Leipziger Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen (LIFE) widmet sich der Erforschung von Zivilisationserkrankungen, wie Depression, Diabetes, Allergien oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dazu werden so viele Daten wie möglich zur Gesundheit und zu den Lebensumständen der Leipziger Bevölkerung gesammelt und für die Wissenschaftler der Leipziger Universitätsmedizin und anderen Forschungseinrichtungen im LIFE Datenportal zur Verfügung gestellt. LIFE wird finanziert aus Mitteln der Europäischen Union durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie den Europäischen Sozialfonds (ESF) und aus Mitteln des Freistaates Sachsen im Rahmen der Landesexzellenzinitiative.
Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich im Journal of Affective Disorders erschienen.
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