Das Jahr 2015 hat so richtig eingeschlagen beim Personal an Sachsens Hochschulen. Zum ersten Mal wurden die Folgen der Personalkürzungen sichtbar, die die seinerzeitige CDU/FDP-Regierung beschlossen hatte. Aber es war auch das Jahr, in dem sächsische Hochschulen gleich mehrere drittfinanzierte Projekte verloren. Auch damit gehen hunderte wissenschaftliche Arbeitsplätze verloren.
Und es zeigt sich, was eigentlich zu befürchten war: Das neoliberale Vorzeigeprojekt eines Hochschulsystems, das sich immer stärker durch Drittmittel finanziert, ist an seine Grenzen gestoßen. Mehr ging nicht. Schon gar nicht in einem Land, in dem die finanzstarke Wirtschaft fehlt, die große Forschungsprojekte allein finanzieren könnte.
Dabei haben die Hochschulen alle versucht, die verschiedenen Kürzungsrunden der vergangenen Jahre dadurch aufzufangen, dass sie vermehrt privat finanzierte Lehrstühle einwarben und sich mit allen verfügbaren Kräften in die Bewerbungsrunden als Eliteuniversität, Exzellenzprojekt oder geförderter Forschungsverbund stürzten. Die jeweiligen Wissenschaftsministerinnen waren mächtig stolz auf so ein effizientes System, in dem die Hochschulen durch echte Eigeninitiative neue Geldquellen erschlossen und somit die fehlenden Zuwendungen des Landes kompensierten.
Aber das Jahr 2015 zeigte, dass diese Jagd an ihren Grenzen angelangt ist. Denn auf dem Markt der Drittmittelgeber tummeln sich kaum große Konzerne, die unbedingt Geld in sächsische Forschung lenken wollen. Drittmittelgeber sind vor allem der Bund und die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Sie fördern in der Regel zeitlich befristete Projekte mit klaren Zielvorgaben. Die Wissenschaftler bekommen Zeitverträge. Doch jede Verlängerungsrunde braucht wieder dieselbe Kraft und denselben Personalaufwand in den Hochschulen, um die Geldgeber zu überzeugen und vor allem, sich gegen andere Mitbewerber durchzusetzen, die natürlich ihre Aktivitäten beim Einwerben der begehrten Gelder auch verstärkt haben.
Das Ergebnis ist die Verwandlung eines großen Teils der Hochschulforschung in eine Karawane. Die mit Zeitverträgen angestellten Forscher haben nur für den Projektzeitraum Sicherheit. Wenn sie kein Anschlussprojekt finden, droht ihnen die Arbeitslosigkeit. Aber selbst wenn sie anderswo ein neues Forschungsprojekt auf Zeit finden, heißt das für Sachsen: Das wissenschaftliche Potenzial wandert ab. Die Kurzfristforschung verstetigt sich nicht am Ort und führt auch nicht zur Etablierung wirtschaftlich tragfähiger Strukturen.
Dass das Einwerben von Drittmitteln selbst große Kapazitäten des fest angestellten Personals an den Hochschulen bindet, kommt hinzu. Wenn man Hochschule verschlankt, wie das gegenwärtig in Sachsen getan wird, fehlen auch die Fachkräfte, die sich gezielt um wichtige neue Forschungsprojekte und die notwendigen Drittmittel bemühen können.
Zumindest fällt auf, dass der Rückgang des über den Stellenplan finanzieren Personals an sächsischen Hochschulen direkt gefolgt wird von einem Rückgang der über Drittmittel finanzierten Stellen.
Die Zahlen lieferte am 2. August das Sächsische Landesamt für Statistik.
Am 1. Dezember 2015 waren demnach an den sächsischen Hochschulen (einschließlich Hochschulkliniken) 42.499 Personen beschäftigt, darunter 5.394 studentische Hilfskräfte. Das waren nach Angaben des Statistischen Landesamtes 507 Beschäftigte bzw. 1,2 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Und den deutlichsten Rückgang gab es genau da, wo eigentlich Forschung betrieben wird: „Beim wissenschaftlichen und künstlerischem Personal ging die Beschäftigtenzahl um knapp 3 Prozent zurück (darunter hauptberufliches Personal: – 1,3 Prozent). Im nichtwissenschaftlichen Bereich (Verwaltungs-, technisches und sonstiges Personal) gab es dagegen 1,4 Prozent mehr Mitarbeiter als im Vorjahr. – Hauptberuflich waren im wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich 11.655 wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter, 2.337 Professoren, 600 als Lehrkräfte für besondere Aufgaben sowie 127 Dozenten und Assistenten tätig. 10.508 Personen waren nebenberuflich beschäftigt, darunter 78 Prozent als wissenschaftliche Hilfskräfte. Dem Verwaltungs-, technischen und sonstigen Bereich waren u.a. 4.716 Personen in der Verwaltung, 3.800 im Pflegebereich, 2.655 als Technisches Personal und 1.173 als Auszubildende/Praktikanten zuzuordnen.“
2013 waren aus dem offiziellen Stellenplan noch 9.414 Personen im wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich finanziert worden. Deren Zahl schmolz schon 2014 auf 9.085 ab und 2015 dann auf 8.995.
Parallel ging die Zahl der über Drittmittel finanzierten wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter von 10.982 über 10.250 auf 9.439 zurück. Das ist der Hauptgrund dafür, warum 2015 ein so deutlicher Rückgang beim Hochschulpersonal festgestellt werden konnte.
Damit ging dann auch der Anteil der aus Drittmitteln Beschäftigten an sächsischen Hochschulen von 29 auf 27 Prozent zurück.
Die Meldung des Sächsischen Landesamtes für Statistik zur Entwicklung des Hochschulpersonals.
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