Vom 4.- 8. Juli 2016 findet in Leipzig die GEO BON Open Science Conference statt. Mehrere hundert internationale Experten kommen hier im Rahmen des globalen Beobachtungssystems für biologische Vielfalt GEO BON zusammen. Auch um unter anderem globale Standards zur Erhebung und Zugänglichkeit von Daten zu bestimmen. Denn um das globale Problem „Biodiversitätsverlust“ vollständig erfassen und bekämpfen zu können, braucht es eine solide Datenbasis.
„Was wir sicher wissen ist, dass wir kaum etwas wissen“.
Doch die ist im globalen Maßstab bisher kaum vorhanden. Oder um es mit dem Organisator der Konferenz, Dr. Miguel Fernández, zu sagen: „Was wir sicher wissen ist, dass wir kaum etwas wissen“. Allerdings ist eine erschreckende Bilanz zu verzeichnen, wie es die UN-Konvention zur Biologischen Vielfalt CBD verkündet. Derzeit erlebe man das größte Artensterben seit dem Untergang der Dinosaurier. Bis zu 150 Arten gingen täglich verloren. Wissenschaftler setzen die aktuelle Aussterberate bei 1.000 bis 10.000-fach gegenüber Zeiten vor dem Erscheinen des Menschen an. Das Problem bei diesen Zahlen ist jedoch: Keiner weiß genau, wie viele Arten es tatsächlich auf der Welt gibt. Aktuelle Schätzungen gehen von zwischen fünf und 30 Millionen Arten weltweit aus. Rund zwei Millionen davon sind bereits bekannt.
Jedes Jahr 18.000 neue Arten
Dass Arten tatsächlich verschwinden, kann bisher nur an sehr wenigen Artengruppen zweifelsfrei gezeigt werden. Eine verhältnismäßig gute Datenlage besteht beispielsweise für Vögel und Säugetiere. Doch für andere taxonomische Gruppen wie Amphibien oder Erdregionen wie etwa Ostafrika gibt es kaum Daten. „Wenn man sich etwa die Karten des Living Planet Index des WWF genauer anschaut, stellt man fest, dass oft gerade in jenen Ländern, die eine offensichtlich besonders hohe Biodiversität aufweisen, kaum Daten vorliegen und auf Hochrechnungen zurückgegriffen wird“, sagt Fernández. Das mache die Aussagen und Schlussfolgerungen natürlich sehr ungenau. Wie gering das Wissen ist zeige auch, dass jedes Jahr weltweit 18.000 neue Arten beschrieben würden.
Verlust der Biodiversität bis 2020 stoppen
Die Unterzeichner der UN-Biodiversitätskonvention CBD, darunter auch Deutschland, haben sich verpflichtet, den Verlust der Biodiversität bis zum Jahr 2020 zu stoppen und den Trend umzukehren. Ohne Daten lässt sich dieses international verbindliche Ziel allerdings nicht überprüfen. Das internationale Netzwerk GEO BON soll hier für eine bessere Erfassung und Zusammenführung von Daten zum Zustand und der Entwicklung der Arten weltweit sorgen. Denn nur auf solider Datenbasis können sinnvolle Empfehlungen für Schutzgebietsausweisungen, Managementmaßnahmen und Ressourcennutzungen gegeben und ihre Wirksamkeit anschließend bewertet werden.
Daten global zugänglich machen
Um die Wissenslücken zu schließen, verfolgt GEO BON mehrere Strategien: Erstens müssen mehr Daten erhoben werden, vor allem in den Erdregionen, deren Biodiversität wenig bekannt ist. Zweitens müssen solche Daten global zugänglich gemacht werden, die von lokalen und nationalen Behörden erhoben aber nicht veröffentlicht werden. Drittens müssen Daten und die Art ihrer Erhebung vereinheitlicht werden, um sie vergleichbar zu machen und zusammenzuführen. GEO BON entwickelt sogenannte EBV (Essential Biodiversity Variables), eine Auswahl von Messgrößen als Indikatoren, sozusagen die Mindestanforderung an Informationen, um den Zustand und die Entwicklung der globalen Biodiversität beschreiben und Zusammenhänge herstellen zu können.
Bessere Vertretung aller Weltregionen erreichen
Bei der Konferenz in Leipzig will sich GEO BON aber vor allem um die eigene Diversität kümmern. Denn die ist mit vornehmlich weißen männlichen Mitgliedern aus Europa und den USA noch sehr gering. „Wir wollen eine bessere Vertretung aller Weltregionen und ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis erreichen. Denn je diverser wir aufgestellt sind, desto größer auch die Zahl der Ideen, die wir hervorbringen können“, meint Miguel Fernández. Deshalb haben sich die Organisatoren statt zu einem üblichen jährlichen Arbeitstreffen zu einer offenen internationalen Konferenz für alle Interessierten entschieden, wo sich in Vorträgen und Workshops zeigen wird, wie viel Leben in Forschungsdaten stecken kann.
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