Will man heute einen Baum fällen, fährt man in den nächsten Baumarkt und kauft sich eine Kettensäge. Die Menschen der Jungsteinzeit hatten es da nicht so einfach. Umso erstaunlicher ist, dass sie mit einfachen Steinwerkzeugen bis zu einem Meter dicke Eichen fällten und komplizierte Holzkonstruktionen bauten. Zum Beispiel Holzbrunnen.
Seit mehr als drei Jahren finden Ausgrabungen in Droßdorf, im Tagebau Vereinigtes Schleenhain auf dem Abbaufeld Peres statt. Auf einer Fläche von knapp zehn Hektar ist hier ein jungsteinzeitliches Dorf aufgefunden worden. Südwestlich außerhalb der Siedlungsfläche wurde in einer flachen Senke ein wahres „Brunnenfeld“ mit insgesamt neun neolithischen (neusteinzeitlich, d. Red.) Brunnen entdeckt.
Darunter befinden sich fünf, von denen die Archäologen mit Sicherheit ausgehen, dass sie aus der Zeit der sogenannten Linienbandkeramik stammen. Während sieben Brunnen vor Ort untersucht werden konnten, barg man zwei linienbandkeramische Kastenbrunnen im Block und brachte sie zur weiteren Untersuchung in eine ehemalige LPG-Halle nach Großstolpen. Als Linienband-Keramik bezeichnet man frühsteinzeitliche Keramik (5500 – 4500 v. C.) mit Verzierungen. Die einzelnen Zeichen und Zeichenkombinationen wurden in den noch ungebrannten Ton eingeritzt oder eingestochen. Dafür nutzte man regelrechte Stifte aus Knochen oder Holz. Auf dem Grabfeld fand man bisher mindestens 65 linienbandkeramische Häuser. Weitere Hausgrundrisse werden erwartet. Das Fundmaterial ist mit den bisherigen 80.000 bis 90.000 Einzelscherben und Gefäßbruchstücken sehr reichhaltig.
Zahlreiche Fundstücke aus der Jungsteinzeit – von Steinbeilen bis Pfeilspitzen
Ergänzt wird es durch ein breites Spektrum an Stein – und Silexartefakten (Feuerstein, d. Red.). Dazu zählen überdurchschnittlich viele Steinbeile, Mahl -, Reib -, Schleif- und Klopfsteine, Klingen, Kratzer und Pfeilspitzen. Identifiziert werden konnten auch einige Bruchstücke von Tonfiguren. Die Funde datieren die Siedlung in den Zeitraum 5300 – 5100/5000 v. Chr. Der Archäologe Frank Schell, der die zahlreichen interessierten Besucher durch die Ausstellung in der Halle führte: „Die Brunnen dienten zur Wasserversorgung einer Siedlungsgemeinschaft. Noch heute ist das Milieu der Brunnenfundstellen manchmal besonders gut durchfeuchtet. Unter diesen Bedingungen erhalten sich organische Materialien ausgesprochen gut. Es verwundert also nicht, dass sich die Brunneneinfassungen, zumeist aus Holzbohlen, ausgehöhlten Baumstämmen oder auch aus Weidenflechtwerk teilweise erstklassig erhalten haben.“ Allmählich verstünde man, wie die Menschen vor 7.000 Jahren Bäume gefällt hätten, welche Werkzeuge zur Holzbearbeitung genutzt wurden und mit welchem technischem Know How und Konstruktionsweisen Holzbauwerke errichtet worden sind. Dazu zählen auch die Kastenbrunnen. Somit seien alleine die gut erhaltenen Brunnenkonstruktionen eine wahre Fundgrube für den Wissenszuwachs.
Auffällige Außenwerbung an der Halle
Die Halle von Großstolpen ist nicht ohne Weiteres zu finden, obwohl sie verkehrsgeografisch ideal an der Hauptstraße zwischen Groitzsch und Borna liegt. Deswegen wurde eine auffällige Außenwerbung an der Straßenseite angebracht, damit der Standort für den Publikumsverkehr sofort ersichtlich wird. Gezeigt werden auf einer Plane die übergroßen Umrisse der „Grabungswerkzeuge“, mit denen der Brunnen untersucht wird. Bei diesen handelt es sich eigentlich um zahnärztliche Instrumente, die hier als Blickfang dienen. Das soll den Ausstellungsorganisatoren zufolge neugierig machen. Schulklassen und Gruppen erhalten nach vorheriger Anmeldung Gelegenheit, die Ausgrabungen in der Halle zu besichtigen.
Informationen dazu erscheinen demnächst unter: http://www.archaeologie.sachsen.de.
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