Es wird richtig heiß in Sachsen, in Leipzig sowieso. Mit welchen Daten arbeitet aber das Leipziger Umweltdezernat, wenn es die wahrscheinlichen Klimaveränderungen in Leipzig bis ins Jahr 2100 benennt? - Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal verweist dabei auf einen Spezialisten: das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Das betreibt im Internet eine Website, auf der jeder für sich herausfinden kann, mit welchen Entwicklungen die Potsdamer Klimaforscher bis 2100 rechnen.
Über eine große Europakarte kann man sich in die konkreten Daten vor Ort hineinzoomen. Auch der Leipziger Raum ist erfasst. Dabei werden auch die wirklich gemessenen Daten seit den 1920er Jahren angezeigt, so dass der Besucher der Website auch sieht, wie die Klimaerwärmung seit den 1970er Jahren die jährliche Durchschnittstemperatur schon spürbar angehoben hat – im Leipziger Raum von einmal 9 Grad Celsius mittlerweile auf deutlich über 10 Grad. Bis 2010 sind in den Tabellen die wirklich gemessenen Werte ablesbar.
Für den Folgezeitraum liegen den dargestellten Kurven drei verschiedene Prognosemodelle zugrunde – auch eines, das ganz optimistisch nur von einer geringen Temperaturzunahme ausgeht. Danach würde sich die mittlere Jahrestemperatur bis zum Jahrhundertende nur um ein weiteres Grad auf 12 Grad Celsius erhöhen.
Aber selbst die Autoren des IPCC-Weltklimaberichts gehen davon aus, dass sogar eine Temperaturerhöhung um 2 Grad nicht zu schaffen ist. Dazu hätte die Weltgemeinschaft schon in den 1990er Jahren die Kurve kriegen und den CO2-Ausstoß drosseln müssen. Doch der ist weiter gestiegen, auch weil große Schwellenländer wie China und Indien ihren Park an Kohlekraftwerken weiter ausgebaut haben.
Die Forscher gehen davon aus, dass die Folgen einer weiteren Zunahme um 2 Grad Celsius von der Weltgemeinschaft noch verkraftet werden können. Alles was drüber geht, führt zu Extremereignissen, die die Menschheit wirklich vor existenzielle Probleme stellen. Insbesondere die gewaltigen Megacities werden darunter leiden. Und viele Infrastrukturen auch in der westlichen Welt werden dem nicht gewachsen sein.
Selbst diese mittlere Temperaturerhöhung würde für den Leipziger Raum einen Anstieg der mittleren Jahrestemperatur von derzeit etwas über 10 Grad Celsius auf fast 13,5 Grad bedeuten. Besonders stark würde dabei der Anstieg in den Wintermonaten ausfallen von derzeit 2,5 auf 5,5 Grad Celsius. Bei einer hohen Temperaturzunahme, die keineswegs außerhalb des Möglichen steht, würde das Jahrsmittel von 10 auf über 14 Grad Celsius steigen.
Und das sind nur die Modellierungen für die Leipziger Region.
Die ganz speziellen Leipziger Temperaturen kämen noch obendrauf. Denn Großstädte sind Wärmeinseln, die in der Regel 3 bis 4 Grad höhere Temperaturen aufweisen als ihre Umgebung. Das liegt nicht nur an ihrer eigenen Wärmeerzeugung, sondern auch an der größtenteils versiegelten und bebauten Fläche. Asphalt, Beton und Häuser werden regelrecht zu Wärmespeichern, während kühlende Inseln aus Gewässern, Parks und Wäldern eher rar sind.
Mit guten Gründen beschäftigt sich das Leipziger Umweltdezernat jetzt mit der künftigen Gestaltung der Stadt. Eigentlich muss man sagen: Sogar noch recht zaghaft, was auch an den Grenzen des Dezernats liegt, das mit seinem Wunsch, mehr Grün zu schaffen und Bäume zu pflanzen, immer wieder mit anderen Dezernaten kollidiert. Auch weil Grün in einer Stadt auch zusätzliches Geld kostet und gepflegt werden muss. Deswegen freut sich Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal, wenn es seinem Dezernat gelingt, überhaupt die heutigen Grünanlagen und Kaltluftschneisen in der Stadt zu erhalten und den Stadtwald zu mehren.
Aber wer die Seite der Potsdamer Klimaforscher besucht, sieht auch, dass die zunehmenden Temperaturen nicht nur Stress für die hitzegeplagten Stadtbewohner bedeuten. Die Landwirtschaft wird richtige Probleme bekommen, denn während die Bedingungen sich für Weinanbau in der Region Leipzig rapide verbessern, gehen die Erträge für Weizen genauso rapide zurück. Unsere Ernährungsgrundlage ist gefährdet. Doch die sächsische Landwirtschaft ist noch weit davon entfernt, überhaupt ihre Arbeitsmethoden auf die kommenden Klimabedingungen einzustellen. Die Erträge bei Kartoffeln sind nicht ganz so heftig betroffen, aber sie werden bei zunehmender Sommertrockenheit ebenfalls sinken.
Unter Stress geraten auch die einheimischen Wälder. Gerade bei den beliebten Laubbäumen Buche, Birke, Eiche wird sich die Blattentfaltung deutlich reduzieren. Die Bäume schützen sich damit vor zu großer Verdunstung. Dafür wird sich die Waldbrandgefahr deutlich erhöhen.
Als Ausgleich bekommen die Westsachsen mehr Sonnenschein und mehr Badetage. Deren Zahl hat sich in den letzten Jahrzehnten sowieso schon von durchschnittlich 20 auf 30 erhöht, könnte sich bis zum Jahrhundertende sogar auf 60 erhöhen. Im Schnitt betrachtet. Doch gleichzeitig wird die Zahl der schwülen Tage deutlich zunehmen. Das sind die warm-heißen Tage mit hoher Luftfeuchtigkeit, deren Zahl von im Durchschnitt 2 noch Anfang des letzten Jahrhunderts in der Gegenwart schon auf 8 pro Jahr gestiegen ist. Für die Zukunft prognostizieren die Potsdamer Klimaforscher bis zu 17 solcher schweißtreibenden Tage im Jahr.
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