Luft- und Lärmbelastung verursachen in städtischen Gebieten auch weiterhin ernste gesundheitliche Schäden. Seit 2010 untersucht das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) zusammen mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) die Wirksamkeit der Umweltzone in Leipzig. Nun fördert der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) die Infrastruktur zur Luftpartikelcharakterisierung am TROPOS mit insgesamt knapp 1,5 Millionen Euro.
430.000 vorzeitige Todesfälle durch Feinstaub in der EU
Damit wurden in den vergangenen Monaten eine Reihe neuer Messgeräte angeschafft, die dazu beitragen, die Entwicklung der Luftqualität besser zu untersuchen. Die Luftqualität ist aus Sicht der Europäischen Umweltagentur (EEA) immer noch eines der drängendsten Umweltprobleme in städtischen Gebieten. So führt die EEA in ihrem aktuellen Bericht etwa 430.000 vorzeitige Todesfälle in der EU auf Feinstaub zurück. Die jetzt geförderte Anschaffung von Messgeräten verbessert die Datenerhebung bei Luftschadstoffen wie Feinstaub oder Stickstoffdioxid, deren Messwerte anschließend in regionale und europaweite Netzwerke einfließen. Präzise Langzeitmessungen sind notwendig, um die Entwicklung der Luftqualität zu verstehen und Erfolg- oder Misserfolg von Luftreinhaltemaßnahmen überprüfen zu können. So untersucht das TROPOS zum Beispiel zusammen mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) seit 2010 die Wirksamkeit der Umweltzone in Leipzig, die eine von vielen Maßnahmen im Luftreinhalteplan ist. Damit will die Stadtverwaltung versuchen, die Luftqualität in ihrer Stadt zu verbessern, um europäische Standards einzuhalten.
Rückgang gefährlicher ultrafeiner Partikel und von Ruß in Leipzig
Neben den gesetzlich vorgegebenen Schadstoffen werden dabei erstmals auch Ruß und ultrafeine Partikel überwacht. Der dritte Teil des ausführlichen Berichts ist jetzt erschienen und dokumentiert die Ergebnisse bis 2013: Die Umweltzone bewirkte eine beschleunigte Modernisierung der Fahrzeugflotte in der Stadt. In verkehrsnaher Außenluft wurden ein deutlicher Rückgang von Ruß und ultrafeinen Partikeln und eine Stagnation von Stickoxiden nachgewiesen. Erfolgreich wurden die hochgiftigen Bestandteile im Feinstaub gemindert.
Europa noch weit vom Ziel sauberer Luft entfernt
Wasser und Luft sind in den letzten Jahren deutlich sauberer geworden. Europa ist jedoch immer noch weit vom Ziel entfernt, ein gutes Leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten bis 2050 zu ermöglichen. Diese Bilanz zog die Europäische Umweltagentur (EEA) Anfang März in ihrem jüngsten Fünfjahresbericht (SOER 2015). Luft- und Lärmbelastung verursachen in städtischen Gebieten auch weiterhin ernste gesundheitliche Schäden. Die geplanten Verbesserungen der Luftqualität werden voraussichtlich nicht ausreichen, um anhaltende Schäden zu vermeiden, während gleichzeitig von einer Verschärfung der Auswirkungen des Klimawandels ausgegangen wird. Maßnahmen für eine gesündere Luft werden daher voraussichtlich auch in den nächsten Jahren ein wichtiges Thema bleiben.
Verschiedenste Spezialgeräte angeschafft
So konnte die TROPOS-Forschungsstation Melpitz bei Leipzig weiter ausgebaut und damit deren zentrale Rolle in der repräsentativen Erfassung der Hintergrundbelastung mit Feinstaub in Mitteleuropa gestärkt werden. Ein neues Doppler-Lidar (Optische Fernmessung – Untersuchung atmosphärischer Prozesse mit Hilfe von Laserstrahlung, d. Red.) trägt dort jetzt dazu bei, die am Boden gemessenen Daten zur Luftqualität besser beurteilen zu können, da es Informationen zur vertikalen Struktur der Atmosphäre bis in zehn Kilometern Höhe bietet. Die Durchmischung der Atmosphäre ist ein wichtiger Faktor für die Konzentrationen von Luftschadstoffen, die teilweise weit über Landesgrenzen hinweg transportiert werden. So spielen in Sachsen verschmutze Luftmassen aus Osteuropa, die Partikel aus der Industrie oder von Waldbränden hunderte Kilometer weit tragen, immer noch eine große Rolle. Organische Verbindungen stellen einen der Hauptbestandteile des Feinstaubs dar. Diese organische Komponente der Partikel wird zu einem wesentlichen Teil aus gasförmigen Vorläufern gebildet. Um diese Prozesse zu verstehen und zu quantifizieren, ist eine exakte Messung der Vorläufersubstanzen und von Spurenverbindungen unerlässlich. Die EFRE-Mittel helfen dem TROPOS nun auch, diese Messungen zu optimieren.
Wolkendecke und deren Höhe auch nachts genau messen
Ähnliches gilt auch für die Messungen im Weltkalibrierzentrum für aerosol-physikalische Feinstaubmessungen (WCCAP). TROPOS betreibt das Zentrum im Auftrag der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in Leipzig. Die neuen Geräte dienen dazu, die Partikel über einen weiten Größenbereich detaillierter zu bestimmen sowie Ruß zu untersuchen. Diese Referenzgeräte heben die Ausstattung und Möglichkeiten des WCCAP auf einen international einmaligen Stand. Verbessert werden auch die Möglichkeiten im Bereich der Wolkenforschung. Der neue „All Sky Infrared Visible Analyzer“ (ASIVA) (Ganzhimmels-Infrarot-Analyse, d. Red.) misst im thermisch-infraroten Spektralbereich und ermöglicht so zum Beispiel, den Bedeckungsgrad von Wolken und deren Höhe auch nachts zuverlässig zu bestimmen. Diese Größen sind Schlüsselparameter für ein genaueres Verständnis der Effekte von Aerosolen auf Wolken und der daraus resultierenden Strahlungs- und Klimawirkung.
Leipzig weltweiter Referenzpunkt für Troposphärenforschung
Mit diesen Investitionen in Messtechnik wird der Wissenschafts- und Technologiestandort Sachsen klar gestärkt. Durch das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung ist Leipzig heute bereits ein weltweiter Referenzpunkt für Untersuchungen troposphärischer Partikel – sowohl in der grundlagenorientierten Forschung als auch für Anwendungen im Bereich Reinhaltung der Luft. Die EFRE-Mittel werden dazu beitragen, diese Position zu halten und im globalen Wettbewerb weiter auszubauen. Gleichzeitig tragen sie laut Institut dazu bei, effiziente Lösungen zur Verbesserung der Luftqualität zu finden, um so die Gesundheit der Menschen in Europa zu schützen.
Stichwort EFFRE
Der Europäische Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE, umgangssprachlich auch EU-Regionalfonds) ist ein wichtiger Strukturfonds der Europäischen Union, der für den wirtschaftlichen Aufholprozess der ärmeren Regionen sorgen soll. Um dies zu realisieren, werden unter anderem mittelständische Unternehmen unterstützt, damit dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen, Infrastrukturprojekte durchgeführt und technische Hilfsmaßnahmen angewandt werden. Quelle: Wikipedia
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