Für den einen oder anderen Zeitgenossen ist die forschende Wissenschaft ein Buch mit sieben Siegeln. Das liegt oft auch daran, dass gerade in der Grundlagenforschung die Ergebnisse in der praktischen Anwendung oft in ferner Zukunft liegen, wenn sie überhaupt zum Tragen kommen. Ganz anders ist das bei praxisorientierter Forschung. Hier gilt es eher, Projekte wirtschaftlich rentabel umzusetzen. So wie beim Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) neben der BioCity Leipzig, das im 10. Jahr seines Bestehens auf eine erfolgreiche Entwicklung zurückblicken kann.
Gegründet am 29. April 2005, am internationalen Tag der Immunologie, unter der Leitung von Prof. Dr. Frank Emmrich, hatte das IZI Ende 2005 16 Mitarbeiter und ein Budget von rund 500.000 Euro. Das Institut war damals zunächst in der Bio City nebenan eingemietet, da noch kein eigenes Gebäude vorhanden war. Ende 2014 war die Zahl der Mitarbeiter schon auf knapp 500 angewachsen und man wies ein Budget von 29 Millionen Euro auf. Grund genug also zum Feiern. Am 29. April waren also über 300 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zusammengekommen, um gemeinsam das zehnjährige Bestehen des ersten Leipziger Fraunhofer-Instituts zu feiern.
Rund 300 Projekte – modernste Labore für zell- und molekularbiologische Arbeiten
Seit der Gründung wurden knapp 300 Projekte bearbeitet und mehr als 600 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht. Im Juni 2008 konnte nach weniger als zwei Jahren Bauzeit das erste eigene Forschungsgebäude auf dem Gelände der Alten technischen Messe bezogen werden, mit modernsten Laboren für zell- und molekularbiologische Arbeiten. Im Dezember 2012 folgte der zweite Bauabschnitt, mit einer weiteren Reinraumanlage und Spezialeinrichtungen für bildgebende Technologien. Im Frühjahr 2015 wurde der dritte Bauabschnitt fertiggestellt und im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten eröffnet. Eine dritte Reinraumanlage, ein Speziallabor der Sicherheitsklasse 3 für infektionsbiologische Arbeiten sowie ein gläsernes Prototypenlabor komplettieren die Forschungsinfrastruktur am Standort Leipzig. Der gesamte Komplex umfasst nunmehr 8.700 Quadratmeter Nutzfläche. Die Gesamtkosten für alle drei Gebäudeabschnitte in Höhe von 57,4 Millionen Euro, davon 16,5 Millionen Euro für die Erstausstattung, wurden durch die EU (60 %), den Bund (20 %) und den Freistaat Sachsen (20 %) finanziert.
Stadt Leipzig stellte Grundstücke zur Forschung bereit
Institutsleiter Prof. Dr. Frank Emmrich brachte seine Dankbarkeit gegenüber allen Förderern und Unterstützern zum Ausdruck. “Ein besonderer Dank gilt auch der Stadt Leipzig, die uns jene Grundstücke, auf denen wir nun forschen und arbeiten, zur Verfügung gestellt hat. Mit ihrer Stiftung für Innovation und Technologietransfer hat sie uns insbesondere in der für jedes Institut schwierigen Aufbauphase zusätzlich unterstützt.” Das war Balsam für die Seele des damaligen OBM Wolfgang Tiefensee, heute Thüringer Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft. Als OBM hatte er sich voller Überzeugung für den Forschungsstandort Leipzig eingesetzt, erinnerte sich noch sehr gut an seine Worte zur Eröffnung 2008. Und mit seinen Worten: “…ich wünsche Zellteilung” sollte er Recht behalten: “Bei allem Optimismus hätte sich damals niemand träumen lassen, dass Leipzig einmal zu einem bedeutenden Forschungsstandort werden würde.”
35.000 Arbeitsplätze in der Forschung und Medizin
Mittlerweile sind in Leipzig 35.000 gut dotierte Arbeitsplätze im forschungswissenschaftlichen Sektor entstanden. Eine rasante Entwicklung. Von der Entwicklung des IZI konnten sich Tiefensee, Bürgermeister Uwe Albrecht und der Fraunhofer-Vorstand Prof. Dr. Alexander Kurz dann höchst persönlich überzeugen. Dabei wurden ihnen spannende Einblicke in die einzelnen Forschungsprojekte des IZI gewährt. Dazu gehören die Prüfung und Entwicklung zellbasierter Therapien zur Behandlung von Schlaganfälllen oder Krebs, die Prüfung und Entwicklung neuer Wirkstoffe beziehungsweise Medikamente gegen Alzheimer sowie die Entwicklung von Impfstoffen, die Prüfung und Entwicklung neuer Diagnoseverfahren mit Hilfe von Biomarkern sowie eine Differential-Diagnose von Schlaganfällen.
Grundlagenforschung wird in die Praxis umgesetzt
Außerdem beschäftigt sich ein Projekt mit der Automatisierung und Miniaturisierung von Laborprozessen wie zum Beispiel im Bereich der Entwicklung von Biochips im Nanobereich. Bürgermeister Uwe Albrecht, Beigeordneter für Wirtschaft und Arbeit: “Es ist wirklich beeindruckend zu sehen, wie hier hochkomplexe Grundlagenforschung in praktische klinische und technische Anwendung umgesetzt wird. Das Institut leistet einen wesentlichen Beitrag für die Profilierung der Stadt Leipzig. Mit seinem Wachstum und seinen internationalen Beziehungen trägt es dazu bei, den Wissenschaftsstandort Leipzig auch über die Grenzen Deutschlands und Europas hinaus zu vernetzen.”
Wirtschaftlicher Druck als Anreiz zum Forschen
Die wirtschaftliche Ausrichtung des Fraunhofer Instituts sieht Prof. Dr. Frank Emmerich als Anreiz und Herausforderung zugleich und betont, dass es dazu auch des passenden wissenschaftlichen Personals bedarf. “Es gibt Wissenschaftler, die interessieren sich nur für die reine Forschung und solche, die auch an einer wirtschaftlich-praktischen Umsetzung ihrer Forschung interessiert sind. Genau solche Wissenschaftler sind beim Fraunhofer Institut an der richtigen Adresse. Welche Wissenschaftler sich am IZI mit welcher Disziplin und mit welchem Projekt beschäftigen, wird die L-IZ demnächst in einer kleinen Serie loser Reihenfolge vorstellen. Darin erfährt man, wie ein amerikanischer Wissenschaftler 3D-Moleküle entwickelt, die Medikamente gezielt an den Ort des Schmerzes bringen, damit sie da wirken, wo es auch wirklich weh tut. Oder lesen Sie, wie in hochmodernen und keimfreien Reinräumen Medikament entwickelt werden, die Schlaganfall oder Krebserkrankungen besiegen sollen. Lesen Sie, wie Biochemie und Hightech ineinader greifen, um funktionsgestörtes Geweben durch im Labor gezüchtetes Gewebe ersetzt wird und erfahren Sie, was es mit dem Begriff “Tissue Engineering” wirklich auf sich hat.
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