200.000 Bundesbürger sollen mitmachen, wenn in Leipzig das größte Forschungsprojekt zu heutigen Volkskrankheiten startet. Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen - das sind die Krankheiten, unter denen eine zunehmend älter werdende Bevölkerung leidet. Am Freitag, 15. August, wurde das Studienzentrum in der Philipp-Rosenthal-Straße offiziell eröffnet.

Aus diesem Anlass reiste auch die Sächsische Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer an. Noch nie in den vergangenen zehn Jahren war das Aufkommen von Ministern und Ministerpräsidenten in Leipzig derart hoch. Manchmal tauchen sie auch als Wahlkämpfer am falschen Ort auf – wie jüngst die Kultusministerin Brunhild Kurth in einer Leipziger Schule. Aber Wahlkampf sind auch all die Förderscheckübergaben, Eröffnungen und Einweihungen, die in Leipzig lange nicht mit so viel Prominenz aus der sächsischen Politik begangen wurden.

Am Freitag nun wurde an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig das Studienzentrum der Nationalen Kohorte eröffnet. Kohorte ist dabei ein statistischer Begriff. Es geht um eine Zahl von zu Untersuchenden, die den Forschern erstmals wirklich ein umfassendes Bild zum Gesundheitszustand der Bundesbürger geben soll, was die genannten Volkskrankheiten betrifft.

“Gemeinsam forschen für eine gesündere Zukunft” – das ist der Leitgedanke der zurzeit größten deutschen Bevölkerungsstudie, die in den kommenden Jahren 200.000 Menschen untersuchen will, davon 10.000 Leipziger. Ziel ist es, mehr über Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen herauszufinden. Das Studienzentrum Leipzig ist eines von 18 Zentren bundesweit.

“Es ist von hoher nationaler Bedeutung, die Risikofaktoren dieser Volkskrankheiten zu identifizieren, Wege einer wirksamen Vorbeugung aufzuzeigen sowie Möglichkeiten der Früherkennung von Krankheiten zu ermitteln”, erklärte die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Prof. Sabine von Schorlemer, anlässlich der Eröffnung. “Und zwar nicht nur unmittelbar zum Wohle des einzelnen Menschen, sondern insgesamt für unsere Gesellschaft, insbesondere vor dem Hintergrund der Herausforderung des demografischen Wandels.”

Die groß angelegte Gesellschaftsstudie wird durch den Bund, die beteiligten Länder und die Helmholtz-Gemeinschaft mit 210 Millionen Euro finanziert. In den Räumen des LIFE-Forschungszentrums im Roten Haus sollen 10.000 Leipziger zwischen 20 und 69 Jahren medizinisch untersucht und nach ihren Lebensumständen befragt werden. Im Fokus der Wissenschaftler stehen Volkskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Bluthochdruck, Erkrankungen des Bewegungsapparates, Demenz und Depression. Um ein möglichst repräsentatives Abbild der in der Studienregion lebenden Bevölkerung zu gewinnen, werden die Menschen ausschließlich per Zufallsprinzip über das Melderegister ausgewählt und zur freiwilligen Teilnahme eingeladen.”In diesem Projekt liegt ein großes Potenzial für das zukünftige Gesundheitswesen”, erläuterte Prof. Markus Löffler, der das Projekt für die Universität Leipzig eingeworben hat und leiten wird. “Mehr als 50 Prozent der über 50-jährigen Deutschen leiden an Bluthochdruck. Dazu kommen andere Volkskrankheiten. Langfristig kommen dadurch enorme Kosten auf unser Gesundheitssystem zu. Nicht zu vergessen, dass die Lebensqualität der Betroffenen eingeschränkt ist und Angehörige nicht unerhebliche Belastungen mittragen.” Die Nationale Kohorte will die Entstehung von Krankheiten genauer beobachten und auslösende Faktoren definieren. Mit den Ergebnissen sollen Krankheiten früher erkannt und Schutzmaßnahmen verbessert werden.

Bei Studienteilnehmern werden eine Reihe von Tests zur Sehschärfe, Gedächtnisleistung, Lungenfunktion und zur Funktion des Bewegungsapparates durchgeführt. Staatsministerin von Schorlemer begleitete den ersten Leipziger Teilnehmer bei seinem Durchlauf und zeigte sich von Umfang und Tiefe des Untersuchungsspektrums beeindruckt. “Dadurch, dass die Daten bundesweit gesammelt werden und so auch regionale Vergleichbarkeiten geschaffen werden, eröffnet sich ein enormes Erkenntnispotential für die Wissenschaft und den Fortschritt. Es ist wichtig, dass Sachsen durch das Leipziger Studienzentrum in diesem einmaligen Verbund vertreten ist.”

Am Standort Leipzig bestehen bereits gute Erfahrungen und hervorragende Voraussetzungen durch das vom Freistaat geförderte LIFE-Forschungszentrum für Zivilisationserkrankungen. “Die Beteiligung an der Nationalen Kohorte ist ein weiterer Baustein für den Leipziger Forschungsschwerpunkt Zivilisationserkrankungen”, sagte Prof. Ingo Bechmann, Prodekan der Medizinischen Fakultät.

www.life.uni-leipzig.de

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