Man hat sich schon so daran gewöhnt, dass in Deutschland auch der gesamte Bildungsbereich betrachtet wird wie ein Fastfood-Anbieter, der die Personalkosten im Keller halten muss, dass es nicht einmal erschreckt, wenn immer neue Zahlen zur Einstellungspolitik junger Wissenschaftler bekannt werden. Sachsen ist ja noch ein bisschen mehr anders als der Rest der Republik. Und Nobelpreise wird es hier auf Jahrzehnte keine geben.

Denn wer Nobelpreise haben will, der muss die jungen Talente halten und an sich binden. Nicht nur in kurzen Forschungsprojekten auf Zeit, sondern langfristig. Gerade die entscheidende wissenschaftliche Grundlagenforschung braucht Zeit und Ressourcen. Und vor allem die Sicherheit des Forschungsplatzes. Aber mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs geht der Freistaat Sachsen um, als wären es alles nur Aushilfskräfte fürs Bulettenbraten.

Oder um einmal Prof. Gerhard Besier, den fürs Wissenschaftliche zuständigen Mann in der Landtagsfraktion der Linken, zu zitieren: “Promovierte Nachwuchswissenschaftler brauchen Stellen, auf denen sie den Grundstein für ihre weitere Laufbahn legen, also habilitieren oder die Voraussetzungen für den Ruf auf eine Juniorprofessur erwerben können.”

§ 72 Abs. 1 des “Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes” definiert Anforderungen und Aufgaben für Stellen als Akademische Assistenten: “Akademische Assistenten erbringen wissenschaftliche oder künstlerische Dienstleistungen in Forschung und Lehre, die auch dem Erwerb einer zusätzlichen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifikation nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a oder b dienen. […] Zu ihren Dienstleistungen gehört, Studenten Fachwissen und praktische Fertigkeiten zu vermitteln und sie in der Anwendung wissenschaftlicher oder künstlerischer Methoden zu unterweisen.”Diese Hochschulmitglieder werden als Beamte auf Zeit oder als Angestellte beschäftigt, ihre Stellen in der Regel in der Besoldungsgruppe W1 bzw. der Entgeltgruppe E13 TV-L vergütet. Allerdings sind diese Stellen an den sächsischen Hochschulen extrem selten, wie die Staatsregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage zum Thema (Drucksache 5/14063) mitteilt.

Das kommentiert der Fragesteller sowie wissenschafts- und hochschulpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Prof. Gerhard Besier so: “Akademische Assistenten, die indes sämtlich befristet beschäftigt werden, gehören an Sachsens Hochschulen zu einer extrem seltenen Spezies. Diese Stellen müssten eigentlich den Regelfall für promovierte Nachwuchswissenschaftler darstellen, so dass diese zu angemessenen Bedingungen die nächste Stufe wissenschaftlicher Berufsausübung in Angriff nehmen können. Dieser Anspruch scheitert in Sachsen allerdings gänzlich an der Realität. Betrachtet man den Freistaat insgesamt, so entfallen lediglich 0,5 % aller Arbeitsverträge in der Mitgliedergruppe des wissenschaftlichen Personals auf Akademische Assistenten.”

“Das ist ein alarmierender Befund”, sagt Besier. “Er zeigt erneut, dass es dem wissenschaftlichen Nachwuchspersonal hierzulande an Perspektiven mangelt: Der Regelfall ist die befristete, unterbezahlte und nicht planbare Beschäftigung. Das kann sich kein Wissenschaftssystem auf Dauer leisten. Es ist Aufgabe der Staatsregierung, die Hochschulen in eine Lage zu versetzen, in der sie an jedem Lehrstuhl wenigstens eine solche feste Assistentenstelle besetzen können. Das ist etwa an der Universität Heidelberg die Regel, wie meine Erfahrungen zeigen. Promovierte Nachwuchswissenschaftler könnten dann viel besser als bisher Lehre und Forschung verstärken und sich selbst weiter qualifizieren. Tenure-Track-Modelle, die wissenschaftliche Berufswege planbar machen, müssen endlich auch in Sachsen flächendeckend durchgesetzt werden.”

Die meisten Stellen für Akademische Assistenten gibt es tatsächlich an der Universität Leipzig – 35 von den 54 sachsenweit zu zählenden, aber auf das akademische Personal gerechnet sind es trotzdem nur 1,4 Prozent. An der HTWK und der HGB gibt es keine solche Stellen, eine gibt es an der Hochschule für Musik und Theater “Felix Mendelssohn Bartholdy”.

Die Kleine Anfrage mit den Antworten des Wissenschaftsministeriums als PDF zum Download.

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